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Foto: Fiona Kleinert
Kritik am Osterstraßenumbau

„Es geht um meine Existenz“

Seit Oktober 2015 läuft das Großprojekt Osterstraßenumbau. Im letzten Kerngebietsausschuss Ende Februar hat Norbert Fischer, Inhaber des Schuhgeschäfts Via Roma im Heußweg, um Hilfe gebeten. Er muss Insolvenz anmelden. Schuld daran sei die Langzeitbaustelle. Er ist nicht der einzige Gewerbetreibende, der negative Auswirkungen auf sein Geschäft bemerkt.

Von Fiona Kleinert

Wegen der Bauarbeiten ist die Osterstraße momentan an der Kreuzung Heußweg nur stadteinwärts befahrbar. Der Heußweg ist zwischen Henriettenstraße und Stellinger Weg gesperrt. Mittendrin liegt das Geschäft von Norbert Fischer.

Baustellen seit drei Jahren

Seit dem 26. Februar steht das einstige Schuhgeschäft leer. Der Inhaber macht dafür die Baustellen verantwortlich, die seit 2012 vor und in der Nähe seines Geschäfts lagen. Erst sei es die Renovierung der U-Bahn-Schächte gewesen, anschließend die Neugestaltung des Fanny-Mendelssohn-Platzes und dann der Bau des U-Bahn-Fahrstuhls. In dieser Zeit habe allerlei Baumaterial und Container vor der Filiale gelagert, sodass das Geschäft nur noch schwer zu sehen gewesen sei und auch der Eingang deutlich unattraktiver erschien. Kunden, die teilweise aus Poppenbüttel und sogar Bremen in den Heußweg kamen, seien ausgeblieben.

Erhebliche Umsatzeinbrüche habe es aber vor allem mit dem Beginn des Osterstraßenumbaus im Oktober gegeben. Zu Beginn hätten so viele Container vor dem Geschäft gelagert, dass die Sicht auf den Laden vollkommen verdeckt gewesen sei. Besonders in den eigentlich umsatzstärksten Monaten von Oktober bis Dezember seien die Auswirkungen der Baustelle besonders stark gewesen. Fast 30 Prozent Umsatzeinbußen verzeichnete Via Roma während des Dezembers und auch die anderen Monate sehen nicht besser aus, wie aus den uns vorliegenden Umsatzzahlen hervorgeht. Mit der Sperrung im Heußweg Anfang Februar sei es nur noch schlimmer geworden, berichtet Fischer uns am Telefon. Es habe viele Tage gegeben, an denen kein einziger Kunde zu Besuch gekommen sei. Das spiegelt sich in den Umsatzzahlen wider, die im Februar um ganze 56 Prozent zurückgegangen sind. Zu viel für den 65-Jährigen.

Foto: Fiona Kleinert
Zehn Jahre lang war im Heußweg 25 das Schuhgeschäft Via Roma. Foto: Fiona Kleinert

„Wir können im Grunde nichts für Sie tun“

Am 1. März schloss Fischer auch seine Filiale in Winterhude, die er erst im Frühjahr 2015 eröffnete. All seine Ressourcen und Gelder habe er in das neue Geschäft gesteckt, sodass die Einbußen in der eigentlich gut laufenden Filiale im Heußweg ihm umso mehr zu schaffen machten. Am vergangenen Wochenende schloss das dritte und letzte Geschäft von Norbert Fischer in der Hamburger Meile seine Türen.

Im Kerngebietsausschuss, vor dem Fischer seine Situation schildert, bedauert man seine Lage. Kurz vor der Insolvenz sei es jetzt aber zu spät, um zu helfen, so Anne Schum (SPD). Fischer wendet ein, dass er schon am zweiten Tag der Heußweg-Sperrung einen Antrag auf Entschädigung beim Bezirksamt einreichte, aber erst zehn Tage später eine Rückmeldung erhielt. Aufgrund dessen will das Bezirksamt in der Verwaltung nachfragen, warum die Bearbeitung so viel Zeit in Anspruch nahm. Thomas Thomsen (CDU) schlägt vor, dass sich das Bezirksamt um einen Ansprechpartner für Geschäftsleute bemühen soll. „Ich bin garantiert nicht der Letzte, der da verschwindet“, sagt Fischer in seinem emotionalen Vortrag.

Viele Betroffene

Tanja Feurich, Inhaberin des Geschäfts Markenglück, geht die Insolvenz des direkten Nachbarn nahe. Auch sie klagt über sinkende Umsätze, in manchen Monaten bis zu 60 Prozent. Die Laufwege der Passanten hätten sich geändert, denn im Moment würden Fußgänger auf die Karstadt-Seite des Heußwegs umgeleitet. Aber auch dort bemerken die Geschäftsinhaber, dass es deutlich ruhiger geworden ist. Die Schusterei Klemm, die auch Schuhe für Via Roma reparierte, und der Punjoi Asia Shop beklagen ebenfalls, dass Kunden ausbleiben würden. „Viele Leute haben keine Lust um die Baustelle herum zu fahren“, erzählt uns Holger Lugowski, Inhaber der Schusterei Klemm. „Wenn man die Osterstraße verkehrsberuhigt, dann wird jeder darunter leiden. Man kann nicht mehr kurz mit dem Auto anhalten“, so Sabine Cohn, Lebensgefährtin von Lugowski.

Angela Struckmann von der Glaserei Struckmann in der Osterstraße sieht den Umbau hingegen positiv. Sie erhofft sich eine Wertsteigerung: „Ich glaube, wenn man nichts tut, dann läuft man Gefahr, dass es unattraktiv wird.“

Foto: Julia Dziuba
So sieht es Anfang März vor den Geschäften Via Roma und Markenglück aus. Foto: Julia Dziuba

Erste Hilfe

Wie Tanja Feurich hätten sich viele Gewerbetreibende mehr Transparenz und Aufklärung über die Baustelle gewünscht. Die habe es gegeben bevor die Großbaustelle Osterstraße eröffnet wurde, erwidert Jan Seeringer, der Projektleiter des Umbaus bei der Stadterneuerungs- und Entwicklungsgesellschaft Hamburg (Steg). Man sei in alle Geschäfte gegangen und habe persönliche Einladungen zu Informationsveranstaltungen abgegeben, die auch in der Zeitung und auf Plakaten beworben. Allerdings geben einige Geschäftsinhaber an, keine Einladung erhalten zu haben.

Im Fall Via Roma bezahlte das Bezirksamt auf Initiative des Vereins Osterstraße vor zwei Monaten ein Werbebanner. Dies wurde an die Container vor den Geschäften aufgehängt. Aber auch das half Norbert Fischer nicht gegen das Wegbleiben der Kunden. Der Verein, der sich für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts in Eimsbüttel einsetzt, plant nun Straßenfeste, die das Ende der Baustelle in den unterschiedlichen Teilabschnitten feiern sollen, so Quartiersmanagerin Arlette Andrea. Das erste soll allerdings erst nach dem Osterstraßenfest im August stattfinden, wenn der Bauabschnitt Schwenckestraße bis Emilienstraße abgeschlossen ist, da Straßenfeste im Winter nicht sehr attraktiv seien.

Inhaber Norbert Fischer hilft das nicht mehr. Sein Antrag auf Entschädigung wurde Ende Februar vom Bezirksamt abgelehnt. Im Kerngebietsausschuss mahnt er die Abgeordneten: „Wenn der Nächste kommt, dann machen Sie bitte rechtzeitig Ihre Augen, Ohren und vor allem auch mal die Herzen auf. Es geht um Leben und Existenzen.“

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