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Foto: Sophie Müller
Magazin #20

Tiny Houses und Stadt – passt das zusammen?

Wohnen im Kleinformat – Tiny Houses sind im Trend. Können die Häuser auch im dichten Eimsbüttel Lösung für Platzprobleme sein?

Von Marianne Bruhns

Zwei Schritte von der Küche ins Wohnzimmer. Direkt daneben: das Badezimmer. Eine Leiter mit vier Sprossen führt zum „Schlafzimmer” – einer Hochebene mit Matratze. In einem Tiny House sind weite Wege fremd.

Kein Platz für das Minihaus?

Weniger als 37 Quadratmeter, bezahlbar und nah bei der Natur. Die kleinen Häuser könnten genau das Richtige sein für Eimsbüttel, wo Wohnraum knapp und teuer ist, dafür aber von den vielen Singles oft allein genutzt wird. Doch wo sollte das Minihaus Platz finden? Auf den wenigen freien Grundstücken entstehen meist Sozialbauten, so Kay Becker, Pressesprecher des Bezirksamts Eimsbüttel.

Effiziente Raumnutzung ist das Stichwort. Deshalb geht der Trend in Eimsbüttel zum Geschosswohnungsbau mit kleinen Wohnungen – auch eine Art Tiny House, allerdings gestapelt. „Einzeln stehende Tiny Houses gibt es in Eimsbüttel nicht”, so Becker. Flächenknappheit und Grundstückspreise machten sie im dichten Bezirk „nur im absoluten Ausnahmefall” möglich.

Foto: Sophie Müller

Interesse an den kleinen Häusern besteht aber durchaus. Doch wenn Flächen im Bezirk angefragt werden, sind es meist Parks oder Spielplätze – im öffentlichen Raum ist Wohnen aber nicht erlaubt. Zudem wollen Interessenten immer wieder Baulücken über unterirdischen Flussläufen mit Tiny Houses besiedeln. Wie etwa über der Ottersbek in der Tresckow- oder Bismarckstraße. Das verbietet das Baurecht: Es sind nur vermeintliche Baulücken.

Günstiger Wohnraum oder Wochenendminimalismus?

Selbst Sophie Müller sieht in Tiny Houses nicht die Lösung für städtische Wohnprobleme. Dabei vermietet die Eimsbüttelerin unter dem Motto „Erlebe den Minimalismus” selbst welche an Urlauber: in Delve an der Eider, anderthalb Autostunden von Hamburg entfernt, in Schleswig und in Sachsen.

Die Unternehmerin ist begeistert von den Minihäusern. Sie sieht sich als Nomadin, die ungern sesshaft wird, deshalb ihr Tiny House zur Not auch mal mitnehmen kann, wenn sie aufbrechen will. Das Tiny House in Delve ist ein Original, von ihr selbst konzipiert. Ein Jahr hat sie dafür gebraucht. Die anderen beiden vermietet sie im Auftrag ihrer Eigentümer.

Foto: Sophie Müller

Das Konzept an sich ist gefragt, bei Gästen wie Investoren – zwei weitere Tiny Houses sind in Planung. Ihre Kunden sind meist gut situierte Kurzurlauber, die aus der Stadt aufs Land fliehen wollen, die Ruhe und Nähe zur Natur schätzen, aber oft nur zwei bis drei Tage bleiben. Viele davon leben nachhaltig und wollen den minimalistischen Lebensstil kennenlernen, ohne sich ihm direkt zu verpflichten. Deswegen heißt Sophie Müllers Unternehmen Tiny Escape.

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Tiny Houses

Das alternative Wohnkonzept stammt ursprünglich aus den USA, hat aber auch hierzulande zahlreiche Anhänger gefunden. Besonders junge Menschen sehen in den Minihäusern die Möglichkeit, einen minimalistischen Lebensstil zu pflegen. Was genau ein Tiny House ist, ist nicht abschließend definiert. Meist handelt es sich aber um 10 bis 37 Quadratmeter große Häuser ohne festes Fundament – mal mit und mal ohne Räder.

Standort ist größtes Problem

Im Gegensatz zur Stadt sind die Flächen auf dem Land weit weniger dicht besiedelt. Trotzdem gestaltet sich die Stellplatzsuche ähnlich schwierig. „Ein Tiny House kannst du da hinstellen, wo du mit einem Haus nicht hinkommst”, heißt es oft. Doch Sophie Müller musste feststellen, dass das nur in der Theorie zutrifft.

