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„Der Verkehr darf nicht schneller werden“

Kersten Artus gehört zu den Gründungsmitgliedern der Linken in Eimsbüttel und findet das Projekt „Die Linke“ bis heute hochspannend. Sie ist Redakteurin und muss, um Politik und Beruf zu vereinbaren, auf beiden Seiten Abstriche machen. Sie kandidiert im Wahlkreis 5 Rotherbaum/Harvestehude/Eimsbüttel-Ost. Unseren Fragenkatalog beantwortet sie uns im Café Estrella in der Weidenallee.

Von Lena Schnüpke

Eimsbütteler Nachrichten: Welche Eimsbütteler Themen wollen Sie in die Bürgerschaft einbringen?

Kersten Artus: Ich bin ja seit sieben Jahren in der Bürgerschaft und die Themen, die Eimsbüttel betreffen, betreffen immer auch ganz Hamburg. Für mich ist Eimsbüttel ein Querschnitt von Hamburg, hier findet man sowohl von der Sozialstruktur als auch von den sozialpolitischen Themen, Verkehr und Wohnen die Themen, die ganz Hamburg interessieren. Deswegen ist es gar nicht so speziell, was Eimsbüttel in der Bürgerschaft ausmacht. Und wenn jetzt speziell für Eimsbüttel etwas thematisiert wird, wie zum Beispiel die A7, dann ist das natürlich ein Thema, für das ich zwar jetzt nicht fachpolitisch zuständig bin, weil ich nicht Verkehrspolitik mache, aber wo ich dann schon besondere Aufmerksamkeit darauf lege. Gerade Wohnungsbau ist vielleicht nochmal spannend. Miete und die Lenzsiedlung, die habe ich immer vor meinem geistigen Auge wenn wir über Wohnungsbau in der Bürgerschaft reden. Da fallen viele Wohnungen aus der Sozialbindung raus und das ist für Eimsbüttel ganz schrecklich und für die Lenzsiedlung insbesondere.

Eimsbütteler Nachrichten: Wie wollen Sie den weiteren Anstieg der Mietpreise in Eimsbüttel stoppen?

Kersten Artus: Wir finden die gesetzlichen Regelungen, die dazu geschaffen wurden, nicht ausreichend. Wir finden, die Mieten müssen gedeckelt werden, vor allem von der SAGA. Da hat der Senat ja ein Teilzugeständnis gemacht, aber es ist überhaupt nicht ausreichend. Das größte Problem ist, dass es zu wenig günstigen Mietraum gibt. Hier ist das Wohnungsbauprogramm in Teilen verfehlt, das haben wir die letzen vier Jahre umfassend kritisiert. Die Wohnungsbaupolitik ist ein Schwerpunkt der Fraktion Die Linke gewesen und das werden wir auch weiterhin machen. Es kann nicht sein, dass überwiegend Wohnungen um die 100 Quadratmeter gebaut werden, die dann auch entsprechend teuer sind. Wir haben zu wenig Wohnraum für Singles und insbesondere auch für ältere Menschen, die mit so großen Wohnungen gar nichts anfangen können. Unsere Forderung ist, dass der Wohnungsbau angemessen für die Hamburger Bevölkerung sein muss, das bedeutet für die Älteren und die Singles vor allem kleine und günstige Wohnungen. Hier wird den Immobilienhaien viel zu viel Raum gelassen, schnelle Profite zu realisieren. Dass der Wohnungsmarkt privatisiert ist, nimmt ja auch dem Senat Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand, insofern hat er selber nur begrenzt Möglichkeiten und das würden wir, wenn wir könnten, auch ändern. Aber das ist ja nichts jetzt schnell, konkret für die Bürgerschaft. Die Mietpreisbremse und auch die soziale Erhaltungsordnung sind Schritte in die richtige Richtung, aber überhaupt nicht ausreichend. Es betrifft ja nicht alle Wohnungen, es sind also nur halbe Lösungen.

Eimsbütteler Nachrichten: Welche verkehrspolitischen Maßnahmen halten Sie für Eimsbüttel für sinnvoll?

