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Die Initiative sammelte auch bei der Informationsveranstaltung zur Flüchtlingsunterkunft Hörgensweg unterschriften. Foto: Annika Demgen
Daniela Bohnet (links im Bild) ist Sprecherin der Initiative und stellt sich unseren Fragen.
Bürgerinitiative Eidelstedt

„Wir sind die, die sich für Flüchtlinge einsetzen.“

In Eidelstedt sollen am Duvenacker Wohnungen für Flüchtlinge entstehen. Eine Siedlung für 600 Menschen ist geplant. Anwohner stören sich an dem Bauprojekt und haben gemeinsam mit anderen Initiativen ein Bürgerbegehren gegen Großunterkünfte gestartet. Gegen Flüchtlinge sei der Protest jedoch nicht gerichtet. Daniela Bohnet, Sprecherin der Interessengemeinschaft Duvenacker, spricht mit uns über die Motive ihrer Gruppe.

Von Robin Jaede

Seit Anfang des Jahres sind Bürgerinitiativen gegen Großunterkünfte für Flüchtlinge in Hamburg präsent. Unter dem Dachverband „Hamburg Für Gute Integration“ haben sich Initiativen aus verschiedenen Stadtteilen vernetzt, um ihrem Anliegen in der Politik Gehör zu verschaffen. Auch die Gruppe, in der Daniela Bohnet aktiv ist, gehört dazu. Gemeinsam mit anderen Initiativen sammelt sie Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Dieses hat die für eine Sperrwirkung nötige Zahl an Unterschriften bereits erreicht, wurde aber vom Bezirksamt für unzulässig erklärt. Sie wohnt am Duvenacker und ist davon überzeugt, dass die Stadt sich große Probleme schafft, wenn die Wohnungsbaupläne für Flüchtlinge umgesetzt werden.

Frau Bohnet, was stört Sie an den Plänen der Stadt, Wohnungen für Flüchtlinge in Eidelstedt zu bauen?

Die Mehrheit der Flüchtlinge, die in Wohnungen in Eimsbüttel untergebracht werden, kommen nach Eidelstedt. Wir sind damit überfordert. Eidelstedt ist der sozial schwächste Stadtteil im Bezirk, soll aber so eine große Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen. Die Stadt argumentiert zwar, dass nur in Eidelstedt die notwendigen Flächen zur Verfügung stehen, aber das liegt nur daran, dass man sich auf Großunterkünfte festgelegt hat. Das ist unser nächster Kritikpunkt: Mit Großunterkünften gibt es keine erfolgreiche Integration. Im Zuge der Volksinitiative haben wir die Hoffnung, dass der Senat und die einzelnen Bezirksämter uns bei den Gesprächen entgegenkommen. Wenn man sich auf kleinere Unterkünfte fokussiert, kann man sie auch besser in ganz Eimsbüttel unterbringen.

Sie stören sich also in erster Linie an der Größe und nur sekundär an der Bebauung an sich? Sie kritisieren doch aber auch, dass die Lärmschutzverordnung für gesundes Wohnen nicht eingehalten wird.

Genau. Das Grundstück am Duvenacker grenzt direkt an das Autobahnkreuz A7/A23, das ist schon heute einer der am meist befahrenen Autobahnabschnitte in Deutschland und wird zurzeit noch ausgebaut. Wir stören uns an der Bebauung, weil eine Anwohnerin, deren Grundstück direkt an den Duvenacker grenzt, in der Vergangenheit versucht hat, ein Grundstück vom Duvenacker von der Stadt zu erwerben, um auf ihrem eigenen Grundstück anzubauen. Das wurde vom Bezirksamt abgelehnt, mit dem Hinweis auf die zu hohe Lärmbelästigung. Da fragen wir uns natürlich: „Ach so, jetzt ist das also kein Problem mehr?“

Sie befürchten auch, dass der Senat den Landschaftsschutz für das Gebiet aufheben wird. In der Bezirksversammlung hieß es, dass das betreffende Landschaftsschutzgebiet nicht sonderlich schützenswert sei. Wie sehen Sie das als Anwohnerin?

