
Henry Town: Eine Schule wird zur Stadt
In der Kinderstadt „Henry Town“ konnten Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren spielerisch erleben, was es heißt in einer selbstorganisierten Stadt zu leben.
Von Max GilbertArbeiten gehen, Geld verdienen, Steuern zahlen – Dinge mit denen Kinder normalerweise nicht konfrontiert werden. Knapp 200 Kinder, die über Himmelfahrt in der Kinderstadt „Henry Town“ lebten, konnten nun erste Erfahrungen damit sammeln. Die 7- bis 12-jährigen Kinder in „Henry Town“ lebten vier Tage lang in einer selbstverwalteten Stadt auf dem Gelände des Corvey-Gymnasiums in Lokstedt.
Das Leben in „Henry Town“
In der Kinderstadt gibt es alle wichtigen Institutionen, die es in einer echten Stadt auch gibt: Vom Finanzamt und der Bank über den selbstgewählten Bürgermeister bis hin zum Tattoo-Studio oder der Lokalzeitung. Die Kinder arbeiten, zahlen Steuern und stimmen demokratisch über das Abendprogramm ab.
Kinderstadt Henry Town: Eine Woche lang Demokratie für Kinder




Bei der Bank können die Kinder ihren Gehaltsscheck einlösen und erhalten dann ihren Lohn in der eigenen Währung „Henry“. Mit dem erarbeiteten Geld bezahlen die Kids ihre Miete, können Süßigkeiten kaufen oder sich ein Lied im Radio wünschen. Alles, wie im echten Leben. Es gibt sogar ein eigenes Meinungsforschungsinstitut, dessen Ergebnisse die Organisatoren für Feedback nutzen.
In „Henry Town“ gibt es zwei feste Arbeitsschichten: Vormittags von 10 bis 12 Uhr und nach der zweistündigen Mittagspause noch einmal drei Stunden. Beim Arbeitsamt können sich die Kinder, wenn sie früh genug dran sind, einen Job aussuchen, ansonsten wird ihnen einer zugeteilt. Wer keinen Job bekommt, der muss sich arbeitslos melden.
Das sagen die Bewohner von „Henry Town“
Einer der heutigen Radiomoderatoren ist Vincent. In der Radiostation wird den ganzen Tag über Musik gespielt sowie wichtige Informationen an die Kinder durchgegeben. Dem 11-Jährigen macht es viel Spaß mit Musik zu arbeiten, daher freut er sich sehr diesen Job heute bekommen zu haben. „Die Durchsagen machen besonders viel Spaß“, sagt Vincent, nachdem er die Kinder über das Mikrofon gebeten hat aufgrund der Mittagssonne eine Kappe aufzuziehen. Am Nachmittag möchte er am liebsten zur Zeitung. Ihm gefällt es in Henry Town „super gut“.
Ein Jahr dauern die Vorbereitungen des Roten Kreuzes
Henry Town wurde im Jahr 2002 von Claudia Kalina, der Landesreferentin des Jugendrotkreuz, ins Leben gerufen. Nach dem Vorbild anderer bereits bestehender Kinderstädte wollte Sie jedoch, dass die Kinder über den gesamten Zeitraum in der Stadt wohnen, also auch vor Ort schlafen. Dieses Jahr findet Henry Town bereits zum fünften Mal statt. Mit der diesjährigen Kinderstadt ist Kalina hochzufrieden:
„Es ist wirklich ganz toll, es herrscht eine gute Stimmung und alle machen engagiert mit. Der Organisationsaufwand ist riesig. Wir fangen etwa ein Jahr vorher mit den Vorbereitungen an.“
Etwa 150 freiwillige Helfer vom Deutschen Roten Kreuz und dem Jugendrotkreuz arbeiten an dem Projekt mit.
„Gerne selbst mitgemacht“
Jana (22) und Helene (19) unterstützen Henry Town als Betreuer. Helene, die momentan ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Deutschen Roten Kreuz macht, betreut das Rahmenprogramm und kümmert sich rund um die Uhr um die Kinder. Sie ist positiv überrascht, wie viel Spaß ihr die Arbeit in der Kinderstadt macht. „Es ist echt ein gutes Projekt“, sagt sie. „Ich hätte gerne selbst mitgemacht.“ Jana betreut die Kinder während der Arbeitszeit in der städtischen Bäckerei. Dies sei anstrengend, aber Spaß mache es trotzdem.
Der diesjährige Fokus des Programms liegt auf dem Thema „Gemeinschaft“. Der Name „Henry Town“ leitet sich übrigens vom Roten-Kreuz Gründer Henry Dunant ab.