Finni – ein Wal in Eimsbüttel
Das Centrum für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg hat ein internationales Forschungsprojekt gestartet, das Auswirkungen des Menschen auf Meeressäugetiere erforscht. Das Skelett des Eimsbütteler Finnwals „Finni“ spielt dabei eine zentrale Rolle.
Von Niklas RademacherAm 1. April ist das Projekt am CeNak gestartet. Die Forschungsmethode der Wissenschaftler: die sogenannte „Life History“. Der Forschungszweig zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Forschungen auf das Individuum und dessen Lebensgeschichte konzentrieren. Aus den gewonnenen Daten der Lebensgeschichte lässt sich wiederum auf die Lebensumstände schließen, die Auskunft über die Umwelt geben.
Volkswagen unterstützt die Forscher mit einem Stiftungsgeld in Höhe von rund 400.000 Euro. Für das dreijährige Forschungsprojekt schließt sich das CeNak mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover, den Universitäten Kiel und Hildesheim sowie mit Museen in Dänemark und Schweden zusammen. Ziel der Untersuchungen ist es, die Wirkung des Menschen seit der industriellen Revolution vor ungefähr 200 Jahren, auf Meeressäugetiere zu erforschen. Von der erstmaligen Nutzung der Museums-Sammlungen erhoffen sich die Forscher einen Überblick über die Gesundheitszustände der Tiere in der Vergangenheit zu erhalten.
Finni ist weltweit einzigartig
Eines der wichtigsten Untersuchungsobjekte des Forschungsprojekts ist das Finnwalskelett, das den Namen Finni trägt. Der Finnwal ist für die Forschung interessant, weil er zu Lebzeiten eine Kollision mit einem Schiff überstanden hat und schwer verletzt überlebte. Bei dem Zusammenstoß zog sich der Wal Brüche am Schulterblatt, Wirbeln und den Rippen zu. Es wird vermutet, dass der harpunierte Wal schon einige Jahrzehnte alt war als er erlegt wurde. „Verletzungen durch Schiffsschrauben gehören heutzutage zu den häufigsten Todesursachen von Walen“, sagt Thomas Kaiser, Leiter der Abteilung Säugetiere und Paläoanthropologie des CeNaks. Neben dem Finnwalskelett werden auch Seehund-, Robben und Schweinswal-Knochen sowie Organsysteme und Parasiten aus Museumssammlungen untersucht.
Das CeNak ist unter anderem auf die Analyse von Zähnen spezialisiert: „Anhand des Museumsmaterials sind wir in der Lage zu rekonstruieren, wie sich die Nahrungsgrundlage über die Zeit verändert hat. Das ist eine der Stärken unserer Forschungssammlung. Wir haben Material, das über längere Zeiträume gesammelt wurde“, sagt Kaiser. Einige der Museumsobjekte sind bis zu 300 Jahre alt. Die Informationen der Zähne verstecken sich in kleinen Kratzern, die sich durch die Nahrungsaufnahme bilden. Je nach Nahrung unterscheiden sich diese, wodurch die Forscher genaue Rückschlüsse über das Essverhalten erlangen.
Informationen aus den Knochen
Neben der Analyse von Zähnen werden ebenfalls die Knochen der Meeresbewohner untersucht. An der Isotopenzusammensetzung eines Knochens, werden die Forscher Erkenntnisse über die Nahrung, das Gewässer und die Position in der Nahrungskette erhalten. Da außerdem die DNA von Viren und Parasiten im Knochen gespeichert wird, werden die Forscher in der Lage sein, Gesundheitsprobleme abzulesen.
Der Fokus der Forschung liegt auf der Verschmutzung der Meere durch chemische und pharmazeutische Substanzen, Plastik und Nanopartikel. Darüber hinaus nehmen Faktoren wie der Schiffslärm oder auch der Klimawandel Einfluss auf den Lebensraum und somit auf das Immunsystem und Stresslevel der Tiere. Die Wissenschaftler wollen Erkenntnisse über die Veränderungen der Knochendichte, der Giftstoffbelastung und über die Übertragung von Krankheiten durch Meeressäugetiere auf Menschen gewinnen.
Ebenfalls im CeNak zu bewundern, ist ein Meeres-Zweihorn.
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