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Uwe Giffei wohnt gerne in Eimsbüttel.

„Flüchtlinge sind auch Nachbarn“

Uwe Giffei ist bereits zweimal in die SPD eingetreten. Kurzfristig fand er die Regenbogenpartei interessanter, entschied sich nach der Bundestagswahl 2009 aber dann doch wieder für die SPD, weil er nicht zusehen wollte, „wie die Partei den Bach runtergeht“. Giffei ist Rechtsberater für Flüchtlinge bei der kirchlichen Beratungsstelle Fluchtpunkt und kandidiert im Wahlkreis 5 Rotherbaum/Harvestehude/Eimsbüttel-Ost. Unseren Fragenkatalog beantwortet er uns im Hamburg-Haus am Doormansweg.

Von Lena Schnüpke

Eimsbütteler Nachrichten: Welche Themen wollen Sie in die Bürgerschaft einbringen?

Uwe Giffei: Ich bin wegen meinem beruflichen Hintergrund und wegen meiner Tätigkeit in der Bezirksversammlung aufgestellt worden, obwohl ich erst so kurz wieder in der Partei bin. Das Thema Flüchtlingsunterbringung ist ja momentan ein sehr wichtiges und beherrschendes Thema in der Stadt und da würde ich ganz gerne auch schwerpunktmäßig arbeiten. Ich würde mich gerne darum kümmern, dass die Flüchtlingsunterbringung verbessert wird, sodass wir es erst mal schaffen, diejenigen, die neu nach Hamburg kommen, ordentlich unterzubringen. Und dann müssen wir uns darum kümmern, dass wir es schaffen, die Leute, die ein Bleiberecht bekommen haben, was zur Zeit bei verschiedenen Flüchtlingsgruppen recht zügig geht, aus den Gemeinschaftsunterkünften herausziehen zu können. Außerdem müssen wir Verbesserungen erreichen im Bereich der therapeutischen Versorgung von traumatisierten Flüchtlingen. Im Moment ist das gesamte System, sowohl auf Behördenseite als auch in den Hilfsstrukturen, noch auf die Flüchtlingszahlen von 2009 ausgerichtet, das war ein Viertel der Flüchtlingszahlen von heute. Da müssen wir schauen, wie wir das bedarfsgerecht gestalten können. Das ist eine große Aufgabe und interessiert mich sehr, aber natürlich nicht nur das. Das Soziale war mir bei der SPD immer schon wichtig. Da geht es mit vor allem um Themen wie Wohnungslosigkeit, aber auch das Thema Übergang Schule – Beruf: wie schaffen wir es, dass wir möglichst alle Schüler zu einem Abschluss führen? Das Augenmerk muss da gerade auf den schwächeren Schülern liegen. Außerdem sollte jeder die Chance auf eine Berufsausbildung bekommen. Da ist Hamburg mit den Jugendberufsagenturen auf dem richtigen Weg und da würde ich sehr gerne mithelfen, das weiter auszubauen und zu verbessern. Das hat ja auch etwas mit Freiheit zu tun, dass man danach nicht mehr darauf angewiesen ist, mit schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt sein Leben zu gestalten.

Eimsbütteler Nachrichten: Wie kann man den weiteren Anstieg der Mietpreise in Eimsbüttel stoppen?

