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Emine Sevgi Özdamar. Foto: Stellan Pantleon.

Erzählen Sie mal, Frau Özdamar!

Die deutschtürkische Schriftstellerin, Schauspielerin und Regisseurin Emine Sevgi Özdamar ist für ein Semester Gastprofessorin für interkulturelle Poetik an der Uni Hamburg. In der Vorlesung „Sprach-Rollen-Wechsel“ gewährt das Multitalent den Studenten Einblicke in sein Schaffen.

Von Nele Deutschmann

Schwarze Kleidung, schwarze Haare, rote Lippen, ernste Miene – Emine Sevgi Özdamars Erscheinung beeindruckt. Nach jeder Frage überlegt die Schriftstellerin gründlich und antwortet mit Bedacht.

Im Rahmen der Vorlesung spricht sie sechs Sitzungen lang über ihr Leben und ihre Arbeit. Im Anschluss an jeden Vortrag beantwortet sie bereitwillig die Fragen der Studenten. Sie spricht über ihre Kindheit in der Türkei, ihre wachsende Liebe zum Theater, die Schwierigkeiten in einem politisch unruhigen Land, ihre Migration und ihr Leben in Deutschland.

Auch im Vortrag nimmt man Özdamars außergewöhnliche Sprache wahr. Wie in ihren Büchern spielt sie mit ihr. Sie übernimmt wortwörtliche Übersetzungen türkischer Redewendungen und Sprachmuster und bereichert so das Deutsch mit ihrer Muttersprache. Man ist überrascht: So ein Deutsch hat man noch nicht gehört. Es klingt ein wenig fremd und so schön. Die Grenzen zwischen Deutsch und Türkisch verschwimmen und so entsteht eine ganz eigene Sprache – die Sprache Emine Sevgi Özdamars. Den Wechsel von der Muttersprache in eine fremde und den Wechsel der Heimat und Kultur hat die  Schriftstellerin zum zentralen Thema ihres Schreibens gemacht.

Von der Türkei nach Deutschland

Özdamar wird 1946 in Malatya geboren. Früh bildet sich ihre unbedingte Liebe zum Theater aus. Bereits mit zwölf Jahren steht sie für eine Rolle aus Molières „Bürger als Edelmann“ auf der Bühne. 1965 kommt die Neunzehnjährige das erste Mal nach Deutschland und arbeitet zwei Jahre ohne Deutschkenntnisse in einer Elektrofirma. Zurück in Istanbul geht sie ihrer Leidenschaft nach und besucht die Schauspielschule. Sie spielt erste große Rollen, doch durch den rechten Militärputsch von 1971 verdüstert sich die Lage in der Türkei: „In der Türkei zur Zeit des Militärputschs ist meine türkische Sprache krank geworden.“ Erst in Deutschland konnte sie wieder genesen.

Özdamar durchläuft eine „doppelte Migration“ und geht so 1976 erneut nach Deutschland – nach Ostberlin. Dort beginnt sie ihre Arbeit an der Volksbühne mit dem Brechtschüler Benno Besson. Sie übernimmt Regieassistenzen, zeichnet und schreibt ihre ersten Texte. „In der Türkei war ich Ophelia“ – in Deutschland übernimmt sie oft kleine Rollen und putzt als türkische Putzfrau die Bühne. Mit Besson und seiner Brecht-Inszenierung des Stückes „Der kaukasische Kreidekreis“ geht sie 1987 nach Paris und Avignon und wird Doktorandin an der Pariser Universität in Saint-Denis – eher gezwungenermaßen. Sie brauchte ein Visum und hatte die Bewerbungsfrist für die grundständigen Studiengänge verpasst. Ein Freund sagte ihr später: „Hättest du dich noch einen Monat verspätet, wärest du heute schon Professorin.“

Vortrag der Vorlesungsreihe Sprach-Rollen-Wechsel.
Vortrag der Vorlesungsreihe Sprach-Rollen-Wechsel.

Während eines Engagements am Bochumer Schauspielhaus unter Claus Peymann entsteht 1982 ihr erstes Theaterstück „Karagöz in Alamania“, das unter ihrer Regie am Schauspielhaus in Frankfurt uraufgeführt wird. Eine literarische Bilderbuchkarriere beginnt. Mit einem Ausschnitt ihres ersten Romans „Das Leben ist eine Karawanserei: hat zwei Türen, aus einer kam ich rein, aus der anderen ging ich raus“ gewinnt Özdamar 1991 bereits vor der Veröffentlichung den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Nun hat sie sich einer neuen Herausforderung gestellt. Die Arbeit an einer Universität bereitete Özdamar vorab Probleme: „Ich hatte Schiss!“ Eine Anfrage vor Jahren hatte sie bereits abgelehnt und nur der Beharrlichkeit der Professorin Ortrud Gutjahr ist es zu verdanken, dass sie nun in Hamburg vor dem Plenum steht. Beim Theaterspielen könne sie sich hinter den Rollen verstecken und so kann man auch während der Vorlesung einstudierte Gesten entdecken. Sie streicht sich durchs Haar, guckt in die Runde, holt Luft: Emine Sevgi Özdamar wechselt in die Rolle der Dozentin.

Die „Mutter aller Filmtürken“

Eine Sitzung der Vorlesungsreihe fand zudem im Abaton-Kino statt. Özdamar spielte neben ihren Rollen im Theater auch in vielen Filmproduktionen mit, von denen Ausschnitte gezeigt wurden. Die bekanntesten sind wohl „Happy Birthday, Türke!“ von Doris Dörrie und „Yasemin“ von Hark Bohm. In fast all diesen Rollen wurde sie als türkische Mutter und Hausfrau besetzt. Sie sei die „Mutter aller Filmtürken“, witzelt die Wahlberlinerin. Die Diskrepanz zwischen den Rollen und der Person Özdamar könnte nicht größer sein.

Und so geht eine faszinierende Vorlesungsreihe nun zu Ende. Emine Sevgi Özdamar las und sang. Sie sprach deutsch, türkisch, französisch, englisch, spanisch und berlinerte. Sie zitierte Passagen aus der Weltliteratur und Gedichte in Berliner Mundart. Sie nahm die Zuhörer mit auf eine Reise durch die Türkei bis nach Deutschland – eine Reise durch ihre Jugend bis in die Gegenwart. Sie sprach unerwartet offen über Freude, Angst und auch Wut. Applaus, Frau Özdamar!

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