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Birgit Rabisch im Café Strauss. Foto: Tim Eckhardt

Birgit Rabisch und der Zeitgeist

Wieviel Glück braucht man, wenn man aus den Themen Gentechnik und Identität einen Roman gestaltet? Birgit Rabisch erzählt in einem Interview warum ein Buch fast in der Schublade gelandet wäre.

Von Ghasal Falaki

Die Eimsbüttelerin Birgit Rabisch wurde in Hamburg geboren und begann schon früh mit dem Schreiben. In den 70er Jahren engagierte sie sich in der Frauen- und Friedensbewegung. Ihr Interesse für gesellschaftliche Themen wird aber auch in ihren Büchern deutlich. Der utopische Roman Duplik Jonas 7 wurde 1994 mit dem Umwelt-Literaturpreis Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Auch mit der Geschichte ihrer Großmutter beschäftigt sie sich, schafft Kontroversen, aber auch was zum Schmökern. Findet Birgit Rabisch ihre Romanfiguren etwa im Park am Weiher?

EN: Wie sind Sie eigentlich zum Schreiben gekommen?

Birgit Rabisch: Durch das Lesen. Ich habe schon immer gerne gelesen, von Kindheit an und habe dann so mit 14, 15 angefangen Gedichte zu schreiben. Ich habe dann zwar Germanistik studiert, aber das hat mich eher davon abgehalten.  Ich dachte mir: „All die großen Schriftsteller, da kommst du ja sowieso nie heran. Wieso wagst du überhaupt irgendwas zu schreiben?“ Dann bin ich in einer Frauenschreibgruppe gewesen, die nannte sich Literaturpost. Und da habe ich auch mein erstes Buch veröffentlicht. Wir haben zu den Gedichten, die jede geschrieben hat, Kommentare abgegeben. Das hieß dann die Jammerlürik. Auf der einen Seite die Gedichte und auf der anderen Seite die Kommentare der Schreibgruppe dazu. Das war mein Start.

EN: Am Anfang schrieben Sie also Gedichte und Kurzprosa. Wann kam die Idee einen Roman zu schreiben?

Birigit Rabisch: Das erste, was ich dann veröffentlicht habe, war ein Kriminalroman. Dafür habe ich einen kleinen Verlag gefunden.

EN: Wie lange sitzen Sie an einem Roman?

Birgit Rabisch: Das ist ganz unterschiedlich. Am längsten habe ich an meinem Roman Warten auf den Anruf gesessen. Das ist ein 600 Seiten Roman geworden, der auch sehr viel Recherche gebraucht hat. Da ging es um Chemiewaffen im ersten Weltkrieg, Atombombenbau, zweiter Weltkrieg und Stammzellenforschung heute. Das alles habe ich in die Familiengeschichte eingearbeitet. Da habe ich ein Jahr nur recherchiert und dann ungefähr zwei Jahre lang daran geschrieben.

EN: Wissenschaftliche Fakten in eine literarische Form zu bringen, ist auch anders als Belletristik.

Birgit Rabisch: Ich habe immer gerne Belletristik geschrieben, die aber immer auch einen wissenschaftlichen Hintergrund hatten, oder wo mindestens die Protagonistin Wissenschaftlerin war. Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Belletristik interessiert und motiviert mich.

EN: Wie kommt das?

Birgit Rabisch: Während der Schulzeit hat mich Naturwissenschaften überhaupt nicht interessiert. Ich bin auch in der 6. Klasse wegen Mathematik sitzen geblieben. Ich habe mich aber dann für meinen Roman Duplik Jonas 7 mit dem Thema Gentechnik beschäftigt. Da habe ich angefangen intensiv zu recherchieren. Das war ja dann auch der ersten Roman, wo ich mich mit diesem Thema Gentechnologie, Klonen von Menschen, Organtransplantation beschäftigt habe. Das habe ich versucht in eine spannende Story zu packen. 

EN: Das war ja nach der Geburt des ersten „Retortenbabys“ 1978 gewesen. Das hat Sie inspiriert?

Birgit Rabisch: Ja, das hat mich inspiriert, mich damit zu beschäftigen. Es hat mich die Frage beschäftigt, wie sich das auf die Gesellschaft auswirkt. Wie wirkt sich das auf unser Leben und auf unsere Gesellschaft aus? Was entwickelt sich da im ethischen Bereich? Ethische Fragen haben mich eigentlich immer interessiert. 

EN: Und Sie haben sich ja 2002 dazu entschieden sich nur dem Schreiben zu widmen. Vorher haben Sie als Dozentin an der Volkshochschule gearbeitet und während des Studiums als Altenpflegerin. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Birgit Rabisch: Das Schreiben hat immer mehr Zeit und Raum beansprucht. Ich hatte dann ja auch schon einige Veröffentlichungen und es war mir wichtig, mich darauf zu konzentrieren.

EN: Sie erwähnen in der Geschichte Blind Copy- Das bin nicht ich! den „üblichen Wahnsinn in den Nachrichten“. Empfinden Sie das auch so?

