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Die erste Sitzung des neugewählten Handelskammer-Plenums. Foto: Ulrich Perrey
Das Plenum bestimmt die Richtlinien der Handelskammer. Archivfoto: Ulrich Perrey
Handelskammer

Eimsbütteler wollen die Handelskammer aufmischen

Bis zum 14. Februar wählen die Mitglieder der Hamburger Handelskammer ihr neues Plenum. Erstmals in der 350-jährigen Geschichte der Kammer regt sich Widerstand gegen den Kurs der Wirtschaftsvertretung. An der Spitze steht das Bündnis „Zwangsbeiträge abschaffen – Die Kammer sind WIR“, für das auch einige Kandidaten aus Eimsbüttel antreten.

Von Matthias Berger

Der Widerstand aus den eigenen Reihen wächst in der Handelskammer. Dies könnte sich auch bei den Wahlen zeigen, die bis zum 14. Februar andauern. Auf der einen Seite gibt es die konservative Gruppe „Vorfahrt für Hamburg“ mit 10 Kandidaten, die den bisherigen Kurs fortsetzen will. Die „Unternehmer für Hamburg“ wollen die Kammer nach eigenen Angaben „transparenter und moderner“ machen, „kundenorientiert und zukunftsfähig“. Die Gruppe schickt 28 Kandidaten ins Rennen. Mit 57 Kandidaten stellt das Bündnis “Zwangsbeiträge abschaffen – Die Kammer sind WIR!” die größte Gruppe. Sie gelten als Rebellen, vor allem wegen ihrer Forderung, die Zwangsbeiträge abzuschaffen. Unter ihnen sind vier Geschäftsleute aus Eimsbüttel: Sabine Prinz und Detlev Siebold aus Eidelstedt sowie Geert Pohle und Dominik Lorenzen, die beide ihren Firmensitz an der Müggenkampstraße haben.

Rechtswidrige Äußerungen geben Anstoß

Dass sich in der Hamburger Handelskammer etwas ändern muss, zu diesem Entschluss ist Dominik Lorenzen spätestens im August 2013 gekommen. Der Geschäftsführer der Teamgeist Nord GmbH mit Sitz an der Müggenkampstraße las mit Entsetzen die Kommentare von Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Dieser hatte sich öffentlich gegen den Rückkauf der Hamburger Energienetze ausgesprochen. Die Handelskammer war zudem dem Bündnis „NEIN zum Netzkauf“ beigetreten und hatte mit Plakaten Stellung gegen den Rückkauf bezogen. Den Volksentscheid bezeichnete Schmidt-Trenz als „Schildbürgerstreich“.

Lorenzen fühlte sich nicht von der Handelskammer vertreten, der er als Unternehmer zwangsläufig angehören muss – und dafür Zwangsbeiträge zahlt. Dass auch mit seinem Geld eine Kampagne gegen den Rückkauf der Energienetze finanziert wird, war aus Sicht von Lorenzen untragbar. Er klagte – und bekam Recht. Das Hamburger Verwaltungsgericht erklärte den öffentlichen Einsatz der Kammer gegen die Volksinitiative für rechtswidrig.

Handelskammer soll sachlich bleiben

Lorenzen wünscht sich eine Handelskammer, die sachlich und ausgewogen die Interessen aller Mitglieder vertritt – und sich nicht politisch kontrovers positioniert. „Die Kammer verhält sich rechtswidrig, das will ich ändern“, erklärt Lorenzen. Als zweites Beispiel nennt er die Kommentare des Handelskammer-Präses Fritz-Horst Melsheimer, die das Verwaltungsgericht ebenfalls für rechtswidrig erklärt hat. In seiner Silvesterrede auf der „Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ hatte Melsheimer 2015 scharfe Kritik am Volksentscheid gegen die Olympia-Bewerbung geübt. Überhaupt sei die Hamburger „Mischform“ von repräsentativer und direkter Demokratie ein „schwerwiegender Irrweg“, so Melsheimer. Weitere Einlassungen zur Flüchtlingspolitik und zur inneren Sicherheit folgten.

„Wenn Herr Melsheimer abdröhnt, spricht er nicht in meinem Namen“, sagt auch Detlev Siebold. „Und ich war für die Olympia-Bewerbung.“ Dem Geschäftsführer der gleichnamigen Messebau GmbH missfällt es, dass er einer Handelskammer angehören muss, die durch Aussagen gegen die direkte Demokratie von sich Reden macht.

Forderung nach Transparenz

Es fehle der Kammer an Transparenz und Handlungsschnelligkeit, klagt Siebold, der zwei Beispiele nennt: Er habe in seiner Firma einen Geflüchteten aus Afghanistan als Praktikanten beschäftigt. Als das Praktikum auslief, wollte er den Mitarbeiter weiterbeschäftigen – wusste jedoch nicht, was er dabei beachten muss. Auf der Suche nach Rat wandte er sich an die Handelskammer. Als eine zufriedenstellende Antwort ausblieb, holte sich Siebold Hilfe bei einer ehrenamtlichen Organisation. Auch bei der Transparenz bestehe Nachholbedarf. „Allein wenn es um die Frage geht, wer eine Veranstaltung mit Möbeln ausstattet. Mir ist völlig schleierhaft, wer da warum den Zuschlag erhält“, kritisiert Siebold.

