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Andreas Grenz vom Jesus Center am Schulterblatt. Foto: Hanna Anthonisen
Andreas Grenz vom Jesus Center am Schulterblatt. Foto: Hanna Anthonisen
Magazin #40

100 Essen pro Tag im Jesus Center

Das Jesus Center am Schulterblatt ist kaum zu übersehen. Was verbirgt sich dahinter? Andreas Grenz vom Vorstand des Vereins erzählt, welche Arbeit hier seit den 70er Jahren geleistet wird.

Von Alexis Milne

Das Jesus Center befindet sich seit Anfang der 2000er Jahre am Schulterblatt 63 und bietet Hilfe suchenden Menschen Unterstützung.

Eimsbütteler Nachrichten: Wie entstand das Jesus Center?

Andreas Grenz: Um 1968 schwappte die Jesus-People-Bewegung aus den USA nach Deutschland – auch nach Hamburg. In der Suttnerstraße gibt es bis heute die Christuskirche, eine Baptistenkirche – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Kirche an der Fruchtallee. In Altona war damals ein engagierter Jugendpastor aktiv, der viel in Musikclubs auf St. Pauli unterwegs war. Ziel war es, Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. Dabei bekehrte sich unter anderem eine Gruppe von Rockern. Sie ließen sich in der Suttnerstraße taufen.

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Jesus-People, Kiez und Schanze

Die Lebensstile der Rocker und der Kirchengemeinde unterschieden sich allerdings stark – der Umgang war anders, es gab unterschiedliche Ge­walt­bereitschaft. Das passte nicht hundertprozentig. Der Jugendpastor wurde schließlich freigestellt, um seine Arbeit außerhalb der Gemeinde fortzuführen – daraus entstand 1970 das Jesus Center. Es brauchte Orte, an denen man Kirche anders leben kann, als es sonst gängig war.

Mit der Zeit wurde klar, wie ­wichtig es ist, die Nöte der Menschen wahrzunehmen und zu handeln. Der Glau­be wird durch Taten sichtbar. Wir setzen Nächstenliebe um – auf der Schanze. Wir versuchen, uns das Umfeld anzusehen und kontextsensibel das zu tun, was die Menschen brauchen. Das hat sich über die letzten 50 Jahre natürlich verändert.

Ist das Jesus Center nur für Christen da?

Selbstverständlich wird bei uns niemand bevorzugt, weil er Christ ist. Jeder kann glauben, was er will, und sein, wie er ist. Wir wenden uns allen Menschen zu – niemand muss Christ werden. Unsere Arbeit orientiert sich am Evangelium: Wir tun anderen Gutes, weil es uns selbst guttut.

Religion und soziale Arbeit

Nie­mand stellt sich hier auf eine Apfelsinenkiste und erzählt, dass Jesus rettet. Wenn jemand nach einem Weg im Leben sucht, dann erzählen wir ihm, was uns trägt. Des­halb heißen wir auch weiterhin „Jesus Center“ und halten jeden Freitag eine Andacht. Viele, die zu uns kommen, suchen etwas für die Seele.

Was macht die Arbeit in der Schanze besonders?

Früher war die Schanze einer der ärmsten Stadtteile Hamburgs. Es gab den Fleischgroßmarkt, viele Arbeiter lebten hier. Später kam die Hausbesetzerszene dazu. Aus diesem Umfeld gingen Menschen hervor, die sich mit ihrem Leben schwergetan haben.

Das Jesus Center hat sich darauf eingestellt. Es handelt heute weniger evangelistisch und hat sich in Richtung soziale Arbeit professionalisiert. Inzwischen arbeiten bei uns 28 Hauptamtliche und rund 50 Ehrenamtliche.

Ehrenamtliches Engagement im Jesus Center

Viele Ehrenamtliche sind im Café Augenblicke aktiv. Dort geben wir täglich etwa 100 Essen aus. Menschen können sich unterhalten, austauschen oder einfach ausruhen.
Die Arbeit hier macht was mit einem. Manchmal hat man den größten Gewinn, wenn man sich anderen Menschen zuwendet.

Wir haben einige Ehrenamtliche, die früher selber Probleme mit ihrem Leben hatten. Die Arbeit gibt ihnen ­einen Rhythmus und ein „Wozu“ im Leben. Das tut gut.

Was bedeutet das Jesus Center für die Menschen, die herkommen?

Für viele ist das Jesus Center wie Fa­milie oder ein Zuhause. Das hängt davon ab, wie lange sie schon kommen und wie gut sie vernetzt sind. Viele treffen hier Freunde, essen gemeinsam Mittag – das ist Teil ihres Lebens.

Von Drogen und Verfall

Was sind eure größten Herausforderungen?

Die Finanzierung ist unsere größte Herausforderung. Die Not ist groß, unsere Angebote sind ausgelastet. Wir sehen, dass Verwahrlosung und Obdachlosigkeit zunehmen. In der Schanze war es vor einigen Jahren viel schlimmer, was Drogen anging. Davon gibt es heute weniger.

Das heißt aber nicht, dass die Dro­genkranken weg sind. Sie konsu­mieren jetzt woanders. Das ist natür­lich gut für den Stadtteil, aber die Men­schen sind dadurch nicht geheilt. Wir sehen, wie stark der Verfall der Menschen wirkt, was ihre Probleme mit ihnen machen.

In unserer Arbeit mit Geflüchteten merken wir, dass sich das Klima ändert, dass sie sich Sorgen ­machen. Auf der Schanze ist man in Deutsch­land wahrscheinlich mit am besten vor Rechtsextremismus geschützt, aber Menschen mit Migra­tions­ge­schichte erleben trotzdem vermehrt rassistische Übergriffe. Und selbst wenn nicht, ist der psychologische Druck erheblich.

Raus aus der Misere

Schaffen es viele Menschen aus prekären Lebenslagen heraus?

Mein Gefühl sagt, dass es nicht viele sind – es sind aber auch ­keine Ein­zelfälle. Einige schaffen es, ­ihre Drogen- oder Alkoholsucht zu über­winden. Manche finden ­eine Woh­nung – das ist der ­entscheidende Schritt. Erst wenn man einen Rück­zugsort hat, kann man zur Ruhe kom­men, über Therapien nachdenken und der Sucht begegnen. Das haben hier viele geschafft.

Auch in unserer Jugendarbeit am Florabunker, die wir seit 2022 anbieten, sehen wir Erfolge. Jugendliche machen Schulabschlüsse, finden Ausbildungsplätze. Unsere Arbeit gelingt immer wieder. Deshalb wäre es ein Skandal, wenn der Sozialetat gekürzt und die Arbeit eingeschränkt würde.

info

Jesus Center

Am Schulterblatt hat werktags das Café Augenblicke geöffnet – von 11 bis 15 Uhr. Unter anderem werden hier eine Sozialberatung, Nachhilfe, Duschen und eine Kleiderkammer angeboten. Daneben organisiert der Verein als Träger der Jugendhilfe Angebote und Wohnprojekte für Jugend­liche in der Schanze. Er leistet Stadtteilarbeit in unterschiedlichen Initiativen, wie dem Stadtteilbeirat Sternschanze, dem Kooperationsbund Schanzenviertel und der Interessengemeinschaft St. Pauli. Das Jesus Center ist Mitglied des Diakonischen Werks.

Wer das Jesus Center unterstützen möchte, kann sich, vor allem im Café, ehrenamtlich engagieren. Man kann aber auch seine Kleidung zur Verfügung stellen, die über die Kleiderkammer verteilt wird. Die Arbeit finanziert sich im Wesentlichen über Spenden – durch Privatpersonen und Stiftungen.


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