Pfeffer, Papier und Präzision: Drei Traditionsbetriebe im Wandel der Schanze
Zwischen Bars, Vintage-Läden und glänzenden Schaufenstern gibt es Betriebe, die seit Jahrzehnten zur Schanze gehören. Bevor der Stadtteil zum Szeneviertel wurde, haben sie seine Geschichte geprägt. Drei von ihnen berichten, wie sich das Viertel verändert hat und warum sie trotzdem geblieben sind.
Von Teresa RungeAusrüster der Lebensmittelindustrie: Hanseata
Wenn die Gewürzmühle bei Hanseata in Betrieb ist, duftet es nach frisch gemahlenem Pfeffer – dazu mischen sich die Aromen von Curry und Paprika aus dem Gewürzsortiment. Ein Duft, der seit 1954 zum Betrieb gehört.
Damals gründete Theofil Zuther den Betrieb als einen kleinen Kellerladen in der Kampstraße. Dort wurden Gewürze und Bedarfsartikel für Fleischereien verkauft.

Vor 70 Jahren dominierte der Fleischgroßmarkt die Schanze. „Das Straßenbild war geprägt von Fleischern, die in ihren Kitteln durch die Gegend gelaufen sind“, sagt Arno Zuther, Sohn des Gründers und heutiger Geschäftsführer.
Er erzählt, dass in der Schanze hauptsächlich handwerkliches Gewerbe angesiedelt war. Heute erinnern nur der Fleischgroßmarkt und die Rindermarkthalle an die historischen Betriebe. Viele haben die Veränderung in der Schanze nicht mitmachen können. Hanseata hat es geschafft, dem Wandel zu trotzen.
Die Wurzeln und der Wandel
„Man sagt uns nach, dass wir hanseatische Kaufmannstradition haben“, sagt Zuther. Er führt den Betrieb heute zusammen mit seiner Mutter Margret und seinem Sohn Tim als Familienbetrieb über drei Generationen. Für Juniorchef Tim ist klar: „Tradition hat nichts mit Stehenbleiben zu tun. Zu viel Tradition wird irgendwann zur Touristenattraktion.“ Deshalb wolle Hanseata sich weiterentwickeln, ohne ihre Wurzeln zu verlieren.
Kollektiv mit Haltung: Buchhandlung im Schanzenviertel
Eng mit der Geschichte der Schanze verwoben ist auch die Buchhandlung im Schanzenviertel. 1979 wurde sie als Kinderbuchladen in der Schanzenstraße gegründet, zwölf Jahre später folgte eine zweite Filiale am Schulterblatt.
Die Gründung der Buchhandlungen fiel in eine Zeit, in der die Schanze begann, sich politisch aufzuladen. Mit den ersten Hausbesetzungen, selbstverwalteten Projekten und feministischen Gruppen wuchs ein Viertel, das nach anderen Strukturen suchte.
Auch in der Kultur- und Bildungsarbeit. Die Buchhandlungen wurden im Kollektiv-Betrieb gegründet. Gleiche Löhne für gleiche Arbeit, das sei ihr Prinzip, sagt Jan Reinecke aus der Filiale am Schulterblatt. Der Laden ist damit Teil eines linken Stadtteilverständnisses.

Besonders in den 1980er Jahren sei die Nachfrage nach politischen Büchern enorm gestiegen, so Reinecke. Auch die Besetzung der Roten Flora habe zu dieser Zeit eine Rolle gespielt. Bis heute befinden sich die politischen Sachbücher gleich im Eingangsbereich, anstatt im hinteren Teil des Ladens zu verschwinden.
Wie die Schanze sich verändert
Eventisierung, steigende Mieten und verstärkter Tourismus veränderten die Schanze, sagen Jan Reinecke und Ulrike Steinwarder, die im Kinderbuchladen arbeitet. Um den Fortbestand zu sichern, erwarb das Kollektiv 2016 das Haus am Schulterblatt, in dem die Buchhandlung seine Filiale hat. Eine strategische Maßnahme, um Mieterhöhungen zu vermeiden. Auch die Kinderbuchhandlung soll auf lange Sicht dort einziehen.
Dass die Buchhandlung weiterhin bestehe, liegt für Steinwarder auch an der Verwurzelung im Viertel. Die Solidarität der Nachbarschaft habe sich besonders während der Pandemie gezeigt, sagt Reinecke, als das Kollektiv den Bücherverkauf wie im Eisladen durch ein umgebautes Fenster weiter führte.
Der letzte Uhrmacher in der Schanze: Uhrmachermeister Klaus Ohle
Den Wandel der Schanze hat auch Uhrmachermeister Klaus Ohle erlebt. 1986 gründete er seinen Betrieb in der Bellealliancestraße. Damals sei die Schanze noch kein feststehender Begriff gewesen, erzählt er. In seiner Werkstatt in der Weidenallee arbeitet er seitdem an jeder Art von mechanischen Uhren.

Während andere Uhrmacher dem Druck des Onlinehandels und der sinkenden Nachfrage nachgeben mussten, hält Klaus Ohle sich beharrlich in der Schanze. Früher habe es ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Verkauf und Reparatur gegeben, sagt er. Heute mache er hauptsächlich Reparaturarbeiten. Deshalb habe er seine Öffnungszeiten drastisch gekürzt, um mehr Zeit für die Arbeit hinter der Lupe zu haben.
Das Handwerk verschwindet aus der Schanze
Die Tradition seines Betriebs sieht er in den traditionell handwerklichen Arbeitstechniken. Als Klaus Ohle Mitte der 1980er Jahre seinen Laden eröffnete, war die Schanze noch kein Szenekiez, sondern ein Viertel mit Handwerk, Werkstätten und täglichem Leben. Er erinnert sich, dass damals viele Goldschmiede und Uhrmacher in der Schanze tätig waren. Nach und nach seien diese verschwunden.
Für ihn ist die Schanze ein Ort voller jungem und quirligen Leben. Er beobachtet die Veränderung mit Gelassenheit und wünscht sich, dass neben den vielen neuen Gastrobetrieben auch weiterhin Handwerksbetriebe zur Vielfalt des Viertels beitrügen.
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