Flüchtlingsfamilie: Griff nach dem Strohhalm
Eine Familie ist aus Angst vor einem Verwandten aus Mazedonien geflohen. Nun wurde ihr Asylantrag in Deutschland abgelehnt. Die Abschiebung droht.
Von Nele DeutschmannSeit zehn Jahren sind die Eltern ein Paar. Die Familien beider Seiten akzeptieren jedoch die Beziehung zwischen ihr, der Muslima und ihm, dem Roma, nicht. Der Halbbruder der jungen Frau sei wiederholt gewalttätig geworden, habe ihren Partner mit einem Baseballschläger zusammengeschlagen und sogar ihre Mutter getötet. Auch vor Gericht habe er ausgesagt, die Familie mit den vier kleinen Töchtern töten zu wollen. Nachdem der gewalttätige Verwandte 2012 aus der Haft entlassen wurde, entschloss sich das Paar zur Flucht.
Eine Odyssee beginnt: Sie verkaufen ihr Hab und Gut und bezahlen mit dem Erlös die Schlepper. Über Frankreich reisen sie nach Deutschland ein und verbringen zehn Monate in einem Containerdorf für Flüchtlinge. Als Übergangslösung akzeptabel, wird die Lebenssituation mit vier Kindern im Container über kurz oder lang unerträglich. Spätestens mit der Geburt eines kleinen Sohnes am 1. April braucht die Familie unbedingt eine Wohnung mit fließendem Wasser und hinreichend Versorgungsmöglichkeiten für einen Säugling.
Unterstützung für die Familie
Ehrenamtliche Helfer unterstützen die Familie. Ende März ist die Familie in eine eigene Wohnung gezogen, Arztbesuche wurden organisiert, für die beiden älteren Mädchen im Alter von acht und neun Jahren Schulen gefunden. Die Vierjährige geht jetzt in einen Kindergarten. „Endlich haben wir Freunde gefunden“, freuen sich die Mädchen. Auch ihr Deutsch wird immer besser.
Durch einen ersten Anwalt fühlt sich die Familie im Rückblick schlecht beraten. Das amtliche Dokument des mazedonischen Gerichts, in dem der Verwandte aussagt, die Familie töten zu wollen, habe der gar nicht eingesetzt. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Nun läuft den Flüchtlingen die Zeit davon: Sobald das Neugeborene acht Wochen alt ist, soll die Familie abgeschoben werden.
Letzte Hoffnung: Öffentlichkeit
All diese Schwierigkeiten können die Lebensfreude der fünf Kinder jedoch nicht trüben. Schon im Hausflur hört man ihr Lachen und schnell werden Besucher ins Herz geschlossen. Die Gruppe von ehrenamtlichen Helfern hat nun die Aktion Strohhalmkinder ins Leben gerufen. „Wir greifen nach dem letzten Strohhalm“ beschreibt Unterstützerin Liza-Melina Stamos die Idee. Man soll Fotos mit Strohhalmen einschicken. Fast 700 Likes auf Facebook hat die Aktion in der letzten Woche schon bekommen. Bei der Aktion gehe es nicht nur um die einzelne Familie, sondern um die Situation aller Flüchtlinge.
Für die Familie wurde eine neue Anwältin gefunden, die sich dieses Spezialfalles annimmt. Neben vielen helfenden Händen haben sich mittlerweile auch andere Unterstützer gefunden. Mit einem Angehörigen der SPD-Fraktion stehen die Helfer in Kontakt, und auch die Lokstedter Kirchengemeinde und der Verein Osterstraße helfen.
Haben Sie Fragen oder wollen helfen?
Zur Facebook-Aktion
Die ehrenamtlichen Helfer können Sie per Mail unter strohhalmkinder@gmx.de erreichen.
Zusätzlich werden noch Spenden für die erneuten Gerichts- und Anwaltskosten benötigt. Spenden können Sie auf das Spendenkonto der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lokstedt überweisen:
Kontonummer: 440 200 95
Bankleitzahl: 210 602 37 (EDG Kiel; Evangelische Darlehnsgenossenschaft)
Stichwort: „Strohhalmkinder“
IBAN: DE80 2106 0237 0044 0200 95
BIC-Code: GENODEF1EDG