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Aus dem Bezirksamtsgebäude hat man eine gut Sicht auf die Lenzsiedlung. Foto: Aus dem Bezirksamtsgebäude hat man eine gut Sicht auf die Lenzsiedlung. Foto: Ada von der Decken
Aus dem Bezirksamtsgebäude hat man eine gute Sicht auf die Lenzsiedlung. Foto: Ada von der Decken
Sozialbindung endet 2017

Lenzsiedlung in Eimsbüttel: Fast 1.000 Sozialwohnungen fallen weg

Im nächsten Jahr endet die Sozialbindung der Wohnungen in der Lenzsiedlung. Das heißt: Fast 1.000 Sozialwohnungen fallen im Herzen von Eimsbüttel weg. Um gleichwertigen Ersatz kümmert sich die Stadt nicht. Es droht eine Steigung des Mietenspiegels.

Von Matthias Berger

Am 1. Januar endet die Sozialbindung für die Wohnungen der Lenzsiedlung in Eimsbüttel. Das heißt: Mieter müssen nicht länger einen Berechtigungsschein vorlegen, und die SAGA GWG als Eigentümer kann die Mietpreise erhöhen. Betroffen sind fast 1.000 Mieter, die entweder auf Sozialhilfe angewiesen sind oder deren Einkommen so niedrig ist, dass sie sich auf dem freien Markt keine Wohnung in Eimsbüttel leisten können. Entsprechend groß ist die Angst der Bewohner, ihr Viertel verlassen zu müssen.

Innerhalb kürzester Zeit protestieren 400 Betroffene per Unterschrift gegen den Auslauf der Sozialbindung, den die SAGA bereits 2014 angekündigt hat. Bei der Übergabe der Unterschriftenliste habe Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) erklärt, da müsse man etwas machen. „Was er meinte, haben wir nie erfahren“, zeigt sich Bewohnerin Manuela Pagels enttäuscht. Im Oktober 2016 gründen Pagels und rund 50 Mitstreiter eine Mietinitiative, um mit vereinten Kräften für den Erhalt der Sozialwohnungen zu kämpfen. Doch schnell wird klar: Den Bewohner läuft die Zeit davon.

Preisbindung für 860 Wohnungen läuft aus

Denn während die Stadt nichts unternimmt, wird die SAGA aktiv: In einem Schreiben informiert die Wohnungsgesellschaft die Bewohner der Lenzsiedlung über eine Mieterhöhung zum 1. Januar 2017. Grundsätzlich gilt: Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, unterliegen einer Belegungs- und Preisbindung. Diese fällt weg, wenn die öffentlichen Gelder zurückgezahlt sind. Dies ist am 1. Januar der Fall.

Auf Nachfrage der Eimsbütteler Nachrichten bestätigt die SAGA, dass die Mieten in der Lenzsiedlung seit dem Bau in den 1970er Jahren einer Preisbindung unterlagen. Und: bei 860 der insgesamt 969 SAGA-Wohnungen in der Lenzsiedlung läuft diese zum 31. Dezember 2016 aus. „Die Mieten richten sich dann grundsätzlich nach dem Hamburger Mietenspiegel“, betont SAGA-Pressesprecher Michael Ahrens. Das heißt, die Mieten werden „etwas angepasst“.

Nach Angaben von Ahrens werden die Wohnungen in der Lenzsiedlung mit einer angepassten Nettokaltmiete „in weiten Bereichen“ unter dem Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies gelte sowohl für die Bestandsmieten als auch für Neuvermietungen. Ahrens: „Das bedeutet, dass in der Lenzsiedlung auch künftig ein preiswertes Wohnen in innerstädtischer Lage möglich sein wird.“

Rohrbrüche sind Alltag in der Lenzsiedlung – nun soll saniert werden

Dass die erste Erhöhung des Mietpreises um 7,5 Prozent moderat ausfällt, räumt auch Pagels ein. Doch aus ihrer Sicht mehren sich Hinweise, dass dies nur der Anfang ist.

Durch die Mobilmachung kommt es zum verstärkten Austausch der Bewohner über die Probleme, die das Leben in der Lenzsiedlung mit sich bringt. Immer wieder genannt wird dabei der Zustand der Bäder. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht an einem der Aufgänge ein Zettel mit dem Hinweis steht: ‚Wasser wegen Rohrbruch abgestellt'“, berichtet Pagels. Im Laufe der Jahre sei an den Häusern nur das Nötigste ausgebessert worden. „Diese Flickschusterei könnte Methode haben“, vermutet Pagels. Denn sobald die Sozialbindung wegfällt, könnten die Kosten einer groß angelegten Sanierung auf die Mieter umgelegt werden.

Die SAGA verweist dagegen darauf, dass im Zuge des Stadtentwicklungsprogramms für die Lenzsiedlung ein Wärmedämmverbundsystem installiert, Fenster erneuert und das Wohnumfeld neu gestaltet worden seien. Die Ausstattung der Bäder entspreche den Baujahren und sei in der Mietpreisgestaltung berücksichtigt.

