Die Schnappschuss-Jägerin: Eimsbüttel vor der Linse
Wenige werfen einen so genauen Blick auf Eimsbüttel wie die Fotografin Frederika Hoffmann. Für ihr neuestes Projekt hat sie den Stadtteil aufmerksam beobachtet und seltene Entdeckungen gemacht.
Von Vanessa Leitschuh„Wild in Eimsbüttel“ porträtiert bekannte Ecken auf ungewöhnliche Weise. Ein Gespräch über die Entwicklung des Viertels, Fotografenglück und warum Eimsbüttel für sie ein spannendes Fotomodell ist.
EIMSBÜTTELER NACHRICHTEN: Ihr neuer Fotokalender zeigt Orte in Eimsbüttel mit Tieren, die man hier nicht auf den Straßen erwartet. Wie kamen Sie darauf, wilde Tiere in Eimsbüttel zu platzieren?
Frederika Hoffmann: Die Tiere standen einfach dort. (lacht) Das sind seltene Momente. Man sollte aufmerksam und neugierig durch die Straßen spazieren. Hat man den Einkaufszettel vor Augen, ist es schwieriger sie zu sehen. Sie tauchen mal hier, mal dort auf. Es ist einfach Glück.
Stichwort Fotografenglück: Gab es etwas Außergewöhnliches, was Ihnen vor die Linse gekommen ist?
Außer den Tieren? Ich habe mal 007 für eine Hamburger Tageszeitung fotografiert. Das war im Hotel Atlantic. Der Garagenmeister wies mir zufälligerweise auch noch den Stellplatz 007 zu. Sean Connery war unglaublich charmant. Er trug einen braunen Cordanzug und wirkte wie ein guter Nachbar von gegenüber. Zum Abschied schrieb er auf einen Zettel: „If you ever need money give me a call.“
Sie haben die Fotos im Kalender mit historischen Fakten zu den abgebildeten Orten ergänzt. Was ist Ihre Lieblingsgeschichte aus der Vergangenheit Eimsbüttels?
Eine ist, die mit Line, der Eule vor der Gaststätte Behr. Zwischen 1914 und 1964 war gegenüber die U-Bahnhaltestelle Hellkamp. Es heißt, dass dort freitags die Ehefrauen warteten, um ihre Männer mit den Lohntüten abzuholen. Damit sie nicht mit dem Geld in der Kneipe verschwanden.
Wie passen die historischen Fakten zu den Bildern?
Ich interessiere mich für die Geschichte Eimsbüttels. Angefangen als Eymersbuttele noch eine Anhäufung von wenigen Höfen mit Wiesen und Feldern war. Kaum vorstellbar.
Die Tiere, die ich für den Kalender fotografiert habe, hätten damals hier leben können. Erst nach Aufhebung der Torsperre 1860 wuchs Hamburg auf die umliegenden Dörfer zu. Innerhalb kurzer Zeit entstanden Straßen und Wohnblocks.
Sie wohnen seit fast 30 Jahren hier. Wie hat sich Eimsbüttel in dieser Zeit verändert?
Im nördlichen Teil von Eimsbüttel, in dem ich wohne, lebten damals noch viel mehr Menschen, die den Krieg erlebt hatten. Und mit der Kundschaft verschwanden auch kleine Läden der alten Art. Ein Spirituosengeschäft, ein Schilderdienst, ein Modeladen.
Leider müssen heute immer mehr Hinterhöfe, wie der Künstlerhof in der Sillemstraße, dem Wohnungsbau weichen. Dadurch verliert das Viertel an Charme. Schön ist, dass es tolle Nachbarschaftsprojekte wie das Kreativhaus, den Stephanusgarten oder das Tauschhaus gibt. Und am Wegesrand entstehen inzwischen viele kleine Gärten, die von Nachbarn bepflanzt und gepflegt werden.
Viele Ihrer Arbeiten drehen sich um Eimsbüttel. Was macht das Viertel als Fotomotiv spannend?
Die Menschen, und dass es ein gewachsener Stadtteil ist, in dem immer noch relativ viele Alteingesessene leben. Ich wollte meine Heimat dokumentieren und nicht in die weite Welt reisen. Allerdings bin ich manchmal ein bisschen „betriebsblind“, weil ich schon so lange hier wohne. Dann hole ich mir Inspirationen und experimentiere, um Neues im Stadtteil zu sehen.
An welchem Projekt arbeiten Sie zurzeit?
Ich wollte einen zweiten Teil zu den inhabergeführten Geschäften realisieren, weil ich bei Teil Eins nicht alle alteingesessenen Geschäfte Eimsbüttels vorstellen konnte. Aber es klappt bisher leider nicht. Auf meine Anfragen kamen kaum Rückmeldungen. Trotzdem möchte ich diese Serie gerne weiterführen.
Aktuell arbeite ich an einem weiteren dokumentarischen Projekt. Ich porträtiere Eimsbütteler im Alter von über 80 Jahren mit Text und Bild. Die Befragten sind hier aufgewachsen und kennen das Viertel wie ihre Westentasche. Das ist total spannend. Jetzt möchte ich das Projekt noch erweitern und Menschen aller Altersgruppen aufnehmen, sodass eine Dokumentation unserer Zeit entsteht. Ob daraus eine Ausstellung, ein Bildband oder ein Multimedia-Stück wird, weiß ich noch nicht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Der Fotokalender “Wild in Eimsbüttel” kostet 9,80 Euro und kann in unserem „Made in Eimsbüttel“-Shop bestellt werden.