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Parteitag-Impressionen

Das CCH in Hamburg: Hier fand an diesem Wochenende der Bundesparteitag der Linken statt. Den Anfang machte am Valentinstag das Frauenplenum, der Samstag stand im Zeichen der Programmatik. 540 Delegierte verschiedener Strömungen stritten hier um das Europawahlprogramm der Linkspartei. Auch mit dabei: die Genossen der Linkspartei Eimsbüttel.

Von Moritz Gerlach

Ein Richtungskampf der nicht nur mehrheitlich gesittet ablief, sondern auch klar von der „pragmatischen“ Strömung Forum demokratischer Sozialismus (FdS) für sich entschieden werden konnte. Trotz wichtiger Programmentscheidungen und darauffolgender Personalwahlen, schafften es die Delegierten auch einen Antrag ihrer Genossen aus Eimsbüttel in die Tagesordnung aufzunehmen.

Das Papier zur drohenden Abschiebung einer Familie aus dem Kosovo wurde von 100 Prozent der Delegierten des LINKEN-Parteitags angenommen.

Katja

 

Initiativ-Antrag der LINKE Eimsbüttel erfolgreich: Solidarität mit Familie Maksimovic aus Eimsbüttel

Die fünfköpfige Familie ist in ihrer ursprünglichen Heimat bedroht und verlor ihre Lebensgrundlage, als Albaner ihr Haus niederbrannten. Eine Petition der linken Bezirksabgeordneten Zaklin Nastic an den Petitionsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft konnte eine Abschiebung, die bereits im Dezember 2013 stattfinden sollte, vorerst verhindern. An der Haltung der Behörden hat sich seitdem dennoch nichts geändert. Ein Grund mehr für die Eimsbütteler Linken nicht locker zu lassen: „Wir haben neue Erkenntnisse und Unterstützer gewonnen und hoffen nun, das Bleiberecht für die Maksimovics zu erreichen. Eine Abschiebung wäre lebensgefährlich und unverantwortlich, dies hat die Aussage des Bürgermeisters der Stadt Klokot ergeben“, so Nastic.

Eigentlich wollte Nastic beim Parteitag eine Resolution einreichen. Nun ist es ein Antrag geworden. Dafür musste jedoch erst einmal um Unterstützung bei den Delegierten geworben werden. Unterstützt von ihren Genossen Gerald Reichert und Hartmut Obens, machte sich die 33-jährige Eimsbüttelerin, die zuvor auch die Begrüßungsrede des Parteitags gehalten hatte auf Unterstützersuche. Am Ende waren es deutlich mehr als die 50 benötigten Unterschriften, auch Bundestagsfraktionschef Dr. Gysi gab bereitwillig seine Unterschrift. Nachdem Hartmut Obens den Antrag am frühen Abend vorgestellt hatte, wurde dieser ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen vom Parteitag angenommen. Eine schöne Geste für die Maksimovics. Überhaupt war die europäische Flüchtlingsthematik, speziell mit ihren Auswirkungen in der Hansestadt, wichtiger Kernpunkt des Parteitages. So hatte auch ein Sprecher der „Lampedusa-Gruppe“ die Möglichkeit seine Worte an die Delegierten zu richten.

Gysi - Europaparteitag

Gräben bleiben, werden aber leichter zu überspringen

Was in den Redebeiträgen nur an der Oberfläche berührt wird, sitzt bei einigen Genossen tief. Die unterschiedlichen Zukunftsvorstellungen ließen vereinzelt Unmut laut werden. So auch der Historiker Florian Wilde, nach dessen Willen eine Regierungsbeteiligung unter den gegebenen Verhältnissen unbedingt zu vermeiden sei, da man so das Ziel der Veränderung der gesellschaftlichen Ordnung aus den Augen verliere.

Man habe durch das Engagement in der Kommunalpolitik für die Menschen spürbare Verbesserungen erkämpfen können, lautet die Gegenposition. Kita-Plätze, Sozialtickets und Bürgernähe würden letztlich mehr zum Erfolg der Partei beitragen, als eine verkopfte Debatte.

Es sei paradox, erklärt ein Mitglied aus den, wie er sagt, neuen Bundesländern „wenn ich mich positiv auf Europa beziehe und dabei erwähne, dass mir diese Reisefreiheit durch die Mauer verwehrt wurde ernte ich Häme und Verachtung von Genossen aus dem Westen, die seit 40 Jahren jeden Sommer nach Italien fahren.“ Auf dem Tisch steht eine Flasche Club-Cola.

Es sei deutlich ruhiger geworden, versichert dazu ein Mitglied aus Sachsen-Anhalt. Kein Vergleich mit früheren Bundesparteitagen sei dies. Vor 14 Jahren in Münster beispielsweise hätten „West-Linke“, insbesondere die Hamburger Genossen ein wahres „Schreckensregime“ geführt und beinahe die Veranstaltung gesprengt. Dafür, dass es sich bei Hamburg vormals um „die Höhle des Löwen“ gehandelt habe, quasi das Epizentrum westdeutschen Sektierertums, sei es sogar besonders ruhig. Die ständigen Geschäftsordnungsanträge seien ein zu ertragendes Übel. Ebenjene Hamburger Genossen, mehrheitlich organisiert in der Hochschulgruppe „Liste LINKS“, sind normalerweise nicht weit vom Tagungsort auf der anderen Straßenseite der Edmund-Siemers-Allee in der Universität Hamburg zu finden. Auch wenn sie dort seit 1992 kontinuierlich Politik machen, scheinen die großen Zeiten der „Mensa-Genossen“ (Gysi) in dieser Partei vorbei.

