Tiger trifft auf Tiger
Seit Anfang Juli lebt das 16 Monate alte Tigermännchen Yasha im Tierpark Hagenbeck. Zunächst getrennt von Weibchen Maruschka. Am Donnerstag sind sich die beiden das erste Mal im Außengehege begegnet – dabei flogen ordentlich die Funken.
Von Lea Z. FreistGespannte Stille um 10 Uhr am Donnerstagmorgen vor dem Tigergehege in Hagenbecks Tierpark. Vorne im Teich drehen Koi-Karpfen ihre Runden. Doch alle blicken dahinter auf die Rasenfläche. Heute trifft das neue Sibirische Tigerpärchen das erste Mal aufeinander.
„Eigentlich sind Tiger ziemlich freundlich miteinander“, sagt Tierarzt Michael Flügge, „aber was freundlich bei Tigern heißt, müssen wir uns angucken.“
Wie reagiert die ältere Maruschka auf den jungen Kater?
Zuerst kommt das Tigerweibchen aus dem Tigerhaus, kurz darauf wird Yasha herausgelassen. Sie streift durch das hohe Gras, auf einmal legt sie die Ohren an und schleicht sich an Yasha. Sie faucht ihn an und langt mit der Pranke zu. Die beiden trennen sich wieder, wachsam liegen sie im Gras, behalten sich im Blick. Dann lautes Gebrüll: Er springt sie von hinten an. „Es steht 1:1“, bewertet Tierarzt Flügge.
Kontakt am Schmusegitter
Die beiden Tiger hatten bereits Kontakt im Tigerhaus – von einer Wand getrennt – am Schmusegitter, wo sie sich nur beschnuppern konnten. Der Kater ist im letzten Jahr in Schweden geboren. Yasha ist noch sehr jung und das sieht man ihm auch an. Seine Bewegungen wirken etwas tapsig und er wird noch um einiges Wachsen.
Einzelgänger
In der freien Natur ist es nicht normal, dass Männchen und Weibchen zusammenleben, Tiger sind Einzelgänger und leben in getrennten Revieren. Daher sei es, wenn sie sich mal träfen, nichts Ungewöhnliches, dass beide sich erst beschnuppern und den jeweils Anderen austesten würden, erklärt eine Sprecherin vom Tierpark Hagenbeck. „Sie ist die Ältere, deswegen zeigt sie erst einmal ‚Hier bin ich'“. Das sei Ausdruck von Machtverhalten.
Runde 3
Yasha ist kaum zu sehen, versteckt hinter Baumästen. Doch Maruschka entdeckt ihn: Beim nächsten Angriff entblößt er ihr seinen Hals, legt sich auf den Rücken und benimmt sich unterwürfig.
„Besser hätte es nicht laufen können“, sagt eine Sprecherin von Hagenbeck stolz. Maruschka ist die Dominante und er lässt es zu, akzeptiert es. Wäre es schief gelaufen, dann hätten Pfleger versucht die Sibirischen Tiger zu erschrecken: Trillerpfeife und Wasserstrahl standen bereit.
Tiger-Nachwuchs
Maruschka hat nach dem plötzlichen Tod ihres Partners Lailek lange allein gelebt. Deswegen dauere die Eingewöhnung etwas, schließlich sei das Außengehege die letzte Zeit nur ihr Revier gewesen. Im vergangenen Jahr verlor Maruschka nicht nur Lailek, sondern auch ihre beiden Welpen. Deswegen legen die Tierpfleger große Hoffnungen in die beiden Sibirischen Tiger: Ein Pärchen, mit dem gezüchtet werden soll. Die Wildkatzen sind vom Aussterben bedroht. Laut der Naturschutzorganisation WWF leben in der freien Natur noch circa 520 Tiere in Russland und 10 Tiere in China.
Der Tierpark Hagenbeck beteiligt sich an verschiedenen Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen (EPP). Die Tiere sollen dabei so nachgezüchtet werden, dass sie sich von der wilden Population nicht unterscheiden. Es wird streng kontrolliert, wer sich mit wem paart. Auch Maruschka und Yasha sollen in einigen Jahren für Nachwuchs sorgen. Wenn der Kater etwas größer ist, denn Männchen sind erst ab vier Jahren geschlechtsreif. Bleibt genug Zeit, um sich besser kennenzulernen.