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Ausverkauf in der Gärtnerei Holzweißig. Foto: Phillip Holländer
Ausverkauf in der Gärtnerei Holzweißig. Foto: Phillip Holländer
Ende einer Ära

Der Konkurrenz nicht mehr gewachsen

Vor 113 Jahren kam Max Holzweißig mit dem Traum seiner eigenen Gärtnerei aus Sachsen-Anhalt nach Eimsbüttel. Am 30. September wird in nunmehr vierter Generation die letzte Pflanze verkauft.

Von Phillip Holländer

Die Gärtnerei in der Nachbarschaft: Wo am Tresen die Pflanzen verkauft werden, die nebenan aufgezogen wurden. Es werden immer weniger, aber es gibt sie noch. In der Stresemannallee ist dies seit über 100 Jahren gelebte Tradition. Ab Oktober werden die Leute hier sagen: “Es gab sie mal”.

Die Konkurrenz der Ketten

Vor 11 Jahren hat Svenja Holzweißig mit ihrem Mann die Gärtnerei von ihren Eltern übernommen. Seitdem hieß es für sie standhalten. Standhalten gegen den wachsenden Preisdruck der großen Ketten und standhalten gegen die schrumpfende Zahlungsbereitschaft der Kunden. “Das Produkt Blume und Pflanze hat sich auf zu viele Märkte verteilt”, beschreibt die 41-Jährige den Grund des dramatischen Rückgangs im eigenen Handel.

“In den letzten 5 Jahren ist die Konkurrenz einfach zu groß geworden, da kommen wir als Einzelhändler nicht mehr gegen an”. Deshalb haben sie sich Anfang des Jahres entschlossen, dass sie nicht mehr standhalten können, erzählt Svenja.

Inhaberin Svenja Holzweißig im bereits leer geräumten Gewächshaus. Foto: Phillip Holländer
Inhaberin Svenja Holzweißig im bereits leer geräumten Gewächshaus. Foto: Phillip Holländer

Von der Edel-Pflanze zum Lockangebot

Dabei haben Svenja und ihr Mann Arne bis zuletzt versucht den steigenden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. So gingen sie dem Süßkartoffel-Hype nach und führten einen aufwendigen Testlauf mit den Kulturen durch. “Aber die Pflanze, die wirklich hübsch ist, wollte niemand auf seinem Balkon stehen haben”, meint Arne. Für die veganen Kunden hat der 45-Jährige extra mit stinkender Melasse ohne tierische Nebenprodukte gedüngt, mit seltenen Heilkräutern hatten sie ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Läden.

Als Paradebeispiel nennt der Gärtner die Orchidee: “Früher waren die Pflanzen ein Edel-Artikel, heute sind sie für ein paar Euro das Lockangebot bei Ikea.” So sei es auch öfter vorgekommen, dass Kunden im Laden ihnen das Handy mit günstigeren Preisen von der Konkurrenz vorgehalten hätten.

Fotos der Familie Holzweißig zeigen die Geschichte der Gärtnerei

Die Wurzeln der Gärtnerei Holzweißig reichen weit zurück

Max Holzweißig kommt 1904 aus dem Gärtnerdorf "Holzweißig" in Sachsen-Anhalt nach Hamburg. In Eimsbüttel eröffnet er seine eigene Gärtnerei. Hier Familie Holzweißig kurz nach der Eröffnung im Gewächshaus. Unten rechts im Bild: Svenjas Opa Walter Holzweißig als kleiner Junge. Foto: Familie Holzweißig
Luftbild von 1960. Das Gärtnerei-Gelände war damals noch um ein Vielfaches größer als heute. Gewächhäuser erstreckten sich über das heutige Edeka Gelände. Im Zweiten Weltkrieg musste die Familie hier überwiegend Salat und Champignons anbauen. In den 1970er Jahren wurden die Anbauflächen zu der heutigen größe verkleinert (Gelände unterhalb der Stresemannallee). Foto: Famile Holzweißig
Ein langjähriger Mitarbeiter der Gärtnerei in den 1950er Jahren. Foto: Familie Holzweißig
Auszug aus der Unternehmenschronik, in der auch Svenjas Vater Helmut Holzweißig erwähnt wird. Quelle: Familie Holzweißig

Ein bunter Strauß an Kunden

Auf dem 1.800 Quadratmeter Gelände haben die Holzweißigs in zwei Gewächshäusern über die Jahre ihre “Premium-Kulturen”, wie Arne das eigene Sortiment nennt, stetig weiterentwickelt. “Im Beet- und Balkonsortiment sind wir besonders stark. Da können die Ketten nicht mithalten. Das wissen auch unserer älteren Stammkunden”, sagt der gelernte Gärtner mit einem Leuchten in den Augen.

Ab Oktober müssen diese woanders nach ihren Geranien und Petunien fragen. Genauso wie die anderen Kunden, die Sevenja mittlerweile genau kennt: Die jungen Frauen, die für ein, zwei Blümchen kommen, ältere Herren, die meist große Sträuße wollen oder die Kleingärtner, die nach neuen Pflanzen für ihre Beete suchen. Sie alle müssen dann auf den Rat der Holzweißigs verzichten.

Kundin Gärnterei Holzweißig Verena Hibbel. Foto: Phillip Holländer
“Ich bin gerne einfach mal zum gucken mit meinen Kindern in der Gärtnerei. Ich wohne hier direkt um die Ecke,” meint Kundin Verena Hibbel. Foto: Phillip Holländer

Kundin Verena Hibbel wusste noch gar nichts von der Schließung. “Das ist ja schade, hier bekomme ich immer eine gute Beratung, auch welche Pflanzen giftig sind”, sagt sie und zeigt auf ihre beiden Kinder, die zwischen leeren Blumenkübeln toben.

Sonnenblumen zu Weihnachten

Früher hatte die Gärtnerei noch bis zu 7 Angestellte. Nach und nach wurden es weniger. Die große Topfmaschine, die bis zu 1.800 Pflanzen pro Stunde eintopfen kann, ist auch nicht mehr im Einsatz. So arbeiten Svenja und Arne momentan nur noch alleine mit bis zu 70 Stunden pro Woche. Den Umbruch in die vollautomatische Gärtnerei mit Klima-, Bewässerungs- und Düngecomputer haben sie nicht mitgemacht.

Lücken im Sortiment wurden durch Zukauf von Schnittblumen abgefangen. Doch das reicht nicht mehr. “Da kommen Kunden im Herbst und wundern sich, dass es keine Tulpen gibt. Und zu Weihnachten müssen es Sonnenblumen sein, weil es von der Konkurrenz ja auch angeboten wird”, ärgert sich Arne. Doch Sonnenblumen aus Afrika einfliegen lassen, kommt für sie nicht in Frage.

Zukunft ungewiss

Konkrete Pläne für die Zukunft haben Svenja und Arne noch nicht. Sie wollen weiter als Gärtner und Floristen arbeiten. Das Grundstück der Gärtnerei ist bereits an einen Bauinvestor verkauft. Was damit passiert, wissen die beiden nicht. Nach der Schließung am 30. September wird dann noch das Inventar verkauft. Gerade suchen sie nach einem Abnehmer für die fast neue Oberluftheizung.

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