„Oben ohne“ im Schwimmbad – oder bleiben die Oberteile an?
Eine Entscheidung über das oberkörperfreie Schwimmen in Hamburg steht noch aus. Bäderland befragt seine Gäste. Warum das jetzt sogar für mehr Textil sorgen könnte.
Von Christiane TauerDer Antrag war eines der großen Sommerthemen: „Oben ohne für alle“ forderte die Eimsbütteler SPD. In Hamburgs Schwimmbädern sollte jeder, der möchte, das Oberteil künftig ausziehen dürfen. Das Ziel: Frauen und nichtbinäre Personen sollen den Männern, die nur in Badehose schwimmen gehen dürfen, gleichgestellt werden.
Mittlerweile ist Winter und eine Entscheidung nicht gefallen. Der Eimsbütteler Hauptausschuss hatte dem SPD-Antrag im Sommer zwar zugestimmt. Jetzt liegt der Ball aber bei Bäderland Hamburg als Betreibergesellschaft der städtischen Schwimmbäder sowie der zuständigen Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA).
„Oben ohne“: Bäderland skeptisch
„Bäderland erarbeitet derzeit einen Antragsvorschlag für das Thema“, teilt der stellvertretende BUKEA-Pressesprecher David Kappenberg auf Nachfrage mit. Der Vorschlag werde von der Behörde bearbeitet, sobald er vorliegt.
Bei Bäderland sieht man den „Oben ohne“-Antrag grundsätzlich skeptisch. „Bisher haben wir bei unseren Gästen keinen Bedarf festgestellt“, sagt Pressesprecher Michael Dietel gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten.
Online-Befragung soll Klarheit bringen
Um das zu präzisieren, hat das Unternehmen jetzt eine Online-Befragung seiner Besucherinnen und Besucher gestartet. „Ihre Meinung ist uns wichtig“, lautet der Betreff einer E-Mail, die mehrere Tausend Bäderland-Gäste am vergangenen Wochenende erhalten haben.
Laut Dietel sind darunter sowohl Mitglieder des Schwimmclubs als auch Kurs-Teilnehmer oder Badegäste, die unregelmäßig die Schwimm- oder Freibäder besuchen. Die Gruppe der Teilnehmenden soll möglichst breit gestreut sein.
„Oben ohne“ nur in Freibädern?
Sie alle werden unter anderem gefragt, ob sie ihr Besuchsverhalten ändern würden, wenn das „Oben ohne“-Schwimmen gestattet wird. Und: Ob sie selbst das Oberteil weglassen würden. Auch die Möglichkeit, „oben ohne“ nur auf Freibäder zu beschränken und Hallenbäder außen vor zu lassen, steht zur Diskussion.
Laut Bäderland-Sprecher sei das auf den Liegewiesen vieler Freibäder bereits gängige Praxis – unabhängig von der Badeordnung. Dort ist das Bekleidungs-Thema bisher eher vage formuliert.
Die „Bäderland“-Badeordnung
In der aktuellen Haus- und Badeordnung hat die Bäderland Hamburg GmbH unter § 7 zu den „Allgemeinen Verhaltensregeln“ Folgendes formuliert: „Der Aufenthalt im Nassbereich der Bäder ist nur in üblicher Badekleidung ohne Taschen gestattet.“ Was genau unter „üblicher Badekleidung“ zu verstehen ist, ist nicht formuliert.
Für die Saunen gelten andere Regelungen. So legt Bäderland hier unter § 1 fest:
„Die Saunaanlage ist ein textilfreier Bereich. In bestimmten Bereichen (z. B. Ruheräume, Gastronomie) gelten besondere Bestimmungen.“
In der Online-Befragung geht Bäderland auf einen weiteren Punkt ein, der zwar nicht Inhalt des „Oben ohne“-Antrags der Eimsbütteler SPD ist, aber viele Menschen bewegt: das Thema „Sauna und Textilfreiheit“.
Hier gebe es seit Jahren eine zunehmende Zahl an Anfragen, berichtet Dietel. Man habe deshalb entschieden, es in die Befragung mit einzubeziehen.
In Saunen immer weniger Nacktheit gewünscht
Das Interessante daran: Während der SPD-Antrag ein gleichberechtigtes Mehr an Nacktheit im Schwimmbad fordert, wünschen sich die Besucherinnen und Besucher von Saunen offenbar das Gegenteil – weniger nackte Haut.
„Vor allem bei der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen ist das der Fall“, so Dietel. In den vergangenen fünf Jahren habe der Anteil der Saunagänger, die sich mit einem Handtuch bedecken, stetig zugenommen.
Nur Kaifu-Sole hat eine Textilsauna
Manche Betreiber seien deshalb dazu übergegangen, zwei separate Bereiche einzuführen: eine Nackt-Sauna und eine Textil-Sauna, berichtet Dietel. Auch das Meridian Spa hat bereits vor drei Jahren ein FKK-Verbot außerhalb von Saunen, Duschen und Whirlpool erlassen und den Pool, in dem zuvor auch Nacktbaden gestattet war, zur Textilzone erklärt.
Bei Bäderland gibt es bisher nur in der Kaifu-Sole eine Textilsauna, die anderen Saunen sind textilfrei. Sollte die Online-Befragung nun ergeben, dass sich die Gäste dort mehrheitlich eine Ausweitung der Textilbereiche wünschen, will Bäderland das nicht ausblenden.
Bäderland sieht sich nicht als Vorreiter
„Wir übertragen das, was die Gesellschaft als richtig erachtet, ins Schwimmbad“, sagt Dietel. Man bilde die Bedürfnisse der Mehrheit ab und sei kein Vorreiter. Schließlich wolle man, dass die Mehrheit weiterhin zu einem komme.
Von der Online-Befragung erhofft sich Bäderland ein Stimmungsbild seiner Gäste. 14 Tage soll die Umfrage laufen, danach steht die Auswertung an. Mit ersten Ergebnissen ist nicht vor Ende des Jahres zu rechnen.
Auslöser Göttingen
Den Anstoß für die „Oben ohne“-Diskussion in diesem Jahr gab ein Fall im niedersächsischen Göttingen. Dort war eine Person, die sich nicht als Frau identifiziert und mit freiem Oberkörper schwimmen ging, des Bades verwiesen worden.
Die Politik nahm sich daraufhin des Themas an und setzte durch, dass allen Personen das oberkörperfreie Baden in den städtischen Bädern gestattet wird. Auch die Stadt Hannover hat mittlerweile eine entsprechende Regelung eingeführt, die vom 9. Dezember an gelten wird. Ein weiteres Beispiel ist die Stadt Siegen in Nordrhein-Westfalen. Dort muss die weibliche Brust in Freibädern nicht mehr bedeckt werden.
Ziel der Neuregelungen war es auch, Rechtssicherheit für alle Badegäste zu schaffen. In vielen Badeordnungen ist nur von „üblicher Badebekleidung“ die Rede. Was genau darunter zu verstehen ist, war nicht konkret formuliert.