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Plötzlich Papas, Adoption
Nach der Adoption ihrer Tochter beginnt für Malte und sein Mann ein neues Leben. Illustration: Susan Kubny
Magazin #31

Kinderwunsch: Plötzlich Papas

An einem Dienstag erfahren Malte und sein Mann: Sie werden Papas. 48 Stunden später sind sie zu dritt.

Von Julia Haas

Eine Familie gründen, Kinder bekommen: In Maltes Leben sind das Optionen. Ein fester Kinderwunsch war da nicht, vielmehr die Möglichkeit. Sein Mann sieht das lange anders: Mit der Homosexualität war das Thema für ihn abgehakt. Eigentlich.

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Im Laufe der Beziehung reifen neue Vorstellungen für die gemeinsame Zukunft – mit Kind. Ein Kinderwunsch, der das Leben bereichern, nicht definieren soll.

Adoptieren mit Hürden

Pflege, Adoption, Leihmutterschaft oder Co-Elternschaft: Malte und sein Ehemann wägen ab, welche Optionen in Frage kommen. Und in welcher Reihenfolge. Sie entscheiden sich zu adoptieren. Oder es zumindest zu versuchen.

2021 wurden laut Statistischem Bundesamt in Hamburg 90 Kinder an Adoptiveltern vermittelt. 15 davon waren ­jünger als ein Jahr. Wie viele Bewerberpaare dem gegenüberstanden, gibt das zuständige Fachamt in Hamburg auf Nachfrage nicht preis. Rückschlüsse auf eventuelle Chancen sollen dadurch vermieden werden.

Die ersten Schritte zur Adoption

„Wir wussten aus Gesprächen, die Chancen sind nicht gut.” Malte sagt das mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er zum ersten Mal einen Lottoschein ausgefüllt – im Wissen, nicht den Jackpot zu knacken.

Wer sich in Hamburg entschließt, ein Kind zu adoptieren, beginnt seine Familiengründung in einem Verwaltungsgebäude am Stadtpark – bei einem Infoabend der Adoptionsvermittlungsstelle. Malte und sein Partner sitzen dort neben vier anderen Paaren und einer Sachbearbeiterin.

Diversität in der Adoptionsvermittlung

Als eines der ersten gleichgeschlechtlichen Paare in Hamburg wagen sie 2018 den Schritt zur Adoption.

Das Konzept „Regenbogenfamilie” muss damals erst in den Hamburger Behörden ankommen. Viele Fragen haben sich am hetero-normativen Familienbild orientiert, zum Beispiel wenn es um weibliche Bezugspersonen für das Kind geht. „Natürlich ist es das, was die Mitarbeiter bis dahin immer vor sich hatten.” Malte weiß von anderen Paaren, die gewisse Fragen als homophob oder sehr intim wahrgenommen haben. Er und sein Partner machen diese Erfahrungen nicht.

Wer adoptieren möchte, muss vieles preisgeben

Auf die Entscheidung zu adoptieren folgt eine Liste voller Herausforderungen. Wer sich um eine Adoption bewirbt, muss eine sogenannte Eignungsprüfung durchlaufen. Dazu führt die Vermittlungsstelle mehrere Gespräche mit den Bewerbern und fordert verschiedene Unterlagen wie Geburts- und Heiratsurkunden sowie Einkommensnachweise an.

Malte beschreibt den Eignungsprozess als intensiv. „Du wirst sehr gründlich abgeklopft: Wie stellst du dich als Elternteil vor, wie ist die Beziehung zu deiner Mutter, hast du Traumata?” Wer adoptieren will, muss sein Leben reflektieren – und vieles preisgeben. Auch in dem Wissen, dass es vergeblich sein könnte.

Die Uhr tickt nicht

Malte und sein Mann lassen sich dafür Zeit – die biologische Uhr tickt nicht, der Sommer ruft. Die Vorstellung bei der Adoptionsstelle dauert bei Malte und seinem Mann ein Jahr – andere schaffen es in drei Monaten, sagt er achselzuckend.

