Kammerspiele zeigen „Ziemlich beste Freunde“
Gelungene Premiere: Das Stück „Ziemlich beste Freunde“ begeistert nach dem Kinoerfolg nun auch die Theaterbesucher. Kritik gab es jedoch an der Wahl des Spielortes.
Von Nele DeutschmannDer französische Kino-Hit hatte allein in Deutschland neun Millionen Zuschauer erreicht. Am Sonntag feierte die deutsche Bühnenfassung von Gunnar Dreßler in den Hamburger Kammerspielen Premiere. Die vielen Facetten einer Freundschaft unter Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begeistern mit Witz und Heiterkeit – aber auch mit Tiefgang. Die prominente Besetzung bestehend aus Hardy Krüger Jr. (Philippe) und Patrick Abozen (Driss), der zugleich sein Debüt im Kölner Tatort feiern konnte, harmoniert gut.
Der Vorhang fällt und gibt den Blick auf ein Bewerbungsgespräch frei. Unbeholfen versucht ein Bewerber von seinen Qualitäten als Pfleger zu überzeugen. Ihm gehe es um „das Menschliche“. Der Betrachter nimmt die dunkle Gestalt im Hintergrund kaum wahr. Die gezwungene und steife Atmosphäre wird von einem temperamentvollen jungen Mann gestört. Driss – ein Senegalese mit Knasterfahrung – möchte nur eine Unterschrift für das Arbeitsamt, die bestätigt, dass er sich um Arbeit bemüht hat. Die Frechheit und entwaffnende Offenheit des jungen Mannes bringt Leben in den Schatten im Hintergrund.
Ungewöhnliche Männerfreundschaft
Der querschnittsgelähmte Aristokrat Philippe stellt Driss auf Probe als Betreuer ein. Eine ungewöhnliche Männerfreundschaft entsteht, die das Leben für den reichen, aber durch Schicksalsschläge gezeichneten Philippe wieder lebenswert macht.
Die rasante Mischung aus Hip-Hop-Liebhaber und schwerreichem Adligen lebt von den Schauspielern. Unbeschwert lacht Abozen als Driss das harte Leben in den Pariser Banlieues
weg und haucht auch Philippe Lebensgeist ein. Krüger gibt überzeugend den milde lächelnden Querschnittsgelähmten und bekommt als Philippe von Driss genau das, was er braucht: Kein Mitleid!
Premiere von Protest begleitet
Mit derben Witzen und ohne Berührungsängste vermittelt das Stück Probleme Schwerbehinderter. Umso verwunderlicher die Tatsache, dass das Theater selbst nicht barrierefrei ist. So waren das Gelächter und der enthusiastische Applaus innerhalb des Theaters begleitet von Protesten. Rollstuhlfahrer hielten eine Kundgebung ab und protestierten vor dem Eingang der Kammerspiele gegen ihre Benachteiligung. Menschen mit Gehbehinderungen würden ausgeschlossen, da der Theatersaal nur über Treppen zu erreichen sei.
Dazu wiesen die Kammerspiele auf ihrer Internetseite auf das denkmalgeschützte Gebäude hin, in das kein Fahrstuhl eingebaut werden darf. Für das kommende Jahr haben die Kammerspiele einige Vorführungen in Theatern angesetzt, die barrierefreie Zugänge haben.
Weitere Spieltermine von „Ziemlich beste Freunde“ in den Hamburger Kammerspielen