Es ist ein Landschaftsschutzgebiet und grenzt an die Feldmark, die ein Erholungsgebiet ist. Uns ärgert, dass das eigentlich kein Bauland ist und in der Vergangenheit nicht bebaut werden durfte. Das Bezirksamt stützt sich nun auf den geänderten Paragraphen im Baugesetzbuch, den Paragraphen §246. Durch den darf auf diesem Grundstück ohne vorheriges Bebauungsplanverfahren gebaut werden. Wir kritisieren das, weil wir glauben, dass dort Lärm- und Schadstoffbelastung zu hoch sind. Ein reguläres Verfahren würde nicht positiv ausfallen.

Warum stört Sie die Größe der Unterkunft?

Am Duvenacker sollen ungefähr 115 Wohnungen für etwa 600 Menschen gebaut werden. Diese werden für 15 Jahre von der Stadt gepachtet und danach werden es Sozialwohnungen. Eidelstedt-Ost, wozu auch der Duvenacker gehört, hat 2.400 Einwohner, das heißt auf jeden vierten Einwohner würde ein Asylsuchender kommen. Hinzu kommt, dass im Hörgensweg, eigentlich das größte Problem in Eidelstedt, noch zusätzlich Wohnungen für über 1.400 Menschen. (Zur Zeit des Interviews ging es am Hörgensweg noch um 600 Wohnungen für 3000 Flüchtlinge. Die Stadt plant nun mit 350 Wohnungen für 140 Flüchtlinge. Das Gesamtprojekt soll aber nach wie vor rund 800 Wohnungen umfassen, Anm. d. Red.)

Aber es gibt Einrichtungen, die Aufgaben der Integration übernehmen und vermitteln können zwischen Anwohnern und Flüchtlingen.

Die gibt es bestimmt. Es hat sich meines Erachtens auch schon ein Kreis gebildet aus einzelnen Leuten, die sich überlegen, wie sie helfen können. Aber 1.400 Menschen, die Wohnungen sind ja auch noch überfüllt mit vier Menschen pro Wohnung. (im ursprünglichen Plan war eine Belegung von fünf Personen pro Wohnung vorgesehen, Anm d. Red.) Wie sollen die sich durchmischen? Wie sollen wir das in den Schulen auffangen? Wie sollen wir den Menschen die Sprache beibringen? Wie soll ein gesundes Klima in der Nachbarschaft entstehen? Von vorneherein entsteht ein Block gegen den anderen. Das finde ich ganz furchtbar. Und man muss ja auch beachten, dass diese Leute erst mal keine Arbeit haben. Sie müssen die Sprache lernen, um überhaupt Arbeit zu finden, um unsere Kultur kennenzulernen, wir müssen deren Kulturen kennenlernen. Wie soll das funktionieren, wenn die in dieser Großunterkunft untergebracht sind? Flüchtlingen Wohnungen bereitzustellen ist keine Integration. Am Duvenacker ist direkt gegenüber eine Grundschule. Dort haben wir bereits gefordert, dass mehrere Klassen eröffnet und mehr Lehrer eingestellt werden, die sich den Kindern annehmen. Man muss ja befürchten, dass einige traumatisiert sind, von dem was sie erlebt haben. Sie müssen die Sprache beigebracht bekommen. Dabei dürfen die deutschen Kinder nicht hinten anstehen. Es muss ja so funktionieren, dass keine Gruppen benachteiligt wird und sich die Kinder mischen.

Das klingt danach, dass Sie damit rechnen, dass trotz Ihrer Proteste der Plan durchgezogen wird.

Da der Senat trotz erfolgreicher Volksinitiative bisher nicht ausreichend auf unsere Forderungen nach kleineren Unterkünften reagiert hat, haben wir ein Bürgerbegehren gestartet. Damit wollen wir einen Baustopp erreichen. Dieses wurde jedoch unter äußerst fragwürdigen Bedingungen – nämlich einem nachgeschobenen Senatsbeschluss – von den Bezirken für rechtswidrig erklärt. Wir haben zwar Widerspruch eingelegt und es ist bisher noch ungewiss, ob wir mit dem Bürgerbegehren Erfolg haben werden oder nicht, aber es zeigt sehr deutlich, dass der Senat und die Bezirke bisher an ihren bisherigen Bauplänen festhalten.

