Angriffe im Wahlkampf: Eimsbütteler Spitzenkandidat gibt Einblicke
Hassnachrichten auf Instagram oder per Post gehören im Wahlkampf für Ali Mir Agha zum Alltag. Jetzt äußert sich der Grünen-Politiker öffentlich.
Von Julia Haas„Im Wahlkampf ist der Ton rau“, schreibt Ali Mir Agha auf Instagram. „Rauer als sonst.“ Daneben ein Foto seines Wahlplakates. Es ist eines von vielen, das in den letzten Wochen beschmiert wurde. Auf manchen sind seine Augen geschwärzt oder ausgestochen, auf anderen prangen Schriftzüge.
Ali Mir Agha ist neben Kathrin Warnecke der Spitzenkandidat der Grünen für die kommende Bezirkswahl am 9. Juni. Im Vergleich zum letzten Wahlkampf 2019 habe sich die Stimmung verändert.
Politiker: Passanten pöbeln lautstark
Ali Mir Agha erzählt den Eimsbütteler Nachrichten, in den letzten Wochen viel Aggression erlebt zu haben. „Ich habe mehrmals befürchtet, dass es eskaliert.“ Bei Infoständen auf dem Osterstraßenfest oder dem Isemarkt hätten Passanten lautstark gepöbelt oder wären ihn und seine Parteikollegen verbal angegangen. Zu handgreiflichen Auseinandersetzungen sei es in seinem Umfeld bisher aber nicht gekommen.
Bundesweit sieht das anders aus: Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke wurde Anfang Mai niedergeschlagen, als er Wahlplakate in Dresden aufhing.
Eine Umfrage der Universität Duisburg-Essen ergab bereits 2022, dass 60 Prozent der Kommunalpolitiker in deutschen Großstädten bereits Anfeindungen oder Aggressionen erlebt haben.
SPD-Infostand: Angriff in Schnelsen
Dass diese Entwicklung auch vor Eimsbüttel nicht Halt macht, zeichnete sich ab, noch bevor der Wahlkampf richtig begonnen hatte. Im Februar soll ein Infostand der SPD in Schnelsen angegriffen worden sein. Ein Mann habe eine volle Bierdose auf die Bezirkspolitiker geworfen, bestätigte ein Polizeisprecher.
Ali Mir Agha beschloss damals, seine drei Kinder nicht mehr auf Wahlkampfveranstaltungen mitzunehmen. Ein Rückschlag für die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt in der Bezirkspolitik. Und doch für den Familienvater die einzige Möglichkeit, seine Kinder zu schützen.
Nach Streit um Moorweide im Fokus
Wie schnell diese zur Zielscheibe werden könnten, habe er vor einem Jahr erlebt. Damals sprachen sich Ali Mir Agha und seine Fraktionskollegen gegen eine Nutzung der Moorweide durch den „Circus Roncalli“ aus. Was folgte, war ein politisches Hin und Her: Die Bezirksversammlung stimmte gegen die Nutzung, der Senat evozierte, am Ende durfte der Zirkus auf der Grünfläche campieren.
Es folgte außerdem eine öffentliche Bloßstellung. Bei der Premiere prangerte Roncalli-Chef Bernhard Paul explizit Ali Mir Agha an. „Ich fühle mich von Ali Mir Agha beleidigt, und ich lasse mich nicht beleidigen“, soll er im Mai 2023 gesagt haben.
Persönliche Grenze: „Wenn es gegen die Kinder geht“
Rechtspopulistische Akteure griffen das auf. „Mein Name wurde von Nazis im Netz verbreitet.“ Einige der verbalen Angriffe hätten sich auch gegen seine Kinder gerichtet, sagt Ali Mir Agha.
„Das war das grenzwertigste, was ich bisher erlebt habe.“ In diesem Moment habe er für sich neue Grenzen definiert: Wenn es gegen seine Kinder ginge, würde er über einen Rückzug nachdenken.
Ali Mir Agha: „Jetzt erst recht“
Im aktuellen Wahlkampf sieht er vor allem sich selbst den Anfeindungen ausgesetzt. Sei es durch Briefe, Nachrichten auf Instagram oder Schmierereien auf Wahlplakaten. Und das mehr als seine Spitzenkandidatskollegin Kathrin Warnecke, so sein Eindruck.
Warum das so ist? Vielleicht wegen seines Migrationshintergrundes, sagt er. Rassismus erlebe er, seitdem er als Teenager nach Deutschland kam.
Sich davon einschüchtern lassen will er nicht. „Jetzt erst recht. Punkt“, beendet Ali Mir Agha seinen Instagram-Post.
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