Prozess um Biomarkt-Räuber endet – Gericht verhängt Haftstrafe
Sechsmal überfiel Jan B. Tjaden’s-Biomärkte. Nun muss der Familienvater ins Gefängnis. Doch zunächst darf er nach Hause zurückkehren.
Von Christiane TauerDer Prozess um den Biomarkt-Räuber hat am Donnerstag sein Ende gefunden. Das Hamburger Landgericht verurteilte Jan B. zu vier Jahren Haft – wegen fünf Fällen des schweren Raubes, versuchter räuberischer Erpressung und Raubes.
Aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung ging das Gericht von einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Diese führte zu einem milderen Urteil. Selbst in minderschweren Fällen wäre eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren möglich gewesen.
Biomarkt-Räuber war geständig
Bereits am ersten Verhandlungstag im November hatte der 44 Jahre alte Familienvater seine Schuld eingeräumt. „Ich bin der Täter“, sagte er und kämpfte mit den Tränen. Was er damit meinte, waren die sechs Überfälle auf die „Tjaden’s“-Biomärkte an der Eimsbütteler Fruchtallee und der Martinistraße in Eppendorf sowie den versuchten Überfall auf einen Pizzalieferdienst in Groß Borstel.
Die Raubserie fand zwischen August 2021 und Mai 2022 statt und sorgte bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Biomarkts für Angst und Verunsicherung. Als er am 9. Juni dieses Jahres seinen siebten Überfall begehen wollte, wurde Jan B. von Fahndern des Mobilen Einsatzkommandos an der Martinistraße gefasst.
Erpressungen aus dem Drogenmilieu
Vor Gericht hat Jan B. seine Taten mit einer dramatischen Erpressungsgeschichte begründet. Ein Freund von ihm sei vor fast 20 Jahren an einer Überdosis verstorben und habe bei den Drogenhändlern Schulden hinterlassen.
Diese Schulden wollten die Dealer später bei ihm eintreiben. Immer und immer wieder sei er bedroht, geschlagen und erpresst worden, berichtete er. So sei es schließlich zu den Raubüberfällen auf die Biomärkte gekommen – er sei verzweifelt gewesen und habe keinen anderen Ausweg gesehen, um die Geldforderungen zu bedienen.
Biomarkt-Räuber stand unter Alkoholeinfluss
An viele der Taten könne er sich gar nicht mehr erinnern, gab er zu Protokoll. Er habe unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen gestanden.
Ob die Erpressungsgeschichte tatsächlich wahr ist, konnte das Gericht nicht klären. Der Vorsitzende Richter stufte sie als äußerst ungewöhnlich ein. Andererseits: Was sollte sonst das Motiv der Taten sein? „Der Angeklagte hat keine größeren Anschaffungen getätigt, für die er das Geld benötigt hätte“, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen gegenüber den Eimsbütteler Nachrichten.
Nach der Urteilsverkündung nach Hause
Auch seine Alkoholsucht und den gelegentlichen Kokainkonsum konnte er theoretisch mit seinem regulären Gehalt finanzieren. Jan B. arbeitet als Bühnentechniker an einem Hamburger Theater.
Bis zum Antritt seiner vierjährigen Haftstrafe könnte der 44-Jährige diesen Job theoretisch noch ausüben: Er musste nach der Urteilsverkündung nicht ins Gefängnis zurückkehren, wo er fast ein halbes Jahr in U-Haft gesessen hatte, sondern durfte nach Hause zu seiner Familie. „Die Auflage ist, dass er sich zweimal die Woche bei der Polizei melden muss“, sagte Kai Wantzen.
Geringe Fluchtgefahr und familiär eingebunden
Wann genau er die Strafe antreten muss, ist noch offen. Sollte das Urteil in der kommenden Woche rechtskräftig werden, könnten noch mehrere Wochen vergehen.
Eine solche Entscheidung des Gerichts sei äußerst selten, erklärte Wantzen. Sie werde meist nur getroffen, wenn die Fluchtgefahr gering und der Angeklagte familiär eingebunden sei und er im Prozess mitgewirkt habe.