Eidelstedt ist ja gerade RISE-Fördergebiet geworden und hat damit eine Menge neue Möglichkeiten, soziale Projekte zu finanzieren. Die Entscheidung dafür ist speziell mit der Integration von Flüchtlingen begründet worden. Glauben Sie, dass das Erfolg haben könnte?

Ich glaube, dass es hilft, aber ich glaube nicht, dass es die Probleme löst. Das RISE-Programm würde mit oder ohne Flüchtlingen dem Stadtteil Eidelstedt gut tun, aber es fängt nicht die Probleme auf, die wir dadurch bekommen, dass wir 2000 Flüchtlinge in Eidelstedt aufnehmen. Ich verstehe das Argument des Senats, dass es aufwendiger ist, mehrere kleine Unterkünfte zu bauen. Dafür müssten erstmal mehr Kosten einkalkuliert werden, was der Senat auch immer als erstes Argument anführt. Aber langfristig würde es weniger kosten. Wenn wir erstmal diese Großburgen haben, wie in Mümmelmannsberg oder Osdorfer Born, wo sozial schwache Menschen leben, verursacht das noch mehr Kosten. Und ich glaube, wenn man das von vornherein richtig angeht, kann man das in Zukunft vermeiden. Also lieber gleich mehr in die Hand nehmen, um hinterher weniger Ausgaben zu haben.

Eine Unterkunft für 600 Menschen wird ja nicht gleich das komplette Stadtteilbild ändern. Sehen Sie das anders?

Ja, auf jeden Fall, weil ich sie im Zusammenhang mit der Unterkunft am Hörgensweg sehe. Das muss man ja im Ganzen sehen. Wir können gerne darüber sprechen, dass in Eidelstedt Unterkünfte entstehen für je 300 Menschen. So wie wir es in der Volksinitiative gefordert haben. Mit Unterkünften für weniger als 300 Menschen sehe ich gar kein Problem. Aber ich denke, dass wir mit der Masse überfordert sein werden.

Sie nennen außerdem den Wertverlust von anliegenden Grundstücken als Argument. Warum denken Sie, dass es zu einer Wertminderung kommt? Und woher haben Sie die Zahlen?

Das sind in erster Linie Ängste gewesen von einigen Anwohnern, als sie gehört haben, dass dieses Projekt kommt. Um den Duvenacker gibt es hauptsächich Einzelhausbebauung. Es ist ein ruhigeres Viertel. Als man hörte, dass der Acker mit Mehrfamilienhäusern vollgekleistert werden soll, entstanden die Bedenken, zusammen mit dem Bauprojekt am Hörgensweg, dass Eidelstedt ein noch sozial schwächerer Stadtteil wird und Menschen, die sich aussuchen können, wo sie in Hamburg leben, dann nicht mehr nach Eidelstedt kommen. Auch weil die Wohnungen in Zukunft Sozialwohnungen werden. Deswegen haben die Anwohner befürchtet, dass die Grundstückspreise sinken. Das kann natürlich überall passieren und man muss den Leuten diese Ängste nehmen. Ich denke, es wird nur vereinzelt zu so einem Fall kommen. Aber mit so einem Argument, darf man sich nicht gegen die Unterkünfte aussprechen.

Auf diesem Gelände am Duvenacker in Eidelstedt sollen Flüchtlingswohnungen entstehen. Foto: Robin Jaede
Auf diesem Gelände am Duvenacker in Eidelstedt sollen Flüchtlingswohnungen entstehen. Foto: Robin Jaede

Die Bezirksversammlung spekuliert, dass es in der Zukunft zu einer Wertsteigerung der Grundstücke kommen könnte, weil nun mehr Geschosse erlaubt seien.

Es ist mit Nichten so, dass die Leute jetzt auch Mehrfamilienhäuser auf ihren Grundstücken bauen dürfen. Sie dürfen höchstens ein Stockwerk aufstocken. Relevant wird dieses Argument nur, wenn jemand auch verkaufen will und jemand findet, der das bestehende Gebäude abreißt und etwas Größeres baut. Durch die enge Bebauung ist aber auch fragwürdig, inwiefern das Wohnen am Duvenacker attraktiver sein soll.