„Ein Kessel Buntes“ aus Ostalgie und Überzeugung

Für den ehemaligen Stabsoffizier Höhmann spielt sich der Parteitag nicht mehr am Rednerpult, sondern im Eingangsbereich des Congress Centers ab. Hier wirbt der Absolvent der „Moskauer Militärakademie für Mot.-Schützen M.W. Frunse“ fleißig und mit beachtlichem Erfolg neue Leser für die „junge welt“. Der Militärexperte war in den 90er Jahren Mitglied der kommunistischen Plattform der PDS und nahm aktiv an der Politik der beiden Vorgängerparteien der Linken teil. Wer das Plenum ein Stockwerk über ihm besucht hat, kann verstehen, warum er lieber den Infostand bewacht. „Das was hier läuft ist eine schleichende Sozialdemokratisierung der Partei. Und die findet perfiderweise hauptsächlich im Osten statt“, entfährt es einem Besucher, der eben noch das Kochbuch „24 Rezepte zur kulinarischen Weltverbesserung“ vom Bücherstand gegenüber in den Händen gehalten hatte. Wer hier Gesprächspartner sucht, kann sie noch finden: Die gutsortierte und klar abgegrenzte Weltsicht des vorbildlichen DDR-Bürgers. Grauzonen nicht vorhanden.

Ergänzt wird das Ganze durch leichte Ostalgie-Kost, vertreten durch Pittiplatsch-Plüsch und andere Kinderartikel. Wo bei anderen Parteitagen Lobbygruppen Give-away-Tüten verteilen und Werbefilme der deutschen Wirtschaft über Großbildschirme flimmern, sind hier verschiedene Initiativengruppen und Merchandise-Händler untergebracht. Hier tummelt sich die Kuba-Initative „Cuba si“, die Mojitos und die unvermeidlichen Che-Guevera-T-Shirts zum Verkauf anbietet. Neben der Frauen Plattform „LISA“ hat sich der Geraer Sozialistische Dialog eingerichtet, der mit rund 20 Kilogramm fein beschriebenen Flugblättern angereist ist. Für die Traditionalisten bleibt jedoch keine Zeit den Stand zu betreiben, da das Verlangen nach Geschäftsordnungsanträgen zum Europawahlprogramm größer ist. Einen Stand weiter gibt es weitere Folklore-Artikel. Neben kostengünstigen Kufiyas (8 Euro) versorgt der gleiche Stand Interessenten passenderweise mit dem dazugehörigen ideologischen Rüstzeug aus Finkelsteins „Antisemitismus als politische Waffe“, Burg und Sands „Die Erfindung des Landes Israel“. Antiimperialismus wird hier nach wie vor großgeschrieben. Auch dies trifft nicht den Geist eines jeden Parteitagbesuchers.

„Eine sozialistische Esoterikmesse“, wie ein Genosse mit einem Augenzwinkern im Vorbeigehen sagt „Jede Meinung in dieser Halle schließt mindestens die von 90 Prozent der Anwesenden kategorisch aus“. Ganz so ist es nicht. Zwischen taz und der „Initiative Frauenkampftag 8. März“ ist auch das Deutschlandradio und die „ökologische Plattform“ angetreten, sich zu präsentieren. Die Linksjugend ihrerseits verteilt Buttergebäck das mit dem Schriftzug „Riots Not Diets“ verziert ist und bringt Rechtshilfetipps zum Aussageverweigerungsrecht unter das Volk.

Am Morgen hatte es einen Flashmob einer der „Queer“-Gruppen gegen den Stand der ehrwürdigen alten FDJ-Zeitung „junge welt“ gegeben. Grund war ein in den Augen der Aktivisten verharmlosender Artikel der putinschen Homosexuellenpolitik. Die „junge welt“ hatte auf die „unglücklichen Formulierungen“ eines ihrer Autoren bereits mit einem Artikel reagiert. Geholfen hat es wenig, geschadet hat es ebensowenig. Der Flashmob hatte sich vor Beginn des Parteitages wieder verflüchtigt. Lediglich ein Hamburger Genosse erscheint von Zeit zu Zeit mit einer Putin-Maske und nimmt sich ein paar Zeitungen aus der kostenlosen Auslage um sie zu verteilen.

Liebt es wenn ein Plan funktioniert: Gregor Gysi
Liebt es wenn ein Plan funktioniert: Gregor Gysi

Regierungsfähigkeit: Rechnung geht auf

So bleibt unter dem Strich neben der Zurschaustellung realsozialistischer Romantik ein vorerst errungener Erfolg für die Reformer innerhalb der Partei.

Der erste Parteitag, auf dem die westdeutschen Landesverbände, und mit ihnen große Teile der radikalen Strömungen, nicht über Satzungsproporz auf Augenhöhe mitentscheiden zeigt Eines: In Programm und Köpfen bewegt sich die Linke unausgesprochen aber merklich auf das Terrain der Regierungsfähigkeit. Eine Entwicklung, die die in Hamburg unterlegenen Gruppierungen und Landesverbände nur ungern hinnehmen werden.

Parteitag
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Sarah
Nicht nur das teure Essen (Nudeln für 8,50€) schlägt auf den Magen

Bilder und Text: Moritz Gerlach

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