Kersten Artus: Tempo 30 steht ganz vorne an. Der Verkehr ist einfach viel zu schnell und durch die Schnelligkeit entstehen eben unglaublich viele Gefahren und natürlich auch viel Dreck. Autos müssen nicht so schnell fahren. Wir sehen den Ausbau des öffentlichen Personalverkehrs, das ist wieder kein spezifisches Eimsbütteler Thema, und wir sind für die Stadtbahn. Das müsste man sich natürlich genau anschauen, wie Eimsbüttel davon profitieren würde. Was ich gerade gestern bei einem Seniorennachmittag gehört habe, ist, dass die Fußwege häufig nicht in einem guten Zustand sind. Gerade die Menschen mit Rollatoren stolpern. Da müsste man sich in Eimsbüttel mal genauer anschauen, wo die Fußwege nicht in Ordnung sind und wo schnell etwas gemacht werden muss. Das sind vielleicht eher bezirkliche Themen, die wir mal angehen sollten, aber das habe ich mir erst gestern so überlegt. Die Gelder sind ja da. Hamburg hat unglaubliche Überschüsse durch Steuermehreinnahmen. Diese 400 Millionen Euro könnte man zum Teil sicherlich in so etwas investieren. Wir haben aber auch die Erhöhung der Grundsteuer vorgeschlagen, wodurch auch noch mal mehr Einnahmen in die Stadt kommen würden. Und das eine oder andere Projekt müsste man ja nicht weiterführen, wie zum Beispiel das Polizeiorchester, das wir für völlig überflüssig halten. Da könnte man schon den Betrag nehmen und sagen, das setzen wir jetzt für ein konkretes Projekt ein, zum Beispiel Sanierung der Fußwege. Von der Busbeschleunigung halte ich nicht mehr viel. Natürlich sind Umbauten immer nervig, das hat viele gestört. Dann muss man sich anschauen, wie es danach aussieht und es hat sich nicht viel verbessert. Es ist ja häufig auch als völlig schwachsinnig empfunden worden und das zu Recht. Da hat sich nicht viel beschleunigt. Es ist ein Verkehrsbeschleunigungsprogramm und das ist genau das, was Die Linke nicht will. Wir wollen nicht, dass der Verkehr noch schneller wird in Hamburg.

Eimsbütteler Nachrichten: Was wollen Sie dafür tun, dass Flüchtlingsunterkünfte in der Nachbarschaft auf mehr Akzeptanz stoßen?

Kersten Artus: Ich finde, gar nicht viel mehr als jetzt schon passiert. Was die Nachbarn in Eimsbüttel gezeigt haben, wie solidarisch sie sind im Umgang mit Flüchtlingen, das ist wirklich das, was man sich als Politiker nur wünschen kann. Dass man nämlich nicht sagen muss: Macht das mal so und so, sondern dass das Engagement da ist, den Menschen zu helfen, die in ganz großer Not sind. Und was die Widersprüche angeht bin ich, wie die SPD, ganz zuversichtlich, dass das später im Hauptsachverfahren wieder aufgehoben wird. Da steht das Baurecht eben entgegen. Insofern finde ich es richtig, was da stattfindet, dass wir an allen Orten suchen und gucken. Ich würde allerdings noch einen Schritt weitergehen und mir ganz gezielt den Leerstand in den Bürohäusern anschauen und da mit sanfter Beharrlichkeit, aber auch Druck auf die Eigentümer einwirken, dass man diese Gebäude zu Wohnungen umbaut. Da könnte man sogar an einen Solidarpakt denken, dass dieser Büroleerstand aufgehoben wird und dafür eben vernünftige Unterkünfte geschaffen werden, die ja auch normaler Wohnraum werden können. Und jetzt eben für die Flüchtlinge Zuflucht bieten, die ja vielleicht irgendwann auch nicht mehr da sind, was ich aber bezweifle, da die Kriege auf der Welt  ja eher zunehmen. Ich finde, die Sorgen, die da hochkommen, sind irrational und auch sehr egoistisch. Wer wirklich die Sorge hat, dass eine Unterkunft, wo Menschen aus Syrien oder anderen Ländern untergebracht werden, für die eigene Immobilie wertmindernd ist, der hat ja ein ganz anderes Problem. Dem kann ich auch mit einem Infoabend seine sogenannten Sorgen nicht nehmen. Den muss ich höchstens mal daran erinnern, was die Gesellschaft solidarisch für ihn geleistet hat. Aber ich finde, da wird eigentlich ganz gut mit umgegangen. Also diese Menschen auch zu isolieren, dagegen an zu argumentieren. Man wird immer Leute haben, die – aus welchen Gründen auch immer – sagen „Das will ich nicht, das passt mir nicht“. Da hat man natürlich nur die Kraft der Argumente und im Zweifel die Kraft des Gesetzes, wenn’s dann an die rechtlichen Möglichkeiten geht.

