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Sanitäter schieben eine Corona-Patientin aus dem Infektionsbereich. Ihr Privateigentum ist in Plastiktüten verstaut. Foto: Mika Springer
Sanitäter schieben eine Corona-Patientin aus dem Infektionsbereich des Agaplesion. Ihr Privateigentum ist in Plastiktüten verstaut. Foto: Mika Springer
Impfstatistik

Impfpass-Fälschungen sorgen für falsche Impfdurchbruch-Zahlen

Wer mit Corona-Infektion und gefälschtem Impfpass ins Krankenhaus kommt, taucht automatisch als Impfdurchbruch in der Statistik auf. Das zeigen Recherchen der Eimsbütteler Nachrichten.

Von Christian Litz

Menschen mit gefälschten Impfpässen tauchen bundesweit als Impfdurchbruch in der Corona-Statistik auf. Sobald sie mit Corona ins Krankenhaus kommen und falsche Angaben zum Impfstatus machen, werden sie automatisch als Impfdurchbruch erfasst. Das zeigen aktuelle Recherchen der Eimsbütteler Nachrichten.

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Selbst wenn eine Person im Krankenhaus nur sagt, sie sei geimpft, ohne es tatsächlich zu sein, wird sie als Impfdurchbruch registriert. Matthias Gerwien vom Agaplesion Diakonieklinikum in der Hohe Weide in Eimsbüttel sagt dazu: „Gefälschte Impfpässe sind bei uns kein Thema.“ 

Ob die Patienten Antikörper im Blut haben, weil sie geimpft wurden oder weil sie infiziert sind, das können die Krankenhäuser nur mit aufwendigen Antikörpertests kontrollieren. Aber die Frage spiele keine Rolle in Kliniken: Haben die Patienten „tatsächlich wegen Corona oder nur durch Impfung Antikörper“? Das mache keinen Unterschied. 

Saskia Lemm vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sagt: „Ein Antikörpertest ist für die Behandlung einer COVID-19-Infektion nicht in allen Fällen notwendig und wird daher nur bei Bedarf durchgeführt.“ Zahlen nennt das UKE dazu keine.

Agaplesion: „keine differenzierte Antikörperanalyse“

Deutlicher spricht es Matthias Gerwien vom Agaplesion aus. Über Antikörpertests sagt er: Weil die für die Behandlung der Patienten unwichtig seien, würden sie nicht durchgeführt. „Grundsätzlich möglich wäre das in einer sehr differenzierten Antikörperanalyse, aber in der Praxis wird das nicht gemacht. Der Nutzen ist in der akuten Behandlungssituation einfach nicht da.“

Impfdurchbrüche würden genau so behandelt wie Fälle von ungeimpften Corona-Patienten. „Der Impfstatus hat keinen Einfluss auf die Behandlung. Man impft nicht während einer Infektion.“ Den Impfausweis müsse niemand anschauen. Falls er gefälscht ist, fällt das also nicht auf.

Im Agaplesion habe es „im gesamten Pandemieverlauf bisher nur drei oder vier Mal“ im Zusammenhang mit Corona die aufwendigen gründlichen und teuren Blutanalysen gegeben. Sie fanden jedoch aus einem ganz anderen Grund statt: Wenn man „trotz negativer Tests aufgrund des klinischen Bildes wie Lungenröntgen oder anderer Symptome den Verdacht hegt, dass hier doch Corona vorliegen könnte, dann beauftragt man eine solche gründliche Blutanalyse.“

Impfpass gefälscht: Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich bedeckt

Auf detaillierte Fragen über Antikörperanalysen und deren Häufigkeit am UKE teilt die Klinik nur mit: „Wir testen alle Patientinnen und Patienten regelhaft vor ihrer stationären Aufnahme per PCR-Testung und behandeln sie ihrer Erkrankungen entsprechend.“

Was bedeutet: Sollte die Person einen Impfpass mit vollständiger Corona-Impfung haben, taucht sie in der Statistik als Impfdurchbruch auf. Auch wenn der Pass gefälscht sein sollte. Das wird nicht überprüft.

Unterdessen hat der Hamburger Senat die Corona-Regeln verschärft und 2G ausgeweitet. 2G heißt, man benötigt einen Nachweis, dass man genesen oder geimpft ist, wenn man in Restaurants, Clubs, Bars, Fitnessstudios und Sporthallen will. Die strengeren Regeln gelten ab Samstag.

