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Trotz gelegentlicher Schauer fand das Willkommensfest draußen statt. Foto: Annika Demgen

Willkommensfest im Camp

Im Dezember 2014 sind die ersten Flüchtlinge in das Containerdorf an der Pinneberger Straße in Schnelsen eingezogen. Am vergangenen Donnerstag haben die Bewohner des Camps gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfern und ihren Nachbarn ein Willkommensfest gefeiert, das trotz Regen nicht ins Wasser fiel.

Von Annika Demgen

Schon von Weitem sind die orangenen Häuser der Unterkunft zu sehen. Direkt neben dem Bahnhof der AKN setzen sich die leuchtenden Container von der Umgebung ab. 160 Plätze stellt fördern und wohnen (f&w), ein Unternehmen der Stadt, an diesem Ort für Menschen aus Afghanistan, Iran, Irak, Albanien, Ghana und Mazedonien zur Verfügung. Die meisten Bewohner kommen jedoch aus Syrien, wo seit vier Jahren ein Bürgerkrieg tobt. Die Einrichtung in der Pinneberger Straße ist nicht die erste Station für die Flüchtlinge in Deutschland. Viele waren zuvor in anderen Städten und wurden dann nach Hamburg geschickt. Alle haben mindestens drei Monate in einer der großen Zentralen Erstaufnahmen (ZEA) der Stadt hinter sich. In der Folgeunterkunft angekommen, müssen sich die Menschen wieder neu einleben, wieder an neue Mitbewohner gewöhnen, die in der Regel bunt zusammengewürfelt sind. In Schnelsen hat sich f&w allerdings dazu entschlossen, hauptsächlich Familien unterzubringen.

„Ich gebe nicht, ich bekomme.“

„Die Bewohner nennen das hier Camp“, sagt Vera Kolbe, Pastorin der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde in der Kirche am Krankenhaus. Sie organisiert den Runden Tisch, der die Mitarbeit der ehrenamtlichen Helfer aus der Umgebung koordiniert. Neben den drei Mitarbeitern von f&w bieten Mitglieder von Kolbes Gemeinde und ansässige Vereine wie der Jugendclub Burgwedel oder der TUS Germania den Flüchtlingen Unterstützung an. So ist seit dem Einzug der ersten Menschen Mitte Dezember ein Chor entstanden. Demnächst soll es außerdem einen Konversationskreis geben, in dem Deutsch gesprochen wird. Einige Anwohner haben Patenschaften für Familien im Camp übernommen. Sie treffen sich regelmäßig mit ihren Schützlingen und begleiten sie bei Behördengängen. „Der Bedarf ist hoch“, sagt Kolbe,“wir brauchen viele Leute, die bereit sind, bei den schwierigen Anträgen zu helfen.“

Sozialpädagogin xx kümmert sich um die Bewohner. Foto: Annika Demgen
Sozialarbeiterin Lila Grunow von f&w kümmert sich um die Bewohner mit zwei Kollegen und vielen Ehrenamtlichen. Foto: Annika Demgen

Eine Patin ist gerade auf dem Fest und versucht sich mit ihrer Familie zu unterhalten. Einfach ist das nicht. Ihr „Patenkind“ ist eine Frau aus dem Iran mit drei Söhnen. Sie spricht ausschließlich Farsi, ihre Patin nur Deutsch. Dennoch verstehen die beiden sich. „Ich bin immer wieder überwältigt davon, wie es uns mit Händen und Füßen gelingt, uns auszutauschen“, sagt die Schnelsenerin, die uns ihren Namen nicht nennen möchte. Sie empfindet die Patenschaft als erfüllend und freut sich jedes Mal, wenn ihre Familie versucht, ihr eine Freude zu machen. „Ich gebe hier nicht, ich bekomme“, sagt sie.  Schlechte Erfahrungen hat sie nur mit dem Asylverfahren gemacht. Sie begleitete eine Frau zur Behörde, die schließlich nicht im Camp bleiben durfte. „Sie musste weg, weil sie zuvor in einem anderen Land der EU Asyl beantragt hatte. Dabei hatte sie einen Säugling dabei. Das hat mich sehr schockiert.“