Eimsbütteler Nachrichten: Was halten Sie von Guerilla-Gardening?

Kersten Artus: Das war natürlich ein Witz, dass das Bezirksamt da diese eine Ecke abgeräumt hat. Ich lebe ja selber in einem Viertel, in dem auch Menschen ihre kleinen Ecken auf der Straße bepflanzen und pflegen und das ist doch in Ordnung. Ich wüsste nicht, warum sich irgendein Beamter da hinstellen sollte und sagt, das geht jetzt nicht. Ich finde das so absurd. Deswegen ist es für mich eigentlich gar nicht der Rede wert. Es ist unser Wohnraum und wir wollen ihn nutzen und gestalten und da ist jeder Zeigefinger völlig fehl am Platz.

Eimsbütteler Nachrichten: Wie stellen Sie sich die Universität Hamburg im Jahr 2020 vor?

Kersten Artus: Hoffentlich ist sie dann kein Sanierungsfall mehr und die Gebäude alle so ausgestattet, dass die Menschen darin studieren können. Es sind genügend Plätze, sie ist auf der Höhe der Zeit. Das Studium ist erfolgsversprechend, sie hält alle Möglichkeiten bereit. Man muss schauen, dass man keine Studiengänge schließt. Zum Beispiel dieser Türkisch-Studiengang, der geschlossen wurde, das geht gar nicht. Dagegen haben wir auch protestiert. Vielleicht muss man sich auch noch einmal mit den Möglichkeiten für die Menschen, die auf dem zweiten Bildungsweg studieren, befassen. Ich hoffe, dass es dann ausreicht. Dass sie auskömmlich finanziert ist. Ich weiß von unserer hochschulpolitischen Sprecherin, dass sie nicht auskömmlich finanziert ist. Es darf keine Kürzungen im Hochschulbereich geben und es muss entsprechend Geld reingesteckt werden. Ich finde es gut, dass die Studiengebühren weg sind, das muss so bleiben, es darf auf keinen Fall eine Umkehr geben. Das war eine richtige Maßnahme, da ist eines unserer Wahlversprechen von der SPD erfüllt worden, das ist gut. Für mich ist die Universität kein Eimsbütteler Thema, nur weil sie hier steht. Aber natürlich finde ich es gut, dass sie nicht verlegt wurde, die Uni gehört zu Eimsbüttel. Um die Uni herum ist das Viertel gewachsen und deswegen ist es richtig, dass sie hier ist. Ich möchte auf jeden Fall, dass die Uni hier bleibt. Das ganze Klima und das ganze Flair machen Eimsbüttel-Süd natürlich auch mit aus.

In unserer Interview-Serie zur Bürgerschaftswahl sprechen wir mit den Spitzenkandidaten der zur Wahl stehenden Parteien in den Eimsbütteler Wahlkreisen. Stelle selbst Fragen über abgeordnetenwatch oder fühle Deinem Kandidaten über Kandidatencheck weiter auf den Zahn. Unser FAQ zur Bürgerschaftswahl findest du hier.

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