
Hungern gegen Hartz IV
Mit schrillen Aktionen macht Marco Scheffler in Eimsbüttel immer wieder auf sich aufmerksam. Seit Montag protestiert er mit einem Hungerstreik gegen Hartz IV-Kürzungen.
Von Ada von der DeckenEN: Wie geht es dir?
Marco Scheffler: Seit ich nicht esse? Damit geht es mir jetzt am dritten Tag ganz gut, aber ich merke, dass in meinem Kopf alles ein bisschen langsamer abläuft und auch körperlich werde ich langsamer. Das macht sich zum Beispiel beim Radfahren bemerkbar. Aber grundsätzlich geht es mir gut.
EN: Auf was verzichtest du und was fehlt dir?
Marco Scheffler: Im Moment verzichte ich zwar auf Essen, habe aber noch nicht das Gefühl, dass mir das fehlt. Gut, ich bin vorhin am Fischladen Schlüter vorbeigegangen und es roch nach deren Mittagstisch. Da habe ich schon gedacht: Oh, jetzt so ein Essen! Aber im Prinzip fehlt mir nichts.
EN: Was steckt hinter der Aktion?
Marco Scheffler: Ich unterstütze damit den Berliner Hartz IV-Empfänger Ralph Boes, weil er so weit sanktioniert wurde, dass er unter dem Existenzminimum leben muss. Er bekommt gar kein Geld mehr und hat Essensgutscheine abgelehnt. Nun will er einen Präzedenzfall schaffen und vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. 382 Euro sind der Regelbedarf für Hartz IV-Empfänger. Wenn 382 Euro das Existenzminimum sein sollen und dann aber, weil derjenige vielleicht verschlafen hat oder nur 20 statt der geforderten 30 Bewerbungen geschrieben hat, gekürzt werden, dann hat er weniger als das Existenzminimum.
EN: Was ist deine Rolle dabei?
Marco Scheffler: Mit seinem Hungern hat Ralph Boes auf seine Situation aufmerksam gemacht und jetzt übernehme ich, damit die Aktion weiterläuft. Das soll ein Staffelhungern werden. Ralph Boes bekommt von mir 30 Euro pro Woche, die er zum Überleben braucht. Obwohl ich persönlich nicht auf Hartz IV angewiesen bin, finde ich, dass das Thema jeden angeht, weil theoretisch jeder davon betroffen sein könnte.
EN: Hungerstreik ist ein ziemlich hartes Mittel. Passt das hier überhaupt?
Marco Scheffler: Ich will nicht wirklich verhungern. Ich habe mir zwar eine Frist von drei Wochen gesetzt, aber selbst die muss ich nicht einhalten. Das heißt, wenn es mir körperlich so schlecht geht, dass ich davon krank werde, dann würde ich auf jeden Fall wieder essen und die Aktion abbrechen. Dann muss halt der nächste ran. Wir wollen nicht nur gegen etwas demonstrieren, sondern zeigen, was die Konsequenz ist, wenn die Arge den Hartz IV-Empfängern das Geld so weit kürzt, dass es nicht mehr zum Leben reicht. Dann müssen die Leute hungern, privat betteln gehen. Ich finde, dass der Staat dafür verantwortlich ist, jedem das Existenzminimum zur Verfügung zu stellen.