Die Gruppe “Zwangsbeiträge abschaffen – Die Kammer sind WIR!” muss sich dabei immer wieder den Vorwurf anhören, sie wolle die Handelskammer abschaffen. In der Tat gehört die Abschaffung der Zwangsbeiträge zu den Forderungen des Bündnisses. „Aber dass wir die Handelskammer abschaffen wollen ist Quatsch“, sagt Siebold. „Wir brauchen in einer Stadt wie Hamburg, in der es 130.000 Betriebe gibt, eine starke Interessensvertretung der Wirtschaft.“ Aus Sicht von Siebold werden jedoch nicht die Interessen aller Mitglieder gleichwertig vertreten. „Mein Eindruck ist: Es gibt in der Kammer viele, die sich gegenseitig die Posten zuschieben.“

Fünfmal so viele Mitarbeiter wie in Berlin

Dominik Lorenzen versteht die Aufregung um die Forderung seines Bündnisses nicht. „Die Kammer war 280 Jahre lang ein freiwilliger Zusammenschluss von Kaufleuten. Noch heute gibt es in vielen Industrienationen ein freiwilliges Kammerwesen, zum Beispiel in den USA.“ Auch ohne Zwangsbeiträge würden genügend Firmen freiwillig ihre Beiträge zahlen, ist Lorenzen überzeugt. „Und wenn die Hamburger Handelskammer etwas kleiner würde, wäre das auch nicht so dramatisch. Die Mitarbeiterzahl steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an. In Hamburg arbeiten fast 400 Mitarbeiter bei der Kammer, in Berlin sind es 60.“

Doch nicht alle Eimsbütteler Kandidaten wollen die Handelskammer aufmischen. Gerald Pütter tritt als freier Kandidat an, da er die Bündnisbildung für schädlich erachtet. „Es handelt sich nicht um eine politische Wahl, sondern um eine Wahl für das Entscheidungsorgan des wichtigsten wirtschaftlichen Zusammenschlusses.“ Maßgeblich seien vielmehr die Meinungen einzelner Personen unter Berücksichtigung von Brancheninteressen.

Pütter: Beiträge sind fair geregelt

Auch von der Abschaffung der Zwangsbeiträge hält der Inhaber der Gastronomie Pütter am Harvestehuder Weg nichts. Die Mitgliedschaft in der Handelskammer sei per Gesetz festgelegt, damit die Kammer die Meinung aller Kaufleute gegenüber der Politik vertrete. Zudem seien die Beiträge gerade für kleinere Unternehmen fair geregelt. Die Kammer brauche eine finanzielle Grundausstattung, um gute Arbeit leisten zu können.

Insgesamt würde der Kammer etwas mehr Sachlichkeit gut tun, ist Pütter überzeugt. Forderungen nach der Abschaffung der Zwangsbeiträge seien polemisch und dem Wahlkampf geschuldet, meint der Gastronom. Wenig hilfreich sei es, über die Presse zu kommunizieren. Die Kommunikation müsse innerhalb der Gremien stattfinden. Es könne nicht sein, dass  einige wenige Störer durch egozentrische Diskussionen die konstruktive Sacharbeit verhindern, kritisiert Pütter, der sich von der Handelskammer vor allem mehr Unterstützung für das Gastgewerbe wünscht.

Die fetten Jahren sollen vorbei sein

Zu Unrecht als Rebell abgestempelt fühlt sich Geert Pohle. Der geschäftsführende Gesellschaft der Astron Communication GmbH mit Sitz in der Müggenkampstraße betont, dass das Bündnis „Die Kammer sind WIR!“ die Handelskammer reformieren wolle, um „verkrustete und selbstgerechte Strukturen“ aufzubrechen. „Wir sind erfahrene, wirtschaftlich und klar denkende Hamburger Kaufleute und Unternehmer“, betont Pohle. „Und wir treten für unsere Themen ein: Zwangsbeiträge abschaffen, duale Ausbildung stärken, Geschäftsführergehälter auf ein vernünftiges Maß reduzieren, Verschwendung beenden und eine sachliche Interessenvertretung.“

Es gebe keinen Grund, warum nicht auch in Hamburg eine Kammer auf freiwilliger Basis funktionieren sollte, meint Pohle. Wichtig sei eine Handelskammer mit einem sinnvollen Leistungsangebot, die mit „Power“ auch die Interessen der kleinen und mittelständischen Mitglieder durchsetze. „Dafür werden wir uns einsetzen.“

Eine der mächtigsten Institutionen der Stadt

Insgesamt gibt es 58 Urwahlsitze im Plenum, das die Richtlinien der Handelskammer bestimmt sowie den Präses und Vizepräses der Kammer wählt. Bis zum 14. Februar können Hamburger Unternehmer ihre Vertreter wählen. Die Handelskammer gilt als eine der mächtigsten Institutionen der Stadt, nimmt die Prüfung der Hamburger Auszubildenden ab, berät Gründer und betreibt eine eigene Hochschule.

Hinweis in eigener Sache: Im Vergleich zur ersten Version haben wir den Artikel an einer Stelle korrigiert. Detlev Siebold hatte kritisiert, es habe bislang keine Ausschreibungen für die Ausstattung der Veranstaltungen der Handelskammer mit Möbeln gegeben. Siebold betont, die Handelskammer habe ihm nun jedoch nachgewiesen, dass es doch Ausschreibungen gegeben habe. Diese habe er allerdings trotz eigener Recherche nicht gefunden.

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