Uwe Giffei: Wir ziehen da alle Register, das hat in der letzten Legislaturperiode schon begonnen. Also, das Wichtigste ist natürlich Wohnungen zu bauen. Das hat der Senat, finde ich, sehr entschlossen gemacht. 6.000 Wohnungen pro Jahr war das Ziel, das haben wir übererfüllt. Das Problem ist nur, dass die Wohnraumknappheit so groß war, dass sich das erst mittelfristig auszahlt. Das wurde einfach versäumt. Dann haben wir in Eimsbüttel-Süd, also in einem Teilbereich unseres Wahlkreises, eine soziale Erhaltensforderung in der Bezirksversammlung durchgesetzt, das ist sicher ein Instrument, das man auch auf die anderen Teile des Wahlkreises ausweiten muss. Und dann gibt es ja noch die bundesgesetzliche Mietpreisbremse, die momentan in der Umsetzung ein bisschen hakelt. Die CDU bremst da ein bisschen, aber sie steht im Koalitionsvertrag und sie wird sicherlich auch kommen, sodass man sagen kann: die Instrumente, die wir haben, nutzen wir und ich denke, dass sich das auch auswirken wird in der Form, dass der Anstieg gedämpft wird. Realistisch gesehen, kann niemand Ihnen versprechen, dass das ein Ende haben wird. In Hamburg wollen nun mal viele Menschen leben und ich kann auch gut verstehen, dass sie hier in Eimsbüttel leben wollen, ich wohne ja auch nicht umsonst hier. Es ist ja auch wirklich schön hier, ich finde, es ist ein sehr angenehmer Stadtteil, der schön vielfältig ist, aber trotzdem noch voller normaler Leute und nicht so abgedreht wie manch anderer Stadtteil. Deswegen denke ich, dass wenn die Nachfrage weiterhin so hoch bleibt, es nicht verhindert werden kann, dass die Mietpreise weiter steigen. Nur frei laufen lassen darf man es nicht. Sonst wird es bald nicht mehr möglich sein, hier mit einem normalen Einkommen zu leben und das darf nicht passieren.

Eimsbütteler Nachrichten: Welche verkehrspolitischen Maßnahmen halten Sie für Eimsbüttel für sinnvoll?

Uwe Giffei: Die Bedingungen für den Fahrradverkehr müssen sukzessiv verbessert werden. Die Hamburger Struktur ist eben nicht auf Fahrradfahren ausgelegt, sie ist zu alt. Das machen wir ja auch an der Osterstraße, das ist ja eigentlich der Hauptgrund für den Umbau da. Das soll auch geschehen von der Grindelallee bis zum Dammtor. Es gibt ja das Velo-Routen Konzept, bei dem es nur noch an der Umsetzung hakt. Man muss aber ja auch immer die Konkurrenz der verschiedenen Verkehrsteilnehmer auf den begrenzten Flächen beachten. Umbauverlagerung von Radverkehr auf die Straße heißt in der Regel auch, dass Parkplätze wegfallen. Da muss man schauen, dass man diese Parkplätze durch Quartiersgaragen ersetzt. Die Bereitschaft der Leute, für solche Quartiersgaragen dann eine Parkgebühr zu bezahlen, muss dann natürlich auch steigen. Der öffentliche Parkraum wird nicht für alle reichen können und es kann auch nicht das Ziel sein, das so auszubauen, so viel Platz haben wir nicht. Die U-Bahn wird ausgebaut und ich bin auch ein großer Verfechter der sogenannten Busbeschleunigung, weil ich glaube, dass es gut ist, die Kapazitäten des Busses auszuweiten. Es ist auch wichtig, die Busse barrierefrei zu machen. Gegen diese überschaubare Maßnahme gibt es schon so viel Protest. Sie können sich vorstellen, was hier los wäre, wenn wir Stadtbahngleise verlegen würden. Die Stadtbahn würde eine lange Planungsphase benötigen, große Widerstände auslösen und nur kurzzeitig Entlastung schaffen. Gerade bei jungen Leuten werden auch Car-Sharing-Systeme immer interessanter und ich glaube, das ist eine ganz tolle Entwicklung, weil es eben dazu führt, dass die Parkplatznot abnimmt und ich glaube, dass das die Zukunft ist. Autoverkehr wird es natürlich trotzdem weiter geben und auch nicht massiv abnehmen, weil doch viele nach Hamburg hinein pendeln.

Eimsbütteler Nachrichten: Was können Sie dafür tun, dass Flüchtlinge in der Nachbarschaft besser akzeptiert werden?