Trotz aller Gelassenheit ist der Adoptionsprozess nicht ohne Schweißperlen ausgekommen. Im Januar 2019 steht ein letzter Hausbesuch an. Und mit ihm die Panik, auf der Zielgeraden alles zu vermasseln. Die Angst vor dem Besuch einer Mitarbeiterin der Adoptionsstelle lässt Malte und seinen Mann Schnapsflaschen verstecken und Schränke aufräumen. Albern, sagt Malte heute. Den ausgemalten Horrorszenarien folgt ein „netter Besuch mit Tee und Kaffee”.

Adoption: Vielleicht klappt es

„Herzlichen Glückwunsch, Sie sind in der Kartei.” Als alle Punkte der Liste abgehakt und die Tests bestanden sind, legt die Adoptionsstelle den potenziellen Eltern ­nahe, nicht durchzudrehen, noch kein Kinderzimmer einzurichten. Jeden Tag in den nächsten zwei Jahren könnte ein Anruf kommen. Oder nicht.

„Meine Mama meinte damals, das ist, als ob ihr die Pille abgesetzt habt”, erinnert sich Malte. Vielleicht klappt es, wahrscheinlich nicht. Wie ihr Leben künftig verläuft, liegt jetzt nicht mehr in ihren Händen. Statt abzuwarten, leben die beiden. Festivals, Partys, Freunde besuchen. „Wir waren Mitte dreißig, wir haben weitergelebt.”

Ein Anruf, der ihr Leben verändert

Fünf Monate später, Freitag vor Pfingsten 2019. Malte und sein Mann sitzen im ICE nach Berlin auf dem Weg zu Freunden, als ihnen ihre Handys zwei verpasste Anrufe anzeigen. Die ersten drei Ziffern der Rufnummer ­haben sich in ihr Gedächtnis eingebrannt: eine Hamburger Behördennummer. Als sie zurückrufen, erfahren sie: Termin am Dienstag, keine Informationen am Telefon.

Der Anruf lässt die Fassade des „normalen Weiterlebens” bröckeln. Eigentlich wollen sie nur den Freunden, bei ­denen sie übernachten, vom Anruf erzählen. Ansonsten ein Konzert besuchen und feiern. „Wir waren eine halbe Stunde auf einer Party und alle wussten es.”

Im Krankenhaus werden sie zur Familie

Am Dienstag erfahren die beiden, dass in 48 Stunden ein Kind geboren wird. Sie entscheiden, dass es ihr Kind sein wird. Zwei Tage sind Malte und sein Mann ­schwanger: Sie beantragen Elternzeit, kaufen die Babyecke im Drogeriemarkt leer, informieren Familie und Freunde.

Kurz nach der Geburt treffen sie zum ersten Mal auf ­ihre Tochter. In einem Familienzimmer im Krankenhaus ­lernen sich die drei kennen – und werden zur Familie.

Ein neues Leben mit Tochter

Fortan bestimmt die „kleine Chefin” das Leben von Malte und seinem Mann. Auf ihrem Instagram-Kanal „Plötzlich Papas” geben die beiden Einblicke in ihren Alltag als kleine Familie. Von der Care-Arbeit bis zu den Kita-Keimen.

„Was ein wilder, lustiger und unvorhergesehener Ritt”, resultiert Malte, als er seiner inzwischen dreijährigen Tochter die Kuchenkrümmel von der Backe wischt. Ob es so geplant war oder nicht, es hat sich alles gefügt, wie es sein sollte, ist sich Malte sicher.

info

Wie die „Ehe für alle“ Adoptionen in Hamburg veränderte

Vor dem 1. Oktober 2017, also vor der „Ehe für alle“, war es lesbischen und schwulen Paaren nur als Einzelperson möglich zu adoptieren.
Im Jahr 2018 gab es nach Angaben der Stadt Hamburg 40 abgeschlossene Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Seitdem sind die Zahlen gestiegen. 2022 waren es 72.


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