Wochenlang suchte sie nach einem geeigneten Stellplatz für ihr Tiny House – und wird endlich auf einem Campingplatz fündig. Aber ein Campingplatz oder eine Kleingartensiedlung ist nicht jedermanns Ziel. Wer sein Tiny House allein an einem Fluss oder in einem Wald platzieren will, steht vor einer Herausforderung. Für Tiny Houses gelten die gleichen Regeln wie für ein großes Haus oder aber – wenn es auf Rädern steht – wie für Dauercamper im Wohnwagen.

Wenn die Orte nicht als Baugrund gelten, ist dort auch kein Minihaus erlaubt. Müller empfiehlt: Wer ein Tiny House beziehen möchte, sollte sich vorab mit der Stellplatzsuche beschäftigen. Denn die Standortmöglichkeiten sind sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadt sehr begrenzt.

Jeder Winkel wird genutzt

Trotz Stellplatzproblem sind die Tiny Houses in vielerlei Hinsicht zukunftsweisend. Sie entwickeln sich im Sekundentakt weiter. Auch Sophie Müller lernt ständig dazu. Viele Geräte könne man mit einer Solaranlage betreiben, um eigenen Strom zu erzeugen. Ein Highlight für sie ist die Showerloop: eine Dusche, die das eigene Duschwasser filtert und so wiederverwendbar macht.

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Foto: Sophie Müller

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Foto: Sophie Müller

Sind Tiny Houses also der Schlüssel für umweltbewusstes Wohnen? US-Forscherin Maria Saxton befragte 80 Personen, die seit mindestens zwölf Monaten in einem Tiny House lebten, nach ihrem ökologischen Fußabdruck. Das Ergebnis: Er hatte sich im Schnitt um 45 Prozent verringert. Die Verkleinerung hatte viele Lebensbereiche der Minihaus-Bewohner beeinflusst: nachhaltigere Essensgewohnheiten, geringerer Energieverbrauch, weniger Müll. Außerdem fuhren die Befragten seltener mit dem Auto. Weniger Wohnfläche gleich ökologischeres Wohnen? Nicht immer geht die Rechnung auf. Besonders dann nicht, wenn die Häuser schlecht gedämmt sind.

46,7 m²

Wohnfläche hat jeder Einwohner in Deutschland im Durchschnitt.

Auch kleinere Möbel und solche mit doppelter Funktion sind in den winzigen Häusern sinnvoll. Wenig Raum braucht eine raffinierte Einrichtung: Wie Spülkästen mit integriertem Waschbecken oder Klappbetten, die aus dem Wohnzimmer schnell ein Schlafzimmer machen. Während in den meisten Wohnungen jedem Raum eine Funktion zugewiesen ist, verschwimmen die Grenzen im Minihaus. Auch das ist ein Wohntrend, der über Tiny Houses hinausgeht. „Aus städtebaulicher Sicht sind Tiny Houses nicht sehr hilfreich. Tiny Spaces, also das Wohnen auf kleinem Raum, aber sehr wohl”, findet auch Sophie Müller. „Deshalb sind die kleinen Häuser spannend und bieten Minimalismus auf Probe.”

Foto: Sophie Müller

Die Idee hinter Tiny Houses – mit weniger Quadratmetern auszukommen, wenn Immobilienpreise hoch und Bauflächen Mangelware sind – geht in Innenstädten vielleicht nicht ganz auf. Doch zumindest die Ansätze zur Wohnraumnutzung könnten in urbane Grundrisse einfließen.

Wohnmodule – die flexible Stadt?

Beispiele, wie Tiny Houses doch ins Stadtbild passen, zeigen Städte wie Coburg oder Berlin. Die Stadt Coburg hat im letzten Jahr zwei Grundstücke für Minihäuser zur Verfügung gestellt, um kleine Baulücken zu schließen. In Berlin entwickelte der Architekt Sigurd Larsen auf einem Plattenbau den Dachkiez: Ein langgestrecktes Dorf mit Garten und Wegen zwischen kleinen Holzhäusern. Die Häuser bestehen aus Steckmodulen, die flexibel erweitert werden können. Singles und Paare wohnen in einem Grundmodul – pro weiterem Kind oder Mitbewohner wird ein zusätzlicher Wohnraum hinzugefügt.

Foto: Sophie Müller

Aber nicht nur Dächer haben Potenzial. Warum nicht auch Tiny Houses flexibel auf Brachflächen platzieren? Immerhin kommen sie auf Rädern daher. Dort, wo auf längere Zeit kein Bauprojekt geplant ist, können sie Wohnraum schaffen – ohne für die Ewigkeit zu bauen.

Auch im Bezirksamt werden Tiny Houses diskutiert. Die Individualisierung der Gesellschaft und die vielen Ein- und Zwei-Personen-Haushalte veränderten die Ansprüche an Wohnraum, so Kay Becker. Aber: „Ein gebautes Haus lässt sich nur sehr schwer an geänderte Ansprüche anpassen.”

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