Abschiebung trotz Integration

Auch eine Familie aus Mazedonien musste ihre Wohnung in der Pinneberger Straße bereits räumen. „Mazedonien gilt offiziell als sicheres Land. Die Menschen gelten dort als nicht gefährdet“, erzählt uns Lila Grunow, eine Sozialarbeiterin von f&w. Es sei „furchtbar“, wenn jemand abgeschoben wird. „Die sind ja hier integriert, nicht nur im Camp, sondern auch in der Nachbarschaft. Die Kinder sind in den Schulen, sind in den Kindergärten, die Eltern machen die Deutschkurse.“ Abschiebungen empfindet sie daher als „sehr schade. Man sagt ja immer, Deutschland braucht so viele Kinder. Jetzt sind welche da und die werden abgeschoben.“

Grunow wehrt sich jedoch gegen allzu negative Berichterstattung. „Ich will Schnelsen ausdrücklich loben. Ohne die Ehrenamtlichen aus der Umgebung wären wir heute hier gar nichts geworden.“ Selbst Berufstätige investierten viel Zeit, um den Bewohnern zu helfen. Neben der Gemeinde von Vera Kolbe bietet auch die benachbarte Bait-ur-Rasheed Moschee immer wieder ihre Hilfe an. Frank Alster, Pressesprecher vom TUS Germania, in dem Kinder aus dem Camp gemeinsam mit Schnelsener Kindern Sport machen, weiß ebenfalls nicht von negativen Erfahrungen zu berichten: „Wenn die Kinder als Ausländer beschimpft werden, fragen sie sich immer, wer damit gemeint ist und wer nicht. Sie unterscheiden da nicht.“ Die Kinder würden schnell Deutsch lernen und notfalls sich einfach von den deutschen Kindern abschauen, was tu tun ist. Schwierig sei die Kommunikation eher mit den Eltern, was auch Lila Grunow bestätigt. Einmal die Woche kommen zwei Ehrenamtliche ins Camp und dolmetschen Arabisch und Farsi. Kompliziertere Anliegen können also nur zu festen Zeiten geklärt werden.

Hände und Füße

Auf dem Fest sind die Anliegen freilich einfacher Natur und lassen sich ohne viel Kommunikation klären. Da werden Kaffee und Kuchen mit Fingerzeig bestellt und die Reihenfolge beim Dosenwerfen durch Gesten deutlich gemacht. Konfliktpotential birgt lediglich die Musikauswahl. „Immer spielen sie nur arabische Musik und wenn mal zwei afrikanische Lieder laufen, dann wird gleich wieder gewechselt“, ärgert sich eine Camp-Bewohnerin, die gerade noch fröhlich tanzte. Ansonsten gefalle ihr Deutschland jedoch. Viel besser als Italien. „In Italien mag man keine Schwarzen.“ Spannungen zwischen den Nationen gebe es im Camp zwar nicht, allerdings sei sie froh, dass alle Frauen aus Ghana in einem Haus leben, getrennt von den arabischen Familien. „Wir haben unser Essen und unsere Gewohnheiten. Das passt einfach besser zusammen.“ Weder das Wetter in Deutschland noch das Asylverfahren ringen ihr Kritik ab. „Ach, weißt du, das ist einfach ein Prozess.“

Triff deine neuen Nachbarn: Mehr Informationen über Flüchtlinge in Eimsbüttel in unserer audiovisuellen Pageflow-Reportage.

Flüchtlingsunterkünften in Eimsbüttel: Wir geben einen Überblick über die Standorte und zeigen euch, wo ihr wie helfen könnt.

Recherche: Vivien Valentiner und Annika Demgen

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