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Ria Schröder tritt als Direktkandidatin der FDP für den Bundestag an. Foto: Clara Eichner
Interview-Reihe

Bundestagswahl 2017: Kandidatin Ria Schröder aus Eimsbüttel

In unserer Serie zur Bundestagswahl 2017 sprechen wir mit den Direktkandidaten des Wahlkreises Eimsbüttel. Dieses Mal mit Ria Schröder von der FDP.

Von Clara Eichner

Das Café ist schon gut besucht, doch Ria Schröder lässt sich davon nicht beirren. Die Direktkandidatin der FDP spricht mit ruhiger, fast schon sanfter Stimme über den Bundestagswahlkampf und ihre politischen Ziele.

Warum kandidieren Sie für den Bundestag Frau Schröder?

Menschen unter 30 haben eine ganz andere Perspektive auf die Welt und sind offener und progressiver. In der aktuellen Politik findet man das wenig. Der Bundestag ist im Durchschnitt knapp 50 Jahre alt. Das ist für mich Anlass zu kandidieren und anderen jungen Leuten zu zeigen, dass man sich als junger Mensch engagieren kann.

Sie sind erst 25 Jahre alt. Ist das manchmal ein Hindernis?

Innerparteilich ist es manchmal schwierig. Manche FDPler haben den Anspruch, dass man schon länger dabei sein und sich verdient gemacht haben muss. Andere werfen einem manchmal vor, man hätte keine Erfahrung. Erfahrung ist an das Alter gekoppelt, Lebenserfahrung hingegen nicht.

Sie studieren noch. Wohnen Sie denn dauerhaft in Eimsbüttel?

Mal schauen. Ich bin total gerne unterwegs, zum Beispiel als stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen. Aber den Ort, an den man wieder ankommt und zuhause ist, kann man nicht ersetzen. Ich wohne seit sieben Jahren in Hamburg.

Aktuell studieren Sie im Zweitstudium Romanistik und Kunstgeschichte. Davor haben Sie Jura studiert und 2016 das erste Staatsexamen abgeschlossen. Haben Sie vor, das zweite Examen zu machen?

Das ist der Plan – Bundestag oder zweites Staatsexamen. Realistisch lässt sich das nicht zusammenbringen. Aber ich frage mich auch, ob ich mein Leben lang als Anwältin arbeiten will. Ich glaube nicht. Da wird sich sicher auch viel verändern. Ich bin fest überzeugt, dass durch die Digitalisierung in den nächsten zehn Jahren ganz viele, auch juristische, Berufe wegfallen.

Wie wollen Sie Eimsbüttel im Bundestag vertreten?

Wenn wir jetzt mal den unwahrscheinlichen Fall annehmen, ich käme tatsächlich in den Bundestag, nähme ich das Mandat ernst. Mir macht es Spaß, mich für den Bezirk einzusetzen. Hier leben coole Menschen und die haben eine gute Politik verdient.

Was bedeutet Wahlkampf für Sie?

Den wirklich direkten Kontakt zu Leuten, mit denen ich normalerweise gar nicht ins Gespräch komme. Man lebt ja immer in so einer “Bubble”. Ich studiere an der Uni, arbeite in einer Kanzlei und bin bei der FDP – das ist nicht repräsentativ. Im Wahlkampf erfährt man, was dem Einzelnen wichtig ist. Man erlebt viel mehr, als wenn man sich immer nur mit der Partei trifft und sich theoretisch Gedanken darüber macht, was das beste für die Leute ist.

In Ihrem Wahlkampf setzen Sie stark auf soziale Medien. Leidet der Austausch mit den Bürgern darunter?

Social Media kann auch ein sehr direkter Kontakt sein. Auf meiner Facebook-Seite kann man mich direkt anschreiben. Und ich mache auch “FDP at home”: ich komme bei dir vorbei, du lädst deine Freunde ein und dann sprechen wir über Politik.

Welche politischen Anliegen sind für Eimsbüttel relevant?

Ich halte es für wichtig, die Schulen aufzurüsten: Mit digitalen Bücher und Lernprogrammen. Ich war letztes Jahr mal wieder in meiner alten Schule und da sieht vieles genauso aus wie früher. Gleichzeitig haben sich die meisten Menschen in dieser Zeit wahnsinnig verändert. Weil einfach jeder ein Smartphone hat. Diese Entwicklung kann man nicht zurückdrehen.

Digitalisierung ist ein ganz großes Thema. Der Ausbau von Glasfaserverbindungen für eine gute Internetverbindung und das Mobilfunknetz. In Hamburg geht das noch relativ gut, aber sobald man aufs Land fährt, merkt man, dass da Nachholbedarf ist. Und welche Schule in Eimsbüttel hat eigentlich WLAN? Im Bildungsbereich ist das einfach noch nicht so ein Thema. Obwohl sich die Leute in einer neuen Wohnung als erstes einen Router kaufen und das WLAN einrichten. Was soll man sonst abends machen, es läuft ja gar kein Netflix. Ich glaube, dass ist in der Realität von ganz viel Leuten angekommen, aber beim Staat, den Behörden und Schulen gar nicht.