Birgit Rabisch: Ja, total, also wenn ich morgens die Nachrichten anschalte und es immer wieder dieselben Konflikte und Krisen gibt, und es wiederholt sich auch. Je älter man wird, umso mehr hat man das Gefühl, es ändert sich nichts. Es kommen immer wieder dieselben Probleme.

EN: Wie gehen Sie damit um?

Birgit Rabisch: Unterschiedlich. Mal versuche ich in einzelnen Punkten natürlich etwas zu tun. Indem ich bei Resolutionen oder Demos mitmache. Manchmal resigniere ich und denke, das bringt ja doch alles nichts.

EN: Sie sind bereits jahrelang politisch aktiv und engagiert. Sie waren in der Frauenbewegung, in der Friedensbewegung. Was treibt Sie an?

Birgit Rabisch: Ich möchte eigentlich, dass alle Menschen gut zusammenleben. Das sind natürlich nur Schlagworte: soziale Gerechtigkeit, Frieden, Gleichberechtigung und Anti-Diskriminierung. Das sind aber alles Punkte, die ich mir in einer Gesellschaft wünsche.

EN: Das Buch Duplik Jonas 7 kursiert bereits als Schulbuch. Wie ist das für Sie?

Birgit Rabisch: Meist wird es  in der 9., 10. Klasse gelesen. Das ist doch ein recht komplexes Buch, da müssen die Schüler schon etwas älter sein. Ich muss auch noch sagen, dass ich einfach Glück gehabt habe. Das Buch ist 1992 in so einem kleineren Jugendbuchverlag erschienen und 1996 ist ja das Klonschaf Dolly auf die Welt gekommen. In dem Jahr ist es als dtv-Taschenbuch rausgekommen. Und von da an war auf einmal riesiges Interesse da. Also manchmal muss so ein Buch auch in eine bestimmte Zeit rein.

EN: Da war auch ein bisschen Glück dabei.

Birgit Rabisch: Ja, vorher war es genau umgekehrt. Ich hatte das Manuskript 1986 schon fertig und hatte das allen Verlagen angeboten und die haben gesagt: „Nein, ein vollkommen abstruses Thema, Klonen von Menschen, so was wird es sowieso nie geben.“ Ich bin es nicht losgeworden, beinahe wäre es in der Schublade gelandet, wenn nicht dieser kleine Jugendbuchverlag gewesen wäre. Da war eine Lektorin, die hat gesagt, das finde ich gut, das wollen wir drucken.

EN: Dann waren Sie Ihrer Zeit voraus.

Birgit Rabisch: Ja, der Zeit voraus. (lacht)

EN: Welche Autoren haben Sie inspiriert?

Birgit Rabisch: Dostojewski ganz stark. Er ist immer noch mein Lieblingsautor. Der hat mich schon sehr früh inspiriert. Schon mit 15, 16 habe ich das erste Buch von ihm gelesen und seit dem war ich ihm verfallen (lacht). Sonst Kafka, sicherlich Günter Grass, aber auch Christa Wolf habe ich sehr gerne gelesen.

EN: In der LovelyBooks-Community diskutieren Sie online mit Ihren Lesern.

Birgit Rabisch:  Da kommt man als Autorin direkt in Kontakt mit dem Leser. Bei Lesungen ist ja meist nur ein recht kurzes Gespräch möglich. Online werden doch intensive Fragen gestellt, auf die man auch gut eingehen kann. Das finde ich toll.

EN: Wie lange wohnen Sie in Eimsbüttel?

Birgit Rabisch: Also, hier in Eimsbüttel in meiner Wohnung seit 33 Jahren. Es gefällt mir wunderbar. Ich habe auch so eine schöne Altbauwohnung, wo sie jetzt alle so heiß drauf sindDadurch, dass ich da schon so lange drin wohne, ist meine Miete auch sehr günstig.

EN: Und haben Sie einen Lieblingsort in Eimsbüttel?

Birgit Rabisch: Einen Lieblingsort? Also ich mache eigentlich täglich meinen Spaziergang und meine Lieblingsorte sind dann die Parks, also Wehbers Park, dann am Weiher und Kaifu-Ufer lang. Und sonst hier im Café Strauss bin ich gerne, Delhi, Mazza, das sind so die Lokale, in denen ich gerne bin.

EN: Was gefällt Ihnen an Eimsbüttel besonders gut?

Birgit Rabisch: Es immer noch sehr schön durchmischt. Also das hier unterschiedlichste Bevölkerungsschichten leben,  unterschiedliche Menschen: alte, junge, arme, reiche, alles gemischt. Das gefällt mir immer noch am Besten in Eimsbüttel.

EN: Vielen Dank für das Gespräch.

Aktuelle Werke sind „Blind Copy- Das bin nicht ich!“ und „Die vier Liebeszeiten„. Beide sind im November 2013 erschienen. 

Buchvorstellung des Romans „Die vier Liebeszeiten“ im Literaturhaus am 24.02.14

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