Allerdings räumt die SAGA ein, dass in der Lenzsiedlung „eine Reihe von Rohrbrüche zu verzeichnen“ waren. Die Anzahl der Rohrbrüche pro Wohneinheit sei jedoch „nicht auffälliger als in vergleichbaren anderen Wohnungsbeständen von SAGA GWG“, betont der Unternehmenssprecher. „Davon losgelöst“ sei eine Sanierung der Rohrleitungen der Wohnungen in der Lenzsiedlung in Planung. Auf die Frage, wer die Kosten für die Sanierung tragen wird, antwortet die SAGA nicht.

Lenzsiedlung

Die Lenzsiedlung besteht aus 1.300 qm Gebäude- und 4.000 qm Außenfläche. Foto: Leo Papenberg
"Wir alle - eine Welt" von Nushin Morid wurde in Zusammenarbeit mit Bewohnern 2004 erstellt. Es symbolisiert die unterschiedliche Herkunft der Bewohner, die Vielfalt und Lebendigkeit der Lenzsiedlung. Foto: Karoline Gebhardt
In den Jahren 2000 bis 2007 wurde die Lenzsiedlung in Förderprogramme der Stadt Hamburg aufgenommen, um das schlechte Image der Siedlung zu verbessern. Foto: Karoline Gebhardt
Die Lenzsiedlung wurde wurde in den 1970er und 1980er Jahren erbaut. Der größte Teil ist im Besitz der SAGA GWG. Foto: Karoline Gebhardt

Teil eines größeren Problems

Auch wenn die Lenzsiedlung im Kern von Eimsbüttel eine Sonderstellung einnimmt, ist der Fall durchaus exemplarisch. Die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. In diesem Zusammenhang kritisiert der Hamburger Mieterverein Mieter helfen Mietern die Berechnung des Mietenspiegels, an dem sich Vermieter bei der Erhöhung der Miete orientieren können. Denn das 1976 bundesweit in Kraft getretene Gesetz schreibt vor, dass in die Berechnung nur die Wohnungen einfließen, die neu vermietet wurden oder bei denen sich die Miete in den vergangenen vier Jahren verändert – sprich: erhöht – hat. Das heißt: Fast die Hälfte aller Wohnungen in Hamburg fließen nicht in die Berechnung ein. Der Mietenspiegel wird dadurch zum Preistreiber.

Zwar betont das Bezirksamt stets, dass der soziale Wohnungsbau vorangetrieben werde und will Mieter in Eimsbüttel schützen. Die Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache. Seit Jahren sinkt die Zahl der Sozialwohnungen in Eimsbüttel. Am 1. Januar 2016 gab es in dem Bezirk 6.456 Sozialwohnungen. 2011 waren es nach Angaben des Statistikamtes Nord noch 7.308. Der Anteil der Sozialwohnungen in Eimsbüttel ist damit von 5,4 auf 4,6 Prozent gesunken.

Drittelmix kommt kaum zur Anwendung

Zwar soll das Prinzip des Drittelmixes – je ein Drittel Eigentums-, Miet- und Sozialwohnungen – das Wohnen in Neubauten für jeden Geldbeutel erschwinglich machen. Aber in der Praxis werde das Prinzip in Eimsbüttel gar nicht angewendet, hat Pagels festgestellt. „Der Drittelmix kommt nur bei Neubauten mit mindestens 20 Wohneinheiten zur Anwendung. In Eimsbüttel werden jedoch vor allem Baulücken mit kleineren Immobilien bebaut.“

Hinzu komme, dass für jede neue Sozialwohnung an anderer Stelle eine andere wegfalle. Als Beispiel nennt Pagels die Überbauung der Kleingartenanlage Mühlenkoppel. „Dort entstehen insgesamt 200 Wohneinheiten, davon 100 Sozialwohnungen. Dafür wird aber ein Haus mit 80 günstigen Single-Wohnungen abgerissen. In Wirklichkeit entstehen also nur 20 neue Sozialwohnungen. Bei 200 Wohneinheiten insgesamt sind das nur 10 Prozent“, rechnet Pagels vor.

Die Lenzsiedlung als Preistreiber?

Dass sich die Situation durch den Wegfall der Preisbindung in der Lenzsiedlung weiter verschärft, bestreitet das Bezirksamt allerdings. „Die Sozialwohnungen in der Lenzsiedlung fallen zunächst nicht weg, da sie nach wie vor von Menschen bewohnt werden, die Anspruch auf eine Sozialwohnung und die einen gültigen Mietvertrag haben. Dieser Mietvertrag gilt weiterhin“, argumentiert das Bezirksamt.

Erst bei Beendigung eines bestehenden Mietvertrags könnte sich ein gewisser Effekt einstellen, da die Neuvermietung nicht an für eine Sozialwohnung berechtigte Haushaltsgruppen erfolgen muss. Allerdings rechnet das Bezirksamt nach eigenen Angaben nicht damit, dass viele Wohnungen in der Lenzsiedlung neu vermietet werden. Bisher sei die Fluktuation dort gering. Und es sei davon auszugehen, dass das auch so bleibt.

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