Die Wahrheit über Eimsbüttel
Am Donnerstagabend hat die etwas andere Stadtführung „Die Wahrheit über Eimsbüttel“ stattgefunden. Die Autoren Sven Amtsberg und Alexander Posch klärten die Besucher über die wahren Hintergründe des Stadtteils auf.
Von Nora HelblingEin Pulk von knapp 100 Leuten schiebt sich durch die Straßen Eimsbüttels. Vorneweg ein Mann mit grüner Jacke und einem unmissverständlichen Motto auf der Schirmmütze: „Ich bin Teil der Wahrheit“. Der Mann ist Sven Amtsberg, Schriftsteller und Reiseführer dieses besonderen Ausflugs durch den Stadtteil. Irgendwo ist auch sein Kollege Alexander Posch, der auf Krücken bei der laufintensiven Tour klar im Nachteil ist. Aber: „Inklusion“ lautet die Maxime der Veranstaltung, wie Amtsberg zu Beginn betont: „Bei jeder Führung wird ab jetzt ein behinderter Autor mitgenommen.“
Unterhaltsamer Quatsch und pointierte Anekdoten
Das sind die ersten Einführungsworte zu einem Rundgang, bei dem noch viel weiterer unterhaltsamer Quatsch erzählt wird. „Entertainment wird heruntergeschraubt, Wissen geht hoch, Langeweile geht auch hoch. Ein bisschen wie in der Uni“, erklärt Amtsberg weiter. „Wir gehen jetzt zu Lüders und jeder nimmt sich ein Buch über Eimsbüttel, und wir lesen etwa fünf Stunden.“ Die Menge kichert, folgt den Autoren über die Straße und sieht sich etwas verdutzt tatsächlich in die Buchhandlung geführt. Eng sortiert zwischen Bücherregalen bekommen die Besucher die erste literarische Kostprobe des Abends von Alexander Posch zu hören: Über den nasenlosen Eimsbütteler Adamo, 1948 geboren, dessen tragisches Leben in der Buchhandlung Lüders seinen Lauf nimmt.
Neue Bilder für bekannte Details
Das ist das Konzept der Stadtführung. An kaum bemerkten Details auf der Straße und in unscheinbaren Hinterhöfen lassen die Autoren mit ihren Texten amüsante Bilder entstehen. Das Graffiti (oder besser: „Gemälde“) an der Wand des Cafés Maybach erzählt beispielsweise von einer Zeit in Eimsbüttel, als Tier und Mensch noch auf einer Stufe standen und die Eimsbütteler noch einen draufmachten mit den „Sauffischen“, oder Nähe suchten bei den „Umarmschildkröten“. Im Gegensatz zu heute, stellt Amtsberg fest, wo „ein Hund nur noch so viel Wert ist wie eine Zucchini – oder ein Radicchio.“ Oder das bekannte Eimsbütteler Schlüsselfest, bei dem die Eimsbütteler nur mit einem Jutebeutel bekleidet um eine schlüsselähnliche Skulptur in der Telemannstraße tanzen und einen hessisch anmutenden Reim aufsagen.
Was macht ihr alle hier?
Amtsberg und Posch schaffen es, die Stimmung während des 90-minütigen Rundgangs immer heiterer werden zu lassen. Viele im Publikum sind nicht zum ersten Mal dabei, es herrscht eine fast schon vertraute Stimmung. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sich das Publikum zu einer großen Wurmeinheit formiert hat, die sich in der Dunkelheit durch Eimsbüttels Straßen bewegt. Auch von außen scheint das unterhaltsam zu sein. Anwohner schauen von Balkonen, bleiben auf der Straße stehen und fragen des Öfteren etwas zaghaft nach: „Was macht ihr alle hier?“
Am Schluss greift Amtsberg noch einmal in die erdichteten Vollen: „No Eimsbüttel, no World“, erfährt der Stadtrundgänger nun. Denn die wichtigen Kulturgüter dieser Welt, sie alle sind aus dem Ideenpool Eimsbütteler Köpfe geklaut. Die Eimsbütteler selbst wollen ihr Geld aber nicht für gewaltige Bauten verprassen. Sie geben es lieber für was anderes aus. Gesagt getan, und so findet die Tour ihr endgültiges Ende bei einem Bier in der nächsten Gaststätte.
„Die Wahrheit über…“ ist eine Stadtführungs-Entertainment-Reihe von Sven Amtsberg, die jedes Mal in andere Stadtteile und Orte in Hamburg führt. Mehr Infos finden sich hier.