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Mihály Moldvay mit seinen hamburger Fotografien aus den 60ern. Foto: Tim Eckhardt
Ein Rundgang mit Mihály Moldvay

Das besondere Auge

Der ehemalige „Stern“-Fotograf Mihály Moldvay lädt uns sofort zu sich nach Hause ein, als er hört, dass wir über ihn schreiben möchten. „Ich muss euch ganz viel zeigen“, kündigt er an. Es wird ein spannender Besuch.

Von Nora Helbling

Die kleine Terrasse, die auf den versteckten Garten hinter dem Haus zeigt, ist bunt und gemütlich. Viele Blumen stehen dort, an der Wand hängen afrikanische Masken, der Hund wuselt vergnügt zwischen den Beinen herum. Mihály Moldvay und seine Frau Inge Moldvay nennen es „unsere kleine Oase“, und wir verstehen sofort, warum.

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Mihály Moldvay auf seiner Terrasse bei der Arbeit an seinen Bilderrahmen. Foto: Tim Eckhardt

Mihály Moldvay wurde 1938 als Ungar in Belgrad, damaliges Jugoslawien, geboren. 1962 kam er mit der ersten Generation von „Gastarbeitern“ nach Deutschland. Er arbeitete zunächst einige Monate in Bayern, bis es ihn nach Hamburg zog. Hier bekam er Arbeit in einer Autowerkstatt und wohnte mit sechs türkischen Gastarbeitern in einem Zimmer. In der U-Bahn entdeckte er die Anzeige für eine Fotoausbildung, bewarb sich dort, ohne zuvor eine Kamera in der Hand gehabt zu haben. 1966 wurde er vom Hamburger Abendblatt engagiert.

Im Café Karussell hängen Michàlis Bilder. Foto: Tim Eckhardt
Im Café „Karussell“ hängen Mihály Moldvays Bilder drinnen… Foto: Tim Eckhardt

1968, zur Zeit des „Prager Frühling“, berichtete er für die Zeitung aus Prag. Immer wieder fuhr er in der Nacht zurück, in eine Pension kurz hinter der Grenze, um seine Fotos im Badezimmer zu entwickeln, in einem Koffer auf eine Walze zu ziehen, und nach Hamburg zu bringen. Das Abendblatt zeigte so immer die aktuellsten Fotos. Dadurch wurde der Stern auf ihn aufmerksam und holte ihn zu sich. Dort blieb er 35 Jahre als Fotograf. Als er 2002 in Rente ging nahm er 360 Ordner mit Negativen mit. Niemand zuvor hatte beim Stern so viel Material produziert wie Mihály Moldvay.

Ein Leben voller Geschichten

Während wir auf der Terrasse in der Sonne sitzen, erzählt Mihály Moldvay. Davon, dass Hamburg seine Traumstadt war, weil er als kleiner Junge im serbischen Teil Jugoslawiens bei den Nachbarn immer wieder diesen Namen im Radio gehört hatte. Wie er als junger, freier Fotograf in Hamburg ein sensationelles Foto von den Beatles schoss, aber das Abendblatt seine Filme nicht entwickelte, da sie einem Frischling nicht viel zutrauten. Und dann vor allem: seine Zeit als Sternfotograf. Wie er mit seinem jugoslawischen Pass eine Reisefreiheit genoss, die kein deutscher Journalist hatte, und so aus unzähligen Länder berichtete, von der DDR bis zur Sowjetunion, dem Nahen und Mittleren Osten und quer durch Afrika.

„Vor ein paar Tagen hatte ich ein kleines Tief“ erzählt uns Mihály Moldvay. „Mir fehlt das Reisen. Immer unterwegs, immer draußen zu sein. Ich muss zwischen Menschen sein, ich muss kommunizieren. Am liebsten wäre ich jetzt in Syrien oder Ägypten. Gerade jetzt, wo es aktuell ist.“ Als Fotograf, sagt er, habe er die Möglichkeit gehabt, durch seine Bilder Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das sei allerdings auch eine schwere Aufgabe: „Mit wenigen Fotos die Stimmung in einem komplexen Krisengebiet festzuhalten, ist sehr schwierig. Der Reporter hat dabei die Aufgabe zu berichten, und nicht eine Seite zu ergreifen. Eine große Verantwortung für die Medien.“ Vieles habe sich in dieser Hinsicht zum Negativen geändert in den letzten Jahren, sowohl bei der Arbeitsmoral als auch der Art der Berichterstattung.

