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Caroline Smolny von Fördern und Wohnen leitet die Unterkunft. Foto: Alexander Povel
Caroline Smolny von Fördern und Wohnen leitet die Unterkunft. Foto: Alexander Povel
Flüchtlingsunterbringung

Ein halbes Jahr zuhause in der Sophienterrasse

Im Januar haben die ersten Geflüchteten das ehemalige Kreiswehrersatzamt in Harvestehude bezogen. Im Vorfeld gab es viel Aufregung um den Standort, Nachbarn erwirkten einen Baustopp. Gleichzeitig wollten mehr als 200 Ehrenamtliche helfen. Wie läuft es ein halbes Jahr nach der Eröffnung? Ein Besuch in der Flüchtlingsunterkunft an der Sophienterrasse.

Von Lea Z. Freist

Omar* ist 29 Jahre alt und Gefäßchirurg. Der Syrer ist vor zehn Monaten mit seiner schwangeren Frau nach Deutschland geflohen. „Jetzt sind wir zu dritt“, erzählt Omar stolz. Sein Sohn war das erste Baby der Flüchtlingsunterkunft Sophienterrasse in Harvestehude. Adam wurde nur wenige Tage später geboren, nachdem Omar mit seiner Frau von der Erstaufaufnahme an der Schnackenburgallee in die Unterbringung an der Sophienterrasse umgezogen war.

Deswegen wird die Familie von Omar immer etwas Besonderes sein. Auch für die Unterkunftsleiterin Caroline Smolny. Adam ist jetzt sieben Monate alt. Und Omars Hospitation an der Asklepios Klinik Harburg ist fast um, schon in der Erstaufnahme hatte er sich um eine Stelle bemüht. Endlich haben sie eine Aufenthaltsgenehmigung.

Hoch gebildete syrische Familie

So läuft es nicht bei allen Flüchtlingen. Das weiß auch Smolny: „Das ist eine sehr schnelle Entwicklung, Omar ist eine hoch gebildete Familie.“ Omars 26-jährige Frau ist Pathologin.

In der Flüchtlingsunterbringung gebe es auch eine Reihe von Analphabeten, die bräuchten vor allem die Struktur, die vom Betreiber Fördern und Wohnen und den Ehrenamtlichen angeboten werde, erzählt Smolny.

Seit Januar leben Flüchtlinge an der Sophienterrasse. Im September sind es 181 Bewohner aus Afghanistan, Eritrea, Irak, dem Libanon und Syrien, 106 Erwachsene und 75 Kinder, viele Familien.

Alltag an der Sophienterrasse

Die Bewohner haben einen vollgepackten Alltag: Sie belegen Deutschkurse, die Kinder sind in der Schule oder in der Kita, nachmittags ab 16 Uhr gibt es eine vielfältige Palette an Aktivitäten, die vor allem von den 200 Freiwilligen vom Verein Flüchtlingshilfe Harvestehude angeboten wird. Am Montagnachmittag toben Kinder über den Spielplatz, die Häkelgruppe trifft sich im Schatten, draußen: Denn gerade muss das Souterrain renoviert werden. Es gab einen Wasserschaden. Ende Oktober soll die Teestube wieder eröffnen. Im „Schulkinderclub“, einem Raum mit Landkarten an der Wand und Computern, sitzen neun Kinder mit vier Helferinnen an einem Tisch, sie machen Hausaufgaben und basteln.

Auf dem neuen Spielplatz auf dem Vorplatz der Unterkunft spielen Kinder. Foto: Alexander Povel
Auf dem neuen Spielplatz auf dem Vorplatz der Unterkunft spielen Kinder. Foto: Alexander Povel

„Es läuft gut“, sagt Smolny. Und das schien nicht von Anfang an klar: Die Auseinandersetzung um den Standort zwischen Anwohnern und der Stadt ging bis vor das Oberverwaltungsgericht, alles verzögerte sich. Schließlich einigte man sich auf eine kleinere Bewohnerzahl, eine befristete neunjährige Nutzungsdauer und eine „Absperrung“ in Form eines Zauns.

Neugierige und geduldige Nachbarn in Harvestehude

„Aber wir setzen auch auf die Aufmerksamkeit der Anwohner, die uns darauf hinweisen, wenn etwas nicht gut funktioniert. Damit wir daran arbeiten können“, sagt Smolny. Die Nachbarn aus dem wohlhabenden Stadtteil seien neugierig und geduldig, würden Sachen vorbeibringen, die sie nicht mehr benötigten, fügt sie hinzu.