Wie verhindern Sie, dass ihre Organisation von rechtsaußen unterwandert oder instrumentalisiert wird?

Wir kennen in unserer Bürgerinitiative tatsächlich jeden Einzelnen persönlich. Und wir wissen ganz genau, was die vertreten wollen. Vom Dachverband kann ich sagen, dass die einzelnen Initiativen ganz genau geprüft werden, ob sie aufgenommen werden oder nicht. Man muss dort vorstellig werden, Formulare ausfüllen, erklären, welche Ziele und Anliegen man hat. Es ist ganz wichtig, dass wir die Unterwanderung ausschließen können. In dem Zuge möchte ich betonen, dass wir nicht dagegen sind, dass die Asylsuchenden hier in Hamburg aufgenommen werden, sondern, dass es allein um das Wie geht. Ich konnte zu Anfang immer gar nicht verstehen, warum man uns manchmal in die rechte Ecke schieben möchte. Letztendlich setzten wir uns ja für die Flüchtlinge ein. Klar, für uns selber auch, aber auch für das Miteinander mit den Flüchtlingen. Was Herr Scholz mit diesen Großunterkünften geplant hat, ist meines Erachtens überhaupt kein Ansatz für Integration oder ein gesundes Zusammenleben von Hamburgern und Asylsuchenden. Das forcieren doch wir. Wir versuchen doch eine gesunde Integration hinzubekommen, indem wir von vornherein gesund und durchdacht rangehen, weil wir offen sind für die Menschen. Wir wollen sie nicht irgendwo beiseite drängen in irgendwelche Großunterkünfte, wo wir nichts mit denen zu tun haben und wo wir als Parallelgesellschaft nebeneinander her leben, sondern wir wollen mit diesen Menschen zusammenleben und wir wollen sie in unserem Land aufnehmen, uns austauschen. Und das kann nur gelingen, wenn wir in kleineren Gruppen zusammenleben, wenn nicht eine Großunterkunft irgendwo abgeschottet auf einer grünen Wiese steht.

Was können Sie denn proaktiv für die Flüchtlinge tun, wenn die Unterkünfte stehen?

Diesen Schritt haben wir noch nicht geplant. Wie wir als Initiative uns dann dafür einsetzen können, dass die Integration erfolgreich ist. Aber wir fordern, dass wenn gebaut wird, gleich mehrere Spielplätze und Bolzplätze entstehen. Einfach mehr Grünanlagen, wo die Menschen sich auch aufhalten können. Wo man sich treffen kann. Sodass die Flüchtlinge nicht nur auf ihrem Grundstück unter sich sind. Damit wir uns vernetzen und begegnen können.

Sie würden also nicht wegziehen, sondern sich an die neue Situation anpassen und versuchen sich zu engagieren, damit die Integration dann auch klappt?

Ja, unbedingt. Sonst wären wir ja selber schuld, dass die Integration nicht erfolgreich ist. Ich kann da für meine gesamte Initiative sprechen. Wir versuchen, das Bestmögliche herauszuholen. Und dann gucken wir, wie die Gegebenheiten sind und werden dann darauf reagieren. Wir wollen aber auf gar keinen Fall zwei Lager bilden: Das sind die Alten, das sind die Neuen und Zugezogenen und mit denen wollen wir nichts zu tun haben. Im Gegenteil.

Haben Sie da Ideen, wie man Brücken bauen könnte?

Wir wissen ja nicht, was passiert, aber wir witzeln immer, dass wir irgendwann ein großes Grillfest machen mit Kartoffelsalat und Falafelbällchen, uns austauschen, vielleicht ein Willkommensfest machen. Also erst mal natürlich symbolisieren: „Herzlich willkommen, schön, dass ihr da seid.“ Auf gute Nachbarschaft anstoßen. Einige von uns haben ja auch kleine Kinder. Ich zum Beispiel habe einen kleinen Sohn. Dann findet ein Sich-näher-kommen ja immer einfacher statt. Man kommt besser ins Gespräch. Aber konkrete Pläne haben wir noch nicht.

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