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Kolumne - vogelfrei

Bei Blitzeis legt sich der Hipster auf den Bart

Unser Kolumnist Harald H. Haase mag auch im Winter Eis. Aber nur Milcheis mit Sahne. Blitzeis ist ihm ein Greuel. Trotzdem fand er die Schlitterpartie am zurückliegenden Wochenende alles andere als langweilig. Auch, weil er sich selbst nicht auf den Bart gelegt hat.

Von Harald H. Haase

Kuckuck Eimsbüttel!

Ja war denn schon Weihnachten? Schöne Bescherung für alle bescholtenen und unbescholtenen Eimsbütteler. Blitzeis ohne Donnergroll! Ausgerechnet der erste Samstagmorgen im jungen Jahr machte fatal Furore und von sich reden. Mit Glätte! Mit Nachhall! Plötzlich. Unerwartet. Nicht mal aus heiterem Himmel. Spiegelglatt wegen unverfrorener überfrierender Nässe.

Wer Schlittschuhe unterm Weihnachtsbaum hatte, war klar im Vorteil. Nur: Niemand denkt daran, die Schlittschuhe einzupacken, wenn er mal eben in Pantoffeln Brötchen kauft. Eine vertane Chance: Was wäre das für eine Gaudi auf Kufen die abschüssige Osterstraße gleich bis zur Bundesstraße runterzurasen. Nur mal kurz am Schulweg eine elegante Pirouette hinlegen, dass die aufspritzende Eisfontäne bis in den Designermöbelladen spritzt.

Guter Rutsch!

Nichts geschieht ohne Grund. Hatten doch viele zu Silvester dem ahnungslosen Gegenüber einen „guten Rutsch“ ins neue Jahr gewünscht. Etwa sinnfrei? Dieser zumeist fromme Wunsch war Samstag nicht Vater des Gedanken. Er war Befehl. Und ging für viele Verwünschte unerwünscht in Erfüllung. Reihenweise schlitterten, rutschten und eierten sie rund um die Osterstraße und den Heußweg in ihr Verderben. So, dass es ein Vergnügen war, nicht wegzusehen. Wen fällt´s als nächstes? Die Dame mit der Krokodil-Ledertasche in der Hand und den Nerz um den Hals? Die Adipöse, um die man sich keine Sorgen machen muss, weil sie gleich weich fällt? Den Hipster, der sich mit seinem Sechserpack Bio-Eiern mal richtig auf den Bart legen darf und danach Rührei machen muss?

Die Osterstraße gleicht einer riesigen Kegelbahn. Die Kegel fallen von alleine – ohne Kugel. Vor dem Eisgericht sind alle gleich. Wer Schuld auf sich geladen hat, muss Buße tun. Wäre da nicht die drohende Verletzungsgefahr, man hätte ohne Skrupel Wetten auf den nächsten Fallsüchtigen abschließen können. Beste Quoten bei den zahlreichen Sportwetten-Läden in der Nähe garantiert.

Haltlos in Eimsbüttel

Das Eis hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite, tarnte sich frühmorgens erst als Schnee und dann als unschuldiger Nieselregen und gefror. Nicht in den Adern – auf Straßen, Bürgersteigen und an Laternenpfählen. Wie eine geruchslose Lackschicht legte es sich über das Gitter am U-Bahn-Eingang Lutterothstraße, den Steg im Park am Weiher und den Fahrradständer vor Karstadt. Es sorgte für haltlose Fußgänger, Rad- und Autofahrer. Das Blitzeis schlich sich auf leisen Sohlen an und schlug im Westen Hamburgs zu – gerade auch in Eimsbüttel.

Ein Anthropologe hätte die gepeinigten Fußgänger an diesem Samstag in vier Kategorien unterteilt. Etwa die Hilflosen. Sie waren völlig überrascht und mit der Situation überfordert. Langsam und ängstlich setzten sie in den Seitenstraßen um den Stellinger Weg Füßchen vor Füßchen, hielten immer wieder an und inne und fragten sich fortwährend, in welchen Film sie da geraten sind. Die Klammernden suchten überall nach Halt. Am Gitter. Am Poller. Am parkenden Auto. Am Kinderwagen. Manchmal sogar am Arm der Begleitung oder an deren Taille. Nicht so die Mutigen. Sie gingen unbeirrt und festen Schrittes geradeaus. Ließen sich nichts anmerken, taten so als sei das alles das Normalste der Winterwelt. Sie kamen am besten durch, hätten so auch den Nordpol erobert. Die Draufgänger machten sich einen Spaß aus dem Blitzeis. Sie waren mit Schlittschuhtechnik unterwegs, glitten raumgreifend über den glatten Gehsteig in der Ottersbekallee. Immer wieder legten sie eine kontrollierte Schlitterpartie hin. Sehr oft waren die Draufgänger Kinder.

Vom Seitenfaller bis zum Rückenlander

Beim Fallen gab es verschiedenste Kunstfiguren und Techniken. Den Seitenfaller zum Beispiel. Ihm reisst es ein Bein weg, das einknickt, und er landet mit Schmackes auf einer Pobacke. Der Oberkörper ist beim Sturz leicht in der Hüfte abgewinkelt. Den Langhinschläger haut´s nach vorne. Er landet auf der Nase, ohne sich mit den Armen abzustützen. Höchst spektakulär und wohl auch sehr schmerzhaft. Die beste B-Note bekommt der Rückenlander. Ihm reisst es die Beine Weg, die parallel nach vorne in die Luft schleudern. Langgestreckt landet er wie ein Käfer auf dem Rücken. Wohl die verletzungsintensivste Disziplin.

Was hilft da? Sandalen-Verbot im Winter? Ganzjahresschuhe? Die Spikepflicht für Winterschuhe, die Schuhlobbyisten bereits vehement gefordert haben? Oder die Vorschrift, dass in jedem Rucksack ein Paar Schlittschuhe mitgeführt wird? Über Schneeketten für Kinderwagen ließe sich reden. Eispickel am Smartphone eines Pubertierenden wären zu frühreif.

Schönen Tag noch. Ich hab jetzt frei.

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