Liebesgrüße aus Eimsbüttel
Unser Kolumnist Harald H. Haase hat sich den 14. Februar rot im Kalender angestrichen. Damit er den Valentinstag auf jeden Fall vergisst. Manchmal ist es besser so, denn die Zeit heilt nicht alle Wunden.
Von Harald H. HaaseKuckuck Eimsbüttel!
Heiße Herzen! Lodernde Liebe! Schmetterlingsschwärme! Manchmal ist es einfach nicht auszuhalten, wenn zwei sich gefunden haben und von nun an als Paar durchs Leben schweben. Wenn sie spüren, dass man zu zweit seltener alleine ist als allein. Die Welt schimmert rosarot bis rosarot. Auf der Harfe spielt Engel-Dieter: „You ´re my heart, you ´re my soul“. Schwerelose tragen eine Airbus-Flotte im Bauch und leiden gerne unter diesem Gefühl. Selbst die Hormone sind süß wie eine überreife Honigmelone. Plötzlich ist das Leben lebenswert, denn jemand anderes ist so unwiderstehlich liebenswert. Verknallt sind die beiden Liebesleute bis über beide Ohren und schreiben dem Partner hinter ebendiese: „Ich liebe dich, mein Hasamster!“
Für sich genommen ist jeder Tag einer Beziehung ein guter Tag, dem Partner zu sagen, dass man ihn gerne hat. Dass man verliebt ist, oder gar, dass man ihn abgöttisch liebt. Immer vorausgesetzt, die Aussage entspricht der Wahrheit und ist nicht nur so dahin gebrabbelt.
Valentinstag auf allen Kanälen
Es gibt Liebende, bei denen diese verbalen Liebeleien durch einen konkreten Anlass ausgelöst werden: Das Essen hat gut geschmeckt, der Blockbuster hat das Herz gerührt, oder der Abfallbeutel ist wie von Geisterhand im Müllcontainer verschwunden. Als wäre diese Verknüpfung nicht schlimm genug, gibt es ein Phänomen, das alles übertrumpft und dem mit Herzblut gefüllten Fass den Boden ausschlägt: Der 14. Februar, auch und besser bekannt als Valentinstag. Schon morgens im Radio darf der Hasi seinen Schatzi grüßen.
Er darf den keineswegs voyeuristischen, eher peinlich ergriffenen Hörern mitteilen, warum der Hasi denn ausgerechnet seinen Schatzi so toll findet. Ähnlich setzt sich die Liebeszurschaustellung im TV fort. Valentinstag aus allen Rohren für alle Poren. Reizende Reizüberflutung. Selbst in dieser Kolumne. Erst, wenn das letzte Schoko-Herz aufhört zu schlagen und die letzte Baccara-Rose auf dem Wohnzimmertisch verdorrt ist, normalisiert sich der Pulsschlag aus hüpfenden Herzen.
Was die Eimsbütteler für den Valentinstag geplant haben erfahrt ihr hier:
Wie feiert Eimsbüttel den Valentinstag?
Wucherpreise für Rosen
Wie unliebend und ungeliebt muss sich fühlen, wer sich diesem kollektiven Psychoterror im Namen der Liebe entzieht. Das denkt sich vor einer Dekade auch ein junger Mann und sinnt über ein adäquates Präsent für seine Partnerin nach. Individuell soll es sein. Einzigartig soll es sein. Es soll ein Alles-in-den-Schattensteller werden. Die drei riesigen Rosen – bloß schmückende Staffage. Dann der Hammer im Blumenladen: Der Rosenpreis hat sich binnen einer Woche verdoppelt. Das ist frech, sogar unverschämt, denkt das Valentinstagsopfer verärgert. Er ist Kolumnist und schwört Rache. Mit der Zeile „Wucherpreise zu Valentinstag treiben jedem Liebenden die Wut ins Herz“, trumpft er auf, verlässt erfüllt, aber nicht hasserfüllt die Redaktion.
Zuhause wartet die Liebste. Mit 100 brennenden Teelichten, einem selbstgekochten Fünfgänge-Menü samt selbstgeschriebener Speisekarte und einem Gutschein für eine Massage. Rührend und liebreizend. Jetzt kommt er. Geht mit ihr Händchen haltend zum Kiosk und drückt ihr dort die druckfrische Abendausgabe mit seinen geistigen Ergüssen in die Hand. Die Reaktion anders als erwartet: „Was soll das?“ Fassungslosigkeit. Selbst nach seinen untauglichen Versuchen, ihr zu erklären, dass da doch verklausuliert stehe, dass er sie liebe. Der Valentinstag hat seine Unschuld verloren, bevor die Turmuhr acht geschlagen hat.
Der Rosenkavalier mit Nachgeschmack
Der nächste Tag in der Redaktion. Er wird als Rosenkavalier begrüßt. Man hätte ihn vor sich selbst schützten müssen, meint süffisant ein Kollege. Die Politikredakteurin will wissen, was denn die Freundin zu dem Geschreibsel gesagt hätte. Der Kolumnist denkt still: Sie hätte mir am liebsten die Eier abgeschnitten. Die arme Freundin wird auf der Arbeit gefragt, ob sie einen geizigen Freund habe und er nicht mal zum Valentinstag bereit sei, ihr ein paar Rosen zu schenken.
Wie viel entspannter ein 14. Februar abgehen kann, zeigt folgender Dialog nach dem Frühstück: „Du Schatz, alles Gute zum Valentinstag!“ „Danke! Dir übrigens auch!“
Schönen Tag noch. Ich hab jetzt frei.
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