Die Fußballerbilder im Heußweg
In den letzten Wochen konnte man Gemälde von Fußballhelden in einem Atelier im Heußweg und im Schaufenster der Buchhandlung Lüders sehen. Personenkult um die Sportler zur rechten Zeit.
Von GastPunkt, Punkt, Komma, Strich – so einfach ist die Sache nich‘. Wir alle haben in der Schule gelernt, uns mehr oder weniger künstlerisch auszudrücken. Für einige war der Kunstunterricht das pure Grauen, für andere ein Genuß. Aber nur wenige haben ihre Leidenschaft für das Zeichnen zum Beruf machen können. Wer in den letzten Wochen an der Buchhandlung Lüders im Heußweg vorbeigekommen ist, konnte dort im Schaufenster Gemälde mit den Portraits von Fußballspielern sehen. Die Bilder sind so gut gezeichnet, dass man jeden Ballkünstler auf Anhieb erkennen kann. Vorausgesetzt natürlich, man interessiert sich für Fußball.
Pro Bild braucht Tobias Emskötter einen Tag
Gemalt hat die Bilder Tobias Emskötter, der seit 1992 ein Atelier im Heußweg 80 betreibt, durch dessen große Frontscheiben man ihm bei der Arbeit zusehen kann. Gleich in der Nähe wohnt er auch, ist also durchaus ein Eimsbütteler Jung.
Herr Emskötter ist gelernter Grafiker und Illustrator. Plakate und plakative Malerei interessieren ihn besonders. Früher hat er vorwiegend Layouts für Zeitschriften und Broschüren gemacht, letztere unter anderem für die Behörde für Schule und Berufsbildung. Auch für das Thalia Theater hat er gearbeitet, besonders im Thalia Treffpunkt, wo er Workshops und Theatergruppen für jedermann anbot. Seit 14 Jahren kann er nun von seinem Schaffen im Atelier im Heußweg leben, zahlt auch Kranken- und Rentenversicherung, fährt in Urlaub.
Von Hans- Peter Briegel bis hin zu Manuel Neuer
Das Bild von Messi ist noch nicht fertig, aber schon nach München verkauft. Er hat das Bild zwei Tage vor dem WM-Endspiel Deutschland gegen Argentinien im ZDF-Morgenmagazin zu malen begonnen. Noch steht es auf der Staffelei, aber nicht lange: für ein Bild braucht Herr Emskötter nur einen Tag. Uwe Seeler, Manuel Neuer, Lukas Podolski und viele andere sind schon fertig. Fußballer malt Herr Emskötter erst seit Ende Mai 2014, als die Weltmeisterschaft in Brasilien mächtig nah vor der Tür stand. Fußball ist eigentlich nicht sein Genre.
Hagenbecks Walrossbaby auch schon verewigt
Herrn Emskötters Vater war Architekt und hat ihn in seiner Kindheit oft zum Besichtigen von Baudenkmälern mitgenommen. Gebäude haben es ihm aber nun doch nicht angetan. Eher Tiere: Paviane (Erwachsene und ein Baby) und zwei große Steinböcke, die miteinander kämpfen, Tapir, Esel, Kuh und Füchse. Drei Frösche und drei Schafe beglotzen die Passanten vom Schaufenster aus.
Das kürzlich bei Hagenbeck geschlüpfte Walrossbaby ist auch schon gemalt – vielleicht muss das Küken erst einen Namen bekommen, bevor sein Bild sich verkauft. An der Wand hängt die ewig besserwisserische Frau Elster aus dem Märchenwald als Spielzeugfigur aus der Produktion des VEB Plüti im thüringischen Sonneberg. Gleich daneben eine ausgestopfte Möwe, ein polnischer Angelunfall: das dumme Vieh war derart scharf auf den Schwimmköder für den leckeren Oderfisch, dass es irgendwann selbst am Haken hing.
Inspiration findet der Maler am Elbstrand
Viele Bilder von Containerschiffen pflügen durch das Eimsbütteler Meer. Herr Emskötter fährt gern an die Elbe, sitzt in der Strandperle und zeichnet vorbeifahrende Schiffe in seinen Skizzenblock. Eines, das er gemalt hat, fährt bestimmt nicht mehr vorbei, das ist der Trawler Gera, der letzte deutsche Seitenfänger, das jetzt als Museumsschiff in Bremerhaven liegt.
Wuselig sieht es aus in dem Atelier – überall Farbtuben, Pinsel, Becher mit Waschbenzin, zwei Staffeleien, fertige Bilder, ein alter Schreibtisch vom Sperrmüll, oben drauf ein Computer. Und in großartig spartanisch-maritimem Design eine Uhr aus einem russischen U-Boot – da ist kein Messing zu sehen, das Gehäuse ist aus edlem Emaille oder Teflon. Natürlich malt Herr Emskötter nicht nur nach seiner Façon, Auftragsbilder bringen auch Butter aufs Brot. Gegenwärtig arbeitet er an einer Landkarte Estlands für ein Kreuzfahrtmagazin. Das macht sicher mehr Spaß, als Fiffis trauernden Hinterbliebenen zu dessen seligem Gedenken selbigen Flohtransporter munter und in Farbe zu verewigen.
Das Bild einer Schinkenwurst mit dem Titel “Ammenmärchen“ ist das letzte “einer ganzen Reihe von Fleischbildern. Es ist schwierig, einen Text zu finden, der nicht zum Bild paßt. Für einen Illustrator muß es immer passen,“ meint Herr Emskötter, der Illustrator.
Artikel von unserem Gastautoren Matthias Münchow