Das erste Mal
…ist immer aufregend. Besonders wenn es sich um das Benutzen eines Gassi-Beutels handelt, hat unsere Kolumnistin Susanne Gerlach festgestellt.
Von Susanne GerlachJahrelang habe ich mich gefragt, wie Hundebesitzer – ohne Ekel und jegliche Hemmungen – in die Hinterlassenschaften ihres Vierbeiners greifen können. Okay, sie haben einen Kackbeutel. Und sie würden eine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn sie es nicht täten. Aber trotzdem.
Das Geschäft ist noch warm und von unterschiedlicher Konsistenz – dennoch gibt es für die Halter kein Halten, beherzt in den frischen Hundehaufen zu langen. Unsere Hunde haben immer in den Wald gemacht. Und wenn doch mal ein Malheur im Garten passiert ist, hat mein Vater eine Schaufel genommen und den Haufen auf dem Misthaufen entsorgt. Aber direkt nach dem Abgang hineinfassen und beseitigen? – Niemals!
Hier ist er Hund – hier darf er’s sein
Lange Zeit war ich froh, dass mein Freund nebst Schäferhund-Dackel-Mischling Oskar ebenfalls auf dem Land wohnen. Zwischen Wiesen und Feldern in der Weite Schleswig-Holsteins hat er genau seine Ecken, wo er kacken darf (unterhalb des Stromkastens) und soll (Rasenstreifen neben dem Graben). Hier ist er Hund – hier darf er’s sein! Gassi-Beutel habe ich dort zur Sicherheit zwar auch dabei, musste sie aber nie einsetzen.
Nun hat mich Oskar in der Stadt besucht. Beim Spaziergang durch Eimsbüttel dauert es keine fünf Minuten, bis er, auf der Wiese vor der Apostelkirche, in die mir bekannte Kackhaltung geht. Mir wird ein bisschen flau, meine Hand umklammert in der Jackentasche den Gassi-Beutel.
Wärme durchflutet meine Hand
Der Hund ist fertig, Gott sei Dank eine feste Mine, doch das erste Mal kostet mich Überwindung: Ich streife den Beutel wie einen Handschuh über meine rechte Hand, gehe in die Hocke und greife zielsicher, aber mit zugekniffenen Augen und angehaltenem Atem, in den Kot.
Wärme durchflutet meine Hand und ich stülpe den Beutel nach außen, so dass ich die Errungenschaft unfallfrei aufnehmen und zum nächsten Mülleimer tragen kann. Oskar versteht nicht, warum es so lange dauert, und was ich da eigentlich mache. Als ich mich wieder aufrichte, recke ich stolz den zugeknoteten Beutel empor. Geht doch! Der Applaus bleibt aus, Oskar will jetzt wirklich weiter, und ich trage ihm stolz die Tüte wie ein kleines Handtäschchen hinterher. War gar nicht so schlimm.
Fazit: Wer seinen Hund liebt, der greift für ihn auch in die Scheiße. Ist irgendwie wie Windeln wechseln. Allerdings günstiger, denn die Gassi-Beutel gibt’s bei der Stadtreinigung und in einigen Drogerien kostenfrei. Im vergangenen Jahr wurden, bei rund 90.000 registrierten Hunden in Hamburg, 36,6 Millionen Kotbeutel ausgegeben. Wat’n Schiet!
In der neuen Kolumne „Tag Eims, tagaus“ schreibt Susanne Gerlach über die Dinge, die tagein, tagaus in ihrem Eimsbüttel passieren.