
Etwas Grün im Betondschungel
Fünf Eimsbütteler haben Brachland zwischen Lutterothstraße und Hagenbecks Tierpark bepflanzt. Das sogenannte Urban Gardening liegt schon lange im Trend. Doch ohne Genehmigung ist es auf öffentlichen Flächen ordnungswidrig.
Von Lea Z. FreistMitten in Eimsbüttel liegen am Ende einer brachliegenden Betonfläche kleine aus Pflasterstein gebaute Beete. Hier sprießen Sonnenblumen, neben Chili, Bartnelken und Rittersporn. Die ehemalige Deutsche-Post-Fläche zwischen Lutterothstraße und Hagenbecks Tierpark ist ansonsten karg und grau, vereinzelt parkt ein Auto.
Gemüse, Kräuter und Blumen
Genau das wollte Moritz, einer der Gärtner, ändern: „Wir haben das Gärtnern aus dem Impuls heraus begonnen, um die Natur wieder in die Stadt zu bringen, Eimsbüttel grüner zu machen.“ Zusammen bepflanzen fünf Eimsbütteler die Hochbeete in ihrer Freizeit. Sie legten eine Bienenweide an, setzten Eichen-, Linden und Haselnuss-Sprösslinge und schichteten Totholzhaufen auf.
Das Ganze nennt sich Urban Gardening. Immer mehr Menschen aus der Stadt, die keinen eigenen Garten haben, erobern sich brachliegende Flächen oder schaffen sich Räume, um gemeinschaftlich die Erde zu bepflanzen und zu beackern.
Sprösslinge brechen Beton auf
Moritz freut sich über jeden Keimling und hofft auf mehr Mitstreiter. Er betont, dass es trotz des Namens „Freie Republik Eimsbüttel“ nicht um Protest geht, vielmehr wollen die urbanen Gärtner im Zuge der zunehmenden Verdichtung der Stadt den Lebensraum anders gestalten und selbst anpacken.
Auch die Grünen Fraktion Eimsbüttel forderte im Dezember letzten Jahres, dass die Politik für diese Form des Miteinanders Flächen bereitstellen müsse. „Urban Gardening-Projekte stärken die Lebensqualität für die Bewohner“, hieß es.
Ordnungswidrig?
Das ehemalige Post-Gelände an der Julius-Vosseler-Straße ist Teil des Bebauungsplans Lokstedt 64, das sich nach Angaben des Bezirksamts im Verfahren befindet. Die Brachfläche gehört einem privaten Projektentwickler. Es sind sowohl Wohnungen als auch Gewerbe vorgesehen – seit vier Jahren ist nichts passiert.
Eigentlich braucht man für die Bepflanzung eine Sondergenehmigung des Bezirksamts Eimsbüttel. „Grünpatenschaft“ heißen die Verträge für die Sondernutzung, wie ein Sprecher des Bezirksamts Eimsbüttel bestätigt. Solch eine Patenschaft hat auch der Anwohner Andreas Böhle für sein Blumenbeet übernommen.
Beispiel Böhle-Beet
Im Sommer 2014 war das blühende Beet, das Böhle an der Ecke Heußweg angelegt und seit drei Jahren gepflegt hatte, über Nacht verschwunden – im Auftrag des Bezirksamts eingeebnet, mit Grand bedeckt und plattgewalzt. Nach langem Kampf mit dem Bezirksamt verabschiedete der Ausschuss für Grün, Umwelt, Wirtschaft und Verbraucherschutz schließlich einen gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und CDU, der besagte, dass das Bezirksamt solche Bürgerbeete nicht mehr bekämpfen, sondern unterstützen solle.
Eine Sprecherin des Naturschutzbundes NABU rät allen urbanen Gärtnern, öffentliche Flächen immer genehmigen zu lassen. „Wir nutzen fürs Urban Gardening nur Flächen, bei denen rechtlich alles abgeklärt ist, die also uns privat gehören oder für die wir eine Patenschaft übernommen haben.“
Moritz und die anderen wollten etwas Schönes schaffen – „aus Freude am Gärtnern.“ Und wenigstens für eine Weile ist es etwas Grüner im Grau geworden.