Uwe Giffei: Ich glaube man würde ein schräges Bild zeichnen, wenn man sagen würde, dass der Stadtteil Harvestehude sich gegen die Flüchtlingsunterkunft ausgesprochen hat. Das waren drei Leute, die geklagt haben. Schon vor einem halben Jahr war der Verein [Flüchtlinghilfe Harvestehude, Anm. d. Redaktion] schon richtig gut vorbereitet, obwohl die Leute noch nicht mal da waren. Die Bereitschaft, zu unterstützen und zu helfen, ist in der Hamburger Bevölkerung riesengroß und das ist ein Geschenk für alle politisch Verantwortlichen. Ich glaube, sonst würden wir das auch gar nicht so gut hinkriegen, weil die Bedingungen in den Notunterkünften zum Teil nicht so toll sind. Da ist es unglaublich wichtig, diese ganzen ehrenamtlichen Helfer zu haben, die versuchen ein vernünftiges Ankommen in Deutschland und in Hamburg zu organisieren. Ganz viele Leute sagen, dass es ihnen ein ganz großes Anliegen ist und auch die Politik der SPD von links kritisieren. Natürlich muss man das Verständnis für die Flüchtlinge weiter fördern, aber dafür muss man ja eigentlich nur die Nachrichten schauen. Die Leute fliehen ja nicht aus Spaß hierher. Das muss man immer wieder von Neuem erklären und die Flüchtlingsdiskussion nicht mit einer allgemeinen Zuwanderungsdiskussion vermischen. Wir haben nicht die Wahl zu sagen, wie viele wir nehmen und wir können auch nicht sagen „Wir nehmen nur die nützlichen“. Wir haben die Pflicht und die Verantwortung, diejenigen, die in Gefahr geraten, zu schützen. Das Zustandsbild, dass keine Akzeptanz da ist, ist aber nicht richtig. Ich kann gut verstehen, dass man Fragen hat, wenn auf einmal 200 Flüchtlinge in der direkten Nachbarschaft wohnen. Diese Ängste und Vorbehalte gibt es aber meistens nur im Voraus. Wenn die Flüchtlinge erst mal da sind, gibt es in der Regel keine Probleme mehr. Flüchtlinge sind keine hilflosen Geschöpfe, sie sind in der Lage, ihr Leben zu managen und ihre Familie durchzubringen. Sie sind ganz normale Menschen wie du und ich und somit auch Nachbarn. Das Problem ist ja, dass die Unterbringungssituation – vorsichtig formuliert – so angespannt ist, dass für die Suche nach der optimalen Lösung keine Zeit ist. Es geht nur noch um geeignet oder ungeeignet. Wenn die Leute uns einen Vorschlag liefern, wo es besser geht, nehmen wir den auch. Die Leute sind zum Teil acht bis zehn Monate in der Erstaufnahme, obwohl im Gesetz steht, dass man dort nur drei Monate sein muss, was daran liegt, dass es nicht genügend Folgeunterbringungen gibt. Die faktische Not ist so groß, dass man keine theoretischen Diskussionen führen kann. Klar wären alle froh und glücklich, wenn es möglich wäre, die Flüchtlinge in kleineren Gruppen unterzubringen oder sogar in Wohnungen, aber das ist nicht der Fall. Es ist notwendig, immer wieder neue Einrichtungen zu schaffen, und die werden dort geschaffen, wo es möglich ist. Man kann natürlich versuchen, möglichst frühzeitig zu informieren, aber man darf sich da keinen Illusionen hingeben. Informieren heißt nicht, dass man da einen offenen Diskussions- oder Entscheidungsprozess anstößt. Es kann nicht sein, dass die Anwohner entscheiden, ob da eine Unterkunft hinkommt oder nicht. Es gibt in dem Sinne keine absolute Gerechtigkeit, obwohl man es natürlich über die Stadtteile verteilen sollte.

Eimsbütteler Nachrichten: Was halten Sie vom Guerilla-Gardening?

