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Ein Haus in Hoheluft: Über die Geschichte der Hoheluftchaussee 91/93. Foto: Vanessa Leitschuh
Einst stand hier das „Kaufhaus Hoheluft”: Das Haus in der Hoheluftchaussee 91 hat eine lange Geschichte. Foto: Vanessa Leitschuh
Geschichte

Ein Haus in Hoheluft

Er betrieb das „Kaufhaus Hoheluft“. Dann nahm man dem jüdischen Geschäftsmann die Immobilie in der Hoheluftchaussee weg. Der Käufer: ein Hamburger Verleger, aus dessen Erbe einer der größten Verlage der Welt wächst.

Von Vanessa Leitschuh

Als sich Ende des 19. Jahrhunderts Eimsbütteler Felder und Wiesen in ein Häusermeer verwandelten, wuchs das Dorf zum größten Stadtteil Hamburgs. Von den damals erbauten Häusern steht heute nur noch ein Bruchteil. Allein im Zweiten Weltkrieg werden rund vierzig Prozent davon niedergerissen.

Eines der 1943 zerstörten Gebäude ist das Haus in der Hoheluftchaussee 91/93. Es wurde zerstört und wieder aufgebaut – aber seine Geschichte blieb begraben.

Erst 2019 stößt der Eimsbütteler Holger Artus darauf und setzt seitdem Stein für Stein wieder zusammen.

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Holger Artus forscht zu ehemaligen Nachbarn, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Er durchsucht Deportationslisten, liest Hausmeldekarteien, verbringt viel Zeit in Archiven. So taucht bei seinen Recherchen das Haus in der Hoheluftchaussee 91/93 auf.

Ein Baustein ist die Geschichte des jüdischen Geschäftsmannes Paul Dessauer. Ihm gehörte das „Kaufhaus Hoheluft”, ein Textilgeschäft in der Hoheluftchaussee 91, sowie das angrenzende Grundstück mit der Nummer 93. Als die Macht der Nationalsozialisten wächst, hat er keine Chancen mehr in Deutschland. Bald kann er nicht mehr selbst über sein Geld verfügen, muss jeden Transfer genehmigen lassen. Bis er 1938, dem Jahr der Pogrome, gezwungen ist, das Kaufhaus und das Haus in der Hoheluftchaussee 93 zu verkaufen.

Eigentümlicher Eigentümerwechsel

Der Käufer: Alfred Bauer, Besitzer des Hamburger Bauer Verlags. Das Zeitschrif­t­enhaus erlebt zur Zeit des NS-Regimes einen Aufschwung. Die erfolgreichste Zeitschrift, die „Funk-Wacht”, titelt mit Bildern von Hitler und anderen führenden Nationalsozialisten.

Alfred Bauer selbst tritt am 1. Dezember 1939 der NSDAP bei – „unter stärkstem Druck” der Partei, wie Bauer später in einem Brief an den Ausschuss zur Entnazifizierung beteuert. Profitiert hat er davon nicht nur als Verleger, sondern auch durch den Raubkauf von Immobilien, die zuvor in jüdischem Besitz waren: Insgesamt acht Häuser erwirbt er zur Zeit des Bereicherungswettlaufs; darunter die Grundstücke in der Hoheluftchaussee.
Das alles ist dokumentiert, steht auf vergilbten Seiten des Finanzamts Hamburg-Altstadt. Und in der Akte Alfred Bauers.

Als die „Funk-Wacht” im Krieg wegen Papiermangel eingestellt wird, kann Bauer auch von den Mieteinnahmen leben. Allein das „Kaufhaus Hoheluft” wirft hohe Beträge ab.

Paul Dessauer klagt auf Wiedergutmachung

Das Geld, das Paul Dessauer dagegen für seine Grundstücke bekommt, reicht ihm kaum für die Ausreise aus Deutschland. Von dem mageren Kaufpreis von 9.000 Reichsmark sieht er wenig, muss zusätzlich eine „Reichsfluchtssteuer” und „Judenvermögensabgabe” zahlen.

In den 50er Jahren klagt er auf Wiedergutmachung, sagt, er sei zum Verkauf gezwungen worden. Er stirbt verarmt. Die Zahlungen aus dem Wiedergutmachungsverfahren erreichen ihn nicht mehr.
Für den Verlag waren die Immobilien ein Fundament mit goldenem Boden: Heute zählt die Bauer Media Group, die von Alfred Bauers Enkelin geführt wird, zu den größten Medienkonzernen weltweit.

Bescheidener Dank

Aber von dieser Vergangenheit liest man in der Unternehmenschronik wenig. Auch nicht im heutigen Gebäude an der Hoheluftchaussee. Im Gegenteil: „In Dankbarkeit für seine Großzügigkeit bei persönlicher Bescheidenheit”, steht auf einer gläsernen Tafel im Hausflur der Nummer 91, die an Alfred Bauer erinnert.

„Das ist zynisch”, sagt der Eimsbütteler Holger Artus, der die Tafel entdeckte. Er informiert die dort lebenden Mieter über die Zusammenhänge, kontaktiert das Unternehmen und die Hausverwaltung, fordert, das Schild zu entfernen. Seine Anfragen bleiben unbeantwortet. Ob das Unternehmen Stolpersteine für deportierte Mieter finanziere? Erneut keine Antwort. Die Bauers haben das Haus vor Jahren verkauft, neuer Eigentümer soll ein dänisches Investment-Unternehmen sein. Das Schild ist geblieben.

Mehr als 80.000 Stolpersteine in ganz Europa hat der Künstler Gunter Demnig in den vergangenen Jahren verlegt. Seit 2002 erinnern die Messingplatten auch in Hamburg an Opfer des Nationalsozialismus – im Juni wurde der 6000. Stolperstein in der Hansestadt verlegt. Foto: Vanessa Leitschuh

Neben dem Stolperstein von Edith Jacobs verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig Stolpersteine für Gertrud und Aron Feibel. Auch ihr letzter Wohnort war das Haus in der Hoheluftchaussee 91/93 gewesen. Foto: Vanessa Leitschuh

Rund 400 Euro für drei Stolpersteine kommen schließlich doch zusammen, weil ehemalige und aktive Beschäftigte der Bauer Media Group auf eigene Initiative spenden.

Tief vergraben in Hoheluft

Einer der Stolpersteine ist für die einstige Mieterin Edith Jacobs. Das Haus in der Hoheluftchaussee war ihr letztes Zuhause, bevor sie im Konzentrationslager starb. Hier erzählen wir ihre Geschichte:

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