Klar ist nur: gefälschte Impfpässe sind im Umlauf

Wie viele gefälschte Impfpässe in Eimsbüttel und Hamburg unterwegs sind, dazu gibt es von Behörden keine Schätzungen und wenig Informationen. Die Polizei teilte auf mehrfache Nachfrage nur mit, es handle sich um laufende Verfahren und verwies an die Staatsanwaltschaft. Einzige Information der Polizei zu dem Thema: Sie bestätigt, dass Beamte im September in Hamburg-Rahlstedt eine Fälscherwerkstatt ausgehoben haben, in der Impfpässe gedruckt wurden. Der NDR hatte berichtet, damals seien 400 gelbe Impfpässe und 30.000 Euro Bargeld in der professionellen Fälscherwerkstatt gefunden worden.

Die Staatsanwaltschaft hat ebenfalls keine Zahlen, weil es in ihren Akten das Delikt „Fälschung von Impfausweisen“ nicht gebe. „Das Problem, das wir haben, ist statistisch nicht erfasst. Das Problem ist ganz neu“, so die Erste Staatsanwältin Mia-Christine Sperling-Karstens. Die Zahl der Verfahren wegen gefälschter Impfausweise in Eimsbüttel oder Hamburg kann also nicht bestimmt werden. Die tatsächliche Zahl erst recht nicht. Die Dunkelziffer könnte tiefschwarz sein.

Apothekerin: Können Impfpass-Fälschungen nicht erkennen

Sobald Papier-Fälschungen in digitiale Impfzertifikate auf dem Handy umgewandelt werden, können sie gar nicht mehr erkannt werden. Vermutlich versuchen deshalb Menschen mit gefälschten Impfpapieren, diese in Apotheken digitalisiert zu bekommen. Das jedenfalls vermutet die Hamburger Apothekerkammer. Es gebe regelmäßig Besprechungen der Kammer mit der Polizei, eine Task-Force.

Petra Kolle von der Apothekerkammer, die in der Endo-Klinik an der Ecke Holstenstraße/Reeperbahn die St. Cosmas Apotheke betreibt, sagt, schon seit einem Monat seien gefälsche Impfpässe ein Problem für Apotheker: „Am Dienstag kamen kurz vor dem Schließen drei Männer in Bauarbeitermontur und wollten ihre Impfpässe noch schnell digitalisiert haben. Ich habe sie gebeten am nächsten Tag wieder zu kommen. Sie kamen natürlich nicht.“ Sie schildert noch einige andere Fälle aus ihrer Apotheke.

Apothekerin Katrin Hensler, die in der Osterstraße die Laurin-Apotheke betreibt, weiß nicht, ob ihr bisher Fälschungen auf Papier zum Digitalisieren vorgelegt wurden. „Wir können das nicht sehen, wir sind ja keine Kripo-Beamten.“

Es sei bekannt, dass neben professionell gefälschten Impfpässen auch gefälschte Impfstoff-Chargenaufkleber im Verkehr seien. Beides sei ihres Wissens nach in der von der Polizei ausgehobenen Fälscherwerkstatt hergestellt worden.

„Corona-Pandemie setzt extrem viel kriminelle Energie frei“

Wenn jemand mit beidem gut gefälscht ankomme, „können wir Fälschungen nicht erkennen, unmöglich“. Sie vermute, das passiere derzeit: „Die Corona-Pandemie setzt extrem viel kriminelle Energie frei.“ Das habe sie schon zu Beginn der Pandemie erfahren, als es für jeden Bundesbürger sechs kostenlose Masken in Apotheken gegeben hat. „Damals haben sich viele Leute in allen Apotheken jeweils sechs Masken abgeholt.“ Verglichen mit dem Problem gefälschte Impfausweise sei das damals Kleinkram gewesen. Die negativen Folgen der Fälschungen seien viel schlimmer.

Andere Apotheken in Eimsbüttel wollten sich zu dem Thema nicht äußern.

Die Inzidenz in Hamburg ist am Mittwoch bei 185,5 angelangt. Am Dienstag waren fünf Menschen mit Covid-Infektionen gestorben.



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