Ansonsten ist das Thema Wohnungsmarkt immer ein Thema. Gerade für Familien, die eine größere Wohnung brauchen. Mit Instrumenten wie der Mietpreisbremse kommt man da nicht weiter. Seit sie eingeführt wurde, sind die Mieten nur noch stärker gestiegen. Die Drittelregelung finde ich gut, aber sie muss jeweils in den gleichen Ortsteilen angewendet werden. Es hilft nichts, Sozialwohnungen und Eigentumswohnungen in unterschiedlich guter Lage zu bauen. Das man staatlich baut, ist okay. Aber es sollte auch für Investoren attraktiv und günstig sein, zu bauen. Wir haben extrem viele Regulierungen und nicht alle sind sinnvoll. Zum Beispiel ist “Kunst am Bau” häufig teuer und verhindert, Wohnungen zu schaffen – und das sage ich als Kunsthistorikerin.

Wie weit sollte die Digitalisierung der Schule denn gehen?

Ich glaube gar nicht, dass das alles nur digital sein muss. Es geht um die Möglichkeiten. Digitale Lernprogramme können auf jeden einzelnen Schüler eingehen und jeden einzelnen Fehler analysieren. Ein Lehrer mit 20 bis 25 Schülern in der Klasse schafft das nicht. Ich will auch keine Lehrer ersetzen, sondern ihnen mehr Zeit geben, wofür man sie wirklich braucht: die individuelle Betreuung.

Mein Wunsch wäre, dass es für alle Bundesländer einen einheitlichen Rahmen gibt, der festlegt, was die Kinder am Ende können müssen. Um dann den Schulen selbst die Möglichkeit zu geben, zusammen mit den Schülern, Eltern und Lehrer zu entscheiden, wie sie da hinkommen wollen.

Sie fordern auch den Ausbau der digitalen Verwaltung. Soll diese die Bezirksämter ersetzen?

Ich glaube, das greift total gut ineinander. Bezirksämter haben ja gar keine Zeit mehr, auf Anliegen einzugehen. Wenn viele das digitale Angebot nutzen, hätten  die Mitarbeiter der Behörde viel mehr Zeit, sich um die Leute zu kümmern, die tatsächlich Hilfe brauchen. Digitalisierung bietet die Möglichkeit, das Leben zu vereinfachen.

Ihre Partei steht ja nicht gerade für grüne Politik. Wie stehen Sie zu Flächenversiegelung zu Lasten von Grünflächen?

Ich finde wichtig, dass wir hier viele Spielplätze und Ausbauflächen für Hunde haben. Aber man sollte nicht unbedingt eine Grünfläche erhalten, wenn der Wohnungsmarkt total angespannt ist.

Stehen auf Ihrer Wahlagenda konkrete umweltpolitische Ziele?

Ehrlich gesagt nicht so sehr. Wir in der FDP wollen den Menschen Anreize statt Regeln geben. Wir haben ein sehr positives Menschenbild und glauben, dass ein freier Mensch gute Entscheidungen trifft. Man muss den Leuten auch erstmal die Möglichkeit geben, sich umweltkonform zu verhalten.

Welche Regularien des Staats stören Sie am meisten?

Ich halte es für überkommen, Cannabis zu kriminalisieren. Das wird längst nicht mehr befolgt. Wenn ich abends die Lutterothstraße entlang laufe, dann sind das nicht obskure Jugendliche, sondern Eltern und junge Erwachsene, die statt einem Feierabendbier einen Joint rauchen. Und fast alle Cannabisdelikte, die zur Anzeige gebracht werden, werden eingestellt. Da wird die Polizei und Justiz unnötig gebunden. Man könnte auch einen besseren Jugendschutz gewährleisten, wenn man es zum Beispiel in Apotheken verkaufen würde.

Was mich noch stört, sind Ladungsöffnungszeiten. Ich will, dass die Läden selbst entscheiden, wie lange sie geöffnet haben. Wenn die Leute am Wochenende Zeit zum Einkaufen haben, haben die Läden zu. Und dann bestellen die Kunden im Internet bei Zalando oder Amazon. Das finde ich ungerecht für die Einzelhändler.

Sie möchten, dass alle Studenten und Azubis einen Unternehmer-Kurs besuchen. Beißt sich diese Vorschrift nicht mit Ihrem Anspruch, der Staat sollte weniger regulieren?