Davon berichtet auch Omar. Besonders seine Frau halte gerne ein Pläuschchen. Er freut sich, dass „ein Dialog entsteht“. Omar spricht schon sehr gut Deutsch, aber nicht so gut wie sein Bruder, der erst sechs Monate in Deutschland ist, gibt er selbstkritisch zu. Der Augenarzt lebt in Stralsund. Omar hat viele Freunde im Krankenhaus gefunden, dort spricht er Englisch und Deutsch mit seinen Kollegen.

Kein Luxus in dem verwinkelten Verwaltungsgebäude

Dass die Unterkunft als ehemaliges Verwaltungsgebäude aus den 1950er Jahren stammt, ist auch nach der Umgestaltung noch zu sehen: „Ein umgebautes Bürogebäude ist immer problematisch. Es ist sehr verwinkelt, es gibt technische Probleme“, berichtet Smolny.

Omar wohnt im ersten Geschoss im Zimmer 9.1. Seine Frau und er haben zwei Betten und ein kleines Beistellbett für Adam. Küche und Wohnzimmer teilen sie sich mit einer anderen Familie. Das Zusammenleben auf engem Raum sei nicht immer einfach, die Tochter sei ausgezogen, nun wohnen dort zwei Männer. Vor allem für seine Frau sei das manchmal schwierig. Die andere Familie sei laut und abends noch lange wach. Omar muss um sechs Uhr aufstehen und nach Harburg zur Arbeit in die Gefäßchirurgie fahren.

In den wenigen Monaten seien elf Familien und vier Alleinstehende in eine eigene Wohnung gezogen, berichtet die Leiterin Smolny. Es gebe eine hohe Fluktuation in der Unterbringung. Das hat etwas mit dem Vergleich zwischen den Nachbarn und der Stadt zu tun: Denn demnach können nur Flüchtlinge, die ein Aufenthaltsrecht haben oder eine Perspektive darauf, hier leben.

Wenn neue Flüchtlinge einziehen, entsteht neues Konfliktpotenzial

Wenn neue Flüchtlinge einziehen, entsteht neues Konfliktpotenzial. Besonders bei Menschen, die fliehen mussten, von denen viele psychisch belastet sind und deshalb einen hohen Rückzugsbedarf haben. Regelmäßig veranstaltet Fördern und Wohnen „Trennmüllpartys“ mit der Stadtreinigung, um den Flüchtlingen das Prinzip der Mülltrennung zu erklären, oder es werden Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Polizei organisiert.

Die rund 50 Paten haben im Gebäude ein eigenes Büro, wo sie mit ihren Schützlingen zusammenkommen. Auch Omar trifft sich mit einer pensionierten Ärztin, er hat vor allem bürokratische Fragen, die er mit ihr bespricht: „Ich spreche Deutsch, ich spreche Englisch, aber was das Jobcenter in seinem Brief wollte, habe ich nicht verstanden“, sagt er.

Endlich eine eigene Wohnung

Der 29-Jährige kommt aus Deir ez-Zor, einer Stadt im Osten von Syrien, nahe dem Irak. Die Stadt sei völlig zerbombt. Er flüchtete mit seiner Familie nach Damaskus. Dort arbeitete er als Arzt. Doch Assads Armee forderte ihn auf zu kämpfen. Er weigerte sich und entschloss sich schließlich mit seiner schwangeren Frau die Flucht anzutreten: Erst mit dem Auto nach Libanon, dann mit einem Flugzeug in die Türkei. In einem kleinen überfüllten Boot setzten sie von der Türkei nach Griechenland über, von dort war es ein langer Fußmarsch nach Österreich: zu Fuß von Griechenland nach Mazedonien, Serbien, Kroatien. Omar stützte seine schwangere Frau, zwischendurch trug er sie auf seinen Schultern. In Österreich stiegen sie in einen Zug nach Deutschland.

In Hamburg geht Omar gerne an der Alster spazieren und er war beim Tennis Am Rothenbaum, seine Frau sei ein großer Fan.

Omar hat eine 3-Zimmer-Wohnung gefunden, in Tonndorf. Ganz alleine ohne Hilfe, betont er. Er habe im Internet recherchiert, eine E-Mail geschrieben und wurde genommen. Er freut sich auf seine eigenen vier Wände, etwas mehr Ruhe. Der Vertrag ist schon unterschrieben. Omar ist in Hamburg angekommen. Sein Vater lebt noch in Syrien. Den will er holen, wenn er einen festen Job hat.

*Der Name wurde von der Redaktion geändert.

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