Neun-Euro-Blues
Das Wetter ist herausfordernd. Und auch das 9-Euro-Ticket bringt einen nicht weiter…
Von Susanne GerlachDie Luft steht, durch das permanente Durchlüften in meinem Homeoffice habe ich mir eine Sommererkältung zugezogen und schlafe nachts kurz. Kuschelige 25 Grad find ich okay, aber 30 Grad? Da bin ich nordish by nature! Natürlich haben die Temperaturen auch ihr Gutes: Balkonien vergrößert meine Wohnung um drei Quadratmeter und ich kann mich mit meiner Nachbarin über die Brüstung unterhalten.
Einfach so, quer über die Straße. Von Balkon zu Balkon. Das ist Eimsbüttel im Sommer! Alle sitzen draußen und haben Spaß. Die Klamotten und Berührungsängste fallen – temperaturmäßig sitzen wir alle in einem Boot. Und es gibt Ausweichmöglichkeiten: Zum Beispiel ein Spaziergang am Weiher (voll), das Kaifu-Bad (sehr voll) oder den nahegelegenen Volkspark (bei 30 Grad mit dem Fahrrad zu weit weg).
Neulich komme ich auf die abstruse Idee, mein 9-Euro-Ticket auszureizen: Mit der U-Bahn von der Osterstraße zum Schlump, dann die U3 zu den Landungsbrücken und mit der Fähre nach Övelgönne – lecker Fischbrötchen essen bei Nuggi’s Elbkate…
Bei den Landungsbrücken ist Schluss. Ein Wunder, dass diese, ob der Touristenmassen, nicht einstürzen. Aus Frust trinken meine Begleitung und ich vor Ort ein Bier (6 Euro) und essen ein aufgebackenes Fischbrötchen (6,50 Euro).
Kind und Kegel perlen an uns vorbei, und mir ist klar: Dieser Trip ist für die nächsten Wochen gestrichen. Heilfroh lande ich wieder zu Hause. Sommer in einer Neun-Euro-Weltstadt ist nicht ohne – aber machbar. Ich gehe auf einen Drink in die Kneipe nebenan, bade meine Füße im Feudeleimer, flachse mit meiner Nachbarin und warte auf das nächste Gewitter. Wer braucht die überfüllte Elbe, wenn er Eimsbüttel hat?
In der neuen Kolumne „Tag Eims, tagaus“ schreibt Susanne Gerlach über die Dinge, die tagein, tagaus in ihrem Eimsbüttel passieren.