Die Arbeitswelt wird sich ganz stark verändern. Ganz viele Berufe werden wegfallen und neue entstehen. Nicht nur im Niedriglohnsektor. Deshalb sollte man den Leuten Grundkenntnisse über Unternehmertum an die Hand geben, damit sie sich weiterbilden, neu orientieren oder selbstständig machen können. Das ist so grundlegend wie die Grundrechenarten, Lesen und Schreiben.

Gar keine Regeln ermöglichen nicht unbedingt, dass Leute autonom entscheiden können. Man muss ihnen Handwerkszeug fürs Leben mitgeben. Wir haben ja zum Beispiel auch eine Schulpflicht – die ich total gut finde -, damit die Leute eigene Entscheidungen treffen können. Wissen ist die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben.

Sie sind 2014 in die FDP eingetreten. Warum gerade in einer Phase, in der viele den Niedergang der Partei prophezeiten?

Ich habe schon immer liberal gedacht und fand gut, dem Menschen möglichst viele Freiheiten zu lassen. Als die FDP 2013 aus dem Bundestag geflogen ist, habe ich gedacht, es ist ein guter Moment sich zu engagieren. Der Partei etwas von sich selbst mitzugeben und sie jünger und moderner zu machen.

Und es hat der Partei geholfen, dass junge Menschen eingetreten sind und gesagt haben: ‚Werdet doch moderner‘. Es gibt immer noch Parteimitglieder, die sagen, Steuern sind das einzig wahre Thema. Aber die sind glücklicherweise nicht mehr im Vordergrund.

Haben Sie sich ein persönliches Wahlziel gesetzt?

Ich würde mir wirklich wünschen, dass viele junge Menschen überhaupt abstimmen gehen. Ansonsten würde ich gern versuchen, in Eimsbüttel ein bisschen über dem Schnitt der FDP auf Bundesebene zu liegen.

Von welchen Eimsbüttelern erhoffen Sie sich ein Kreuz auf dem Wahlzettel?

Ich würde mir wünschen, auch ältere Menschen anzusprechen, die Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreifen.

Hoffen Sie auf eine Regierungsbeteiligung der FDP?

Es ist wichtig, dass die FDP wieder im Bundestag vertreten ist. Eine Regierungsbeteiligung kann ich mir gerade nicht so gut vorstellen. Und falls ja, dann muss man bestimmte Standpunkte und Ministerien einfordern. Wir können nicht noch eine Legislaturperiode abwarten, bis wir endlich die Ehe für alle durchsetzen.

Welche Ministerien wollen Sie mit FDPlern besetzen?

Das Bildungsministerium und das noch nicht existierende Digitalministerium. Auch das Innenministerium wäre gut, weil wir nicht ohne ein Einwanderungsgesetz in eine Regierung gehen sollten.

Wie würden Sie das geforderte Einwanderergesetz im Parlament präsentieren?

Ich möchte, dass wir anerkennen, dass wir einen Mangel an Fachkräften haben. Es ist wichtig, gezielt Menschen mit Qualifikationen anzuwerben. Zum Beispiel Ingenieure. Dann sollten wir ein Punktesystem entwickeln, in das die Qualifikation, die Sprachkenntnisse und das Alter von Migranten einspielt. Bei einer bestimmten erreichten Punktzahl bekommen die Antragsteller die Möglichkeit, zur Jobsuche hierher zu kommen und in den Arbeitsmarkt einzusteigen.

Was sehen Sie als Ihren bisher größten politischen Erfolg?

Wir Jungen Liberalen haben in Hamburg freien Eintritt in staatliche Museen gefordert. Diesen Antrag haben wir, auch gegen Widerstand, innerhalb der FDP durchgesetzt. Jetzt wurde er in der Bürgerschaft diskutiert. Und wir JuLis haben uns für eine Impfpflicht eingesetzt und auf dem Bundesparteitag durchgesetzt.

Sie ecken in Ihrer Partei auch mal an. Wie erklären Sie sich, dass Sie dennoch erfolgreich sind?

Zum einen liegt das an der Partei, die nach der verlorenen Bundestagswahl nicht wusste, wohin und was. Dann habe ich in kurzer Zeit relativ viel Wahlkämpfe mitgemacht, federführend für die Jungen Liberalen bei den Bürgerschaftswahlen 2014 in Hamburg. Das war ein extremer Erfolg.

Junge Quereinsteiger schaffen es, wieder Wähler zu überzeugen. Sie transportieren ein neues Gefühl. Politik ist eben nicht nur rationale Entscheidung. Sondern man muss auch das Gefühl haben, da interessiert sich wirklich jemand für das, was ich sage. Und ich habe mich sehr reingehängt, viel Zeit investiert und klar gemacht, dass ich Kompetenzen mitbringe. Ich bin Juristin, engagiert und kann das neue Bild der Partei gut repräsentieren.

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