Katar-Boykott? So reagieren Eimsbütteler Kneipen auf die anstehende WM
Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Queerfeindlichkeit – Themen, die in Verbindung mit der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar aufkommen. Mehrere Eimsbütteler Bars und Kneipen haben sich deswegen entschieden, die WM nicht zu übertragen.
Von Kristin GebhardtAm Sonntag beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Bereits im Vorfeld hat das Sportevent für Diskussionen und Protest gesorgt. Wegen Todesfällen beim Stadionbau, Korruptionsvorwürfen und homophoben Aussagen des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman. Kurz vor dem Beginn der WM stellt sich vielen die Frage: Gucken oder boykottieren? Das sagen die Eimsbütteler Bars und Kneipen dazu.
In Hamburg wird es nach Angaben des Senats keine Public-Viewing-Veranstaltungen geben. Auch für einige Bars und Kneipen steht fest: Die Live-Übertragungen der WM-Spiele fallen dieses Jahr aus.
Eimsbütteler stimmen dem Boykott zu
Es ist furchtbar, was in Katar passiert ist, sagt John-Erik Schierhorn, Geschäftsführer des Schrödingers. Er wird die Spiele in seiner Bar in der Schröderstiftallee nicht zeigen. Schierhorn und sein Team wollen nicht unterstützen, dass die WM in einem Land stattfindet, das die Grundrechte missachtet. „Wir werden es ignorieren und im Herzen hassen“, so Schierhorn.
Das Baradona ist eine der bekanntesten Kneipen in Eimsbüttel, wenn es um die Übertragung von WM-Spielen geht. „Schon immer“ hätten sie die Weltmeisterschaft übertragen, sagt Inhaber Corrado De Ponte im Gespräch mit den Eimsbütteler Nachrichten. Dieses Jahr wird er kein einziges Spiel zeigen. Die Entscheidung zum Boykott hätte er lange im Voraus getroffen. Er will keine WM unterstützen, bei der immer wieder Korruptionsvorwürfe aufkommen. De Ponte erzählt, seine Kunden unterstützen die Entscheidung. Auch wenn der Boykott Einbußen verursacht, der Inhaber will „keinen Cent durch diesen Fußball“ verdienen.
Alternativprogramm zur WM
Der Inhaber der Mathilde-Bars, Thomas Nast, stellt klar: „Wir boykottieren!“ Um während der WM trotzdem Kunden in seine Bars zu locken, hat er ein „Gegenprogramm“ auf die Beine gestellt. Dadurch will er mehr Menschen zum Boykott motivieren. Für den 1. Dezember hat Nast ein Konzert organisiert, das zeitgleich zum Spiel „Deutschland gegen Costa Rica“ in seiner Bar in der Bogenstraße stattfinden wird.
Nast will damit ein Zeichen setzen – unter anderem für die vielen Menschen, die in Katar unter den fehlenden Menschenrechten leiden und verstorben sind. Außerdem will er kein Land unterstützen, dass die queere Community unterdrückt. Aus diesem Grund wird er zehn Prozent der Umsätze, die er während der Deutschlandspiele erwirtschaftet, an das Aktionsbündnis gegen Homophobie und Sexismus des FC St. Pauli spenden.
#BoycottQatar2022
In den sozialen Netzwerken machen sich verschiedene Bars in Hamburg für den WM-Boykott stark. Die Pony Bar im Grindelviertel stellte auf Facebook klar: Für „Queerfeindlichkeit und fehlende Menschenrechte“ sei in der Pony Bar kein Platz. Man habe sich entschieden, die Spiele nicht zu übertragen.
Die Urknall-Bar in der Sartoriusstraße schließt sich dem TV-Boykott an. Inhaber Haiko Lux hat sich allerdings gegen ein Alternativprogramm entschieden. So eine Aktion würde die WM nur unverdient aufwerten, findet der Kneipen-Chef.
Die Kneipe Amanda66 verzichtet auf WM-Übertragungen. Allerdings liege das mehr am Konzept der Bar in der Amandastraße als an politischen Gründen. Die Bar versteht sich als Cocktailbar und Zuhause für Frankfurt- und St. Pauli-Fans und würde deshalb weiterhin nur diese Spiele übertragen, sagt Inhaber Andreas Siebert.
Gastronomen im Zwiespalt
Ob im Fasan der Ball auf der Leinwand rollen wird oder nicht, steht noch nicht fest. Geschäftsführer Mathias Kiesler kritisiert, dass die Entscheidung für oder gegen die WM den Gastronomen aufgebürdet wird. Die Leute seien alt genug, um selbst zu entscheiden, ob sie die Spiele schauen oder nicht.
In seinem Team hätte es rege Diskussionen gegeben, bisher aber noch ohne Ergebnis. Wenn man jetzt die WM in Katar aufgrund der Politik vor Ort boykottiere, hätte man auch die Olympischen Spiele in China boykottieren müssen, sagt Kiesler. Außerdem: „Wir verdienen nun mal unser Geld damit.“
„Wer nicht gucken will, muss nicht“
Im Café Strauss steht die Entscheidung: Die Deutschlandspiele werden übertragen. Fußballspieler könnten nichts für die Umstände, unter denen sie spielen müssen, sagen die Geschäftsführer. Man sollte vielmehr die Fifa kritisieren.
Auch im Maybach finden Übertragungen statt. Die Deutschlandspiele werden auf der großen Leinwand gezeigt, alle anderen wie gewöhnlich auf dem Bildschirm. Diskussionen über die Entscheidung hätte es im Team zwar gegeben, sagt Christian Möhlenhof, Inhaber des Restaurants, doch wer nicht gucken wolle, der müsse ja nicht.
Die Fußball-Weltmeisterschaft startet am Sonntag. Wann spielt Deutschland? Wo werden die Partien übertragen? Fragen, die wir bei früheren Turnieren beantwortet haben. Dieses Mal nicht. Über die Gründe und welche Veranstaltungen es stattdessen in Eimsbüttel gibt.