... und bei schönem Weter stehen sie auch vor der Tür. Foto: Tim Eckhardt
… und bei schönem Weter stehen sie auch vor der Tür. Foto: Tim Eckhardt

Ein Rundgang durch Mihàly Moldvays Eimsbüttel

„Aber ihr kommt ja von den Eimsbütteler Nachrichten, lasst uns über Eimsbüttel reden“ schwenkt er ein. Er möchte uns einen Teil seines Eimsbüttels zeigen. Zunächst machen wir eine kleine Besichtigung durch seine Wohnung. Überall stehen und hängen Fotos voller Geschichten: Boney M. in Russland, ein Fischerboot im Sturm vor Grönlands Küste, Inge Moldvay umringt von schwarzen Kindern in Ghana, das Foto mit den Strommasten und dem einsamen Baum, mit dem er 1983 den World Press Photo Award gewann.

Besonders freut sich Mihály Moldvay uns sein Hobby zu zeigen: Er baut selbst Bilderrahmen aus alten Tür- und Fensterrahmen, die er sich hier und dort zusammensammelt. In einem Hinterhof, direkt um die Ecke von seiner Wohnung, steht ein alter Bauwagen, den er übernehmen konnte. Hier hat er sich eine kleine Werkstatt eingerichtet und bastelt an seinen Rahmen, wann immer er Zeit findet.

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Vor dem zur Werkstatt umfunktionierten Bauwagen. Foto: Tim Eckhardt

Wir machen uns auf zu einem kurzen Besuch im Café „Karussell“ an der Fruchtallee. Dort hat Mihály Moldvay einige seiner Bilder ausgestellt, bei schönem Wetter stehen sie auch vor dem Laden. Das Moldvay gerne unter und mit Menschen ist, wird auf der Straße richtig sichtbar. Immer wieder halten wir an, für einen Schnack mit Jemandem, der ihn kennt.

Treffpunkt Osterstraße

Auf die Frage nach seinem Lieblingsort in Eimsbüttel muss Mihály Moldvay lachen. „Das ist gefährlich“ sagt er, „ich zeig’s euch“. Es ist ein Kiosk an der Osterstraße. „Hier spielen wir Lotto und ich treffe Landsleute und Gleichgesinnte. Jugoslawen, Kroaten, Bosnier, Deutsche. Dort ist es so, als wäre nichts gewesen.“ An dem Stehtisch vor dem Kiosk stehen auch heute einige Herren, die Moldvay kumpelhaft begrüßen. Ihnen ist dieser Teil der Osterstraße am liebsten. Am Tisch vor dem Laden gebe es immer was zu gucken. Tatsächlich kann man gerade eine Diskussion zwischen der Polizei und einem Autofahrer auf der anderen Straßenseite beobachten. „Macht mal ein Foto davon“ ruft uns noch einer zu.

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Der Lieblingstreffpunkt in Eimsbüttel: ein Kiosk an der Osterstraße. Foto: Tim Eckhardt

Unsere letzte Etappe führt ins „Greeni“ an der Osterstraße. Auch hier hängen Mihály Moldvays Fotos: Momentaufnahmen von Politikern, Filmschauspielern, Charakteren. Viele eingerahmt in seine selbstgebauten Rahmen. Das „Greeni“ ist für ihn ein besonderer Ort, vor allem früher, als es noch in Eppendorf war. „Damals war das wie auf einem Marktplatz, alle möglichen Menschen kamen vorbei, Schauspieler, lebendige Leute, Menschen die etwas zu erzählen hatten.“

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Auch im „Greeni“ hängen Moldvays Fotos. Foto: Tim Eckhardt

Mit dem früheren „Greeni“ verbindet er auch tiefe Erinnerungen mit seinem Freund, dem Schauspieler Dietmar Mues. Mit ihm habe er dort versucht ein literarisches Café aufzumachen, einmal im Monat hätten sie Lesungen gemacht, irgendwann kamen 90 bis 100 Leute.

2011 kam Dietmar Mues mit seiner Frau und zwei weiteren Passanten bei einem tragischen Unfall am Eppendorfer Baum ums Leben. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einen Menschen so vermisse“ sagt Mihály Moldvay.

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