Uwe Giffei: Das ist ja hier in Eimsbüttel ein schwieriges Thema (lacht). Ich finde es erst mal prinzipiell super, wenn Leute irgendwie sich für den Stadtraum verantwortlich fühlen, das ist doch gut. Ich finde es ganz schön, wenn da mal was blüht. Deswegen bin ich dem Ganzen im Prinzip wohlgesonnen. Das Ganze beißt sich aber manchmal mit der Verantwortung des Eigentümers, was der Bezirk Eimsbüttel ist. Der kann ja auch seine Gründe haben, zum Beispiel die Sicherungspflicht. Andere Gründe, die etwas mit Eigentumsrecht zu tun haben, find ich jetzt nicht so überzeugend. Vielleicht sollte man mit beiden Seiten das Gespräch suchen, um eine Vereinbarung zu finden. Es gibt ja auch Partnerschaften für bestimmte Grünflächen. Wenn die Leute das natürlich nur zum Protest gegen staatliche Strukturen machen, habe ich da erstmal wenig Verständnis für und man muss sich dann auch nicht wundern, wenn das wieder verschwindet. Man kann auch Dinge verändern, wenn man sich politisch engagiert, das geht manchmal ganz schnell.

Eimsbütteler Nachrichten: Wie stellen Sie sich die Universität Hamburg im Jahr 2020 vor?

Uwe Giffei: Viel moderner… Gott sei Dank wurde die Verlegung der Universität aus Eimsbüttel heraus verhindert. Ich glaube, dass die Universität für Eimsbüttel wichtig ist, auch weil sie den Stadtteil jung hält. Das heißt natürlich auch, dass die Flächen, die die Universität braucht, bereitgestellt werden müssen. Es gibt ja den Masterplan zum Ausbau der Universität und der beginnt jetzt durch den Ausbau des Geomatikums und dann immer weiter Richtung Kern-Campus. Ich finde, das ist eine gute und richtige Entwicklung. Es wird baulich das Bild des Viertels ganz schön verändern, aber das ist das, was Eimsbüttel wollte und ich glaube zu Recht. Die Universität muss so umgebaut werden, dass sie entwicklungsfähig bleibt und auch in zehn oder zwanzig Jahren noch Raum für Entwicklung ist. Die Universität Hamburg hat ja öffentlich manchmal einen eher schlechten Ruf, ich finde zu Unrecht. Es gibt Bereiche, in denen die Universität ganz hervorragende Leistungen bringt, und ich sehe Massenuniversität auch nicht als Schimpfwort an. Ich bin prinzipiell der Meinung, dass die Autonomie der Hochschule weit sein muss, aber nicht schrankenlos. Ich glaube schon, dass es an der Entwicklung von Forschung und Lehre ein gesamtgesellschaftliches Interesse gibt. Deswegen kann es nicht sein, dass die Professorenschaft alleine entscheidet, wie sich die Entwicklung weiter fortsetzt. Ich finde es okay, dass es dabei weitgefasste politische Leitlinien gibt. Für Hamburg ist es sehr wichtig, wie sich die Universitäten entwickeln, das kann man nicht dem Wildwuchs überlassen. Die Wissenschaftsfreiheit darf aber natürlich nicht eingegrenzt werden. Darüber sollte es vielleicht einen intensiveren öffentlichen Austausch geben.

In unserer Interview-Serie zur Bürgerschaftswahl sprechen wir mit den Spitzenkandidaten der zur Wahl stehenden Parteien in den Eimsbütteler Wahlkreisen. Stelle selbst Fragen über abgeordnetenwatch oder fühle Deinem Kandidaten über Kandidatencheck weiter auf den Zahn. Unser FAQ zur Bürgerschaftswahl findest du hier.

Wie wählt Eimsbüttel? Nehmt an unserer Umfrage zur Bürgerschaftswahl teil und seht , welche Partei in Eimsbüttel die Nase vorne hat.

Triff deine neuen Nachbarn: Mehr Informationen über Flüchtlinge in Eimsbüttel in unserer audiovisuellen Pageflow-Reportage.

Flüchtlingsunterkünften in Eimsbüttel: Wir geben einen Überblick über die Standorte und zeigen euch, wo ihr wie helfen könnt.

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