
Impftermine: Gibt es sie nur in der Behördenwelt?
Gibt es in Eimsbüttel Impftermine, die verfallen? Die Behörden sagen ja. Alle anderen nein. Wie es zu den Wirrungen kam.
Von Christian LitzEs gibt zwei Welten in Eimsbüttel: „Das Impfangebot in Eimsbüttel ist derzeit nicht ausgelastet. Die Kapazitäten übersteigen aktuell die Nachfrage – von einer Unterversorgung kann insofern keine Rede sein.“ Das hat die Sozialbehörde, die für die Impfangebote zuständig ist, Ende vergangener Woche auf Anfrage den Eimsbütteler Nachrichten mitgeteilt.
Impfangebote nicht ausgelastet?
Vorausgegangen war eine Mitteilung des Hamburger Senats mit ähnlichem Inhalt: „Die Impfangebote, die ohne Terminvereinbarung stattfinden, sind derzeit nicht komplett ausgelastet.“ Dazu schreibt auf Nachfrage das Bezirksamt Eimsbüttel: „Das gilt auch für Eimsbüttel.“ Keine Probleme in Eimsbüttel beim Impfen also.
Das ist die Behördenwelt.
Die andere ist die Wirklichkeit der Menschen in Eimsbüttel: Am Agaplesion Klinikum in der Hohen Weide, seit Mai die offizielle Impfstelle in Eimsbüttel, sind seitdem alle Impftermine belegt. Ein Sprecher des Krankenhauses: „Bisher sind wir meist voll ausgebucht.“
Impfmanagement der Behörde
Am Agaplesion wird an Samstagen und Sonntagen geimpft. Das Impfmanagement hat die Sozialbehörde übernommen. Die Klinik teilt „für jedes Wochenende der Behörde mit, wie viele Impfungen wir durchführen können. In der Regel melden wir pro Wochenende zwischen 300 und 340 Termine. Diese Termine werden in das Digitale Terminmanagement der Stadt Hamburg übernommen und zur Buchung angeboten. Wir erhalten dann meist Donnerstag oder Freitag eine Liste, wer für das Wochenende angemeldet ist.“ Die Liste ist dann voll, alle Termine sind vergeben.
In den sozialen Medien tauchen zur Zeit immer wieder Kommentare von Menschen auf, die in Eimsbüttel keine Impfungen bekommen. Einige sagen, sie haben von der Sozialbehörde keine Termine im Agaplesion erhalten, weil die Wartelisten voll sind und posten Screenshot, die das belegen.
„Behörde erzählt Unsinn“
Zwei Insiderinnen, die mit dem Thema beschäftigt und den Eimsbütteler Nachrichten persönlich bekannt sind, müssen aus Angst vor beruflichen Folgen namenlos bleiben. Die Erste sagt: „Die Terminservice-Seite der Behörde bricht fast unter den Anfragen zusammen.“ Die Zweite, die im Gesundheitswesen arbeitet und ebenfalls anonym bleiben muss, sagt, die Behörde erzähle hier „Unsinn“. Das tue sie „schon seit Monaten, und noch mal ganz besonders, seit die 160.000 Impfungen pro Woche in die Welt gesetzt wurden.“
Genügend Kapazitäten?
Mehrere Impfwillige, die sich am Samstag oder Sonntag im Hamburg Haus im Doormannsweg, wo ohne Termin geimpft wird, in die Schlange gestellt haben, sagen, sie wurden abgewiesen, weil sie ein paar Tage zu früh dran waren.
Offenbar legen die Impfteams der Behörden die Regeln sehr strikt aus und geben Auffrischimpfungen nur, wenn seit der Impfung davor mindestens sechs Monate vergangen sind. In einem den Eimsbütteler Nachrichten bekannten Fall fehlten einem möglichen Impfling neun Tage.
Das steht im Widerspruch zu Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko). Die schrieb schon am 7. Oktober: Die Verkürzung des Impfabstands auf fünf Monate solle erwogen werden, „wenn genügend Kapazitäten vorhanden sind“.
Große Zahl an Impfangeboten?
In der Welt des Senats und der Sozialbehörde sind diese Kapazitäten vorhanden. Denn, so teilt sie wiederholt mit, es gibt Impfmöglichkeiten, die nicht wahrgenommen werden. Aber gleichzeitig gibt es doch nicht genügend Kapazitäten, weil Leute, die laut Stiko geimpft werden sollten, nicht geimpft werden können in Eimsbüttel.
Dennoch teilt die Sozialbehörde am vergangenen Donnerstag abend mit: „Wer in Hamburg lebt, profitiert von der großen Zahl an Impfangeboten, die in unserer Metropole auch gut erreichbar sind im Vergleich zu vielen Landkreisen in Deutschland.“
Sachstand verändert?
Auf Nachfrage zu dem Widerspruch zu den anderen Beteiligten hat ein Sprecher der Sozialbehörde gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten am Telefon gesagt: „Das war am Donnerstag. Möglicherweise hat sich der Sachstand seitdem verändert.“