Diskussion um Wohnraum für Geflüchtete geht weiter
Im Stellinger Haus der Jugend ist am Montagabend über die kommende Unterbringung von etwa 400 bis 600 Flüchtlingen auf einem Universitätsparkplatz in der Vogt-Kölln-Straße diskutiert worden. Viele der Besucher zeigen sich dabei offen. Andere fürchten um ihre Steuergelder.
Von Lukas GilbertJohanna Westphalen vom Einwohnerzentralamt, zu dem auch die Ausländerbehörde gehört, und Dr. Torsten Sevecke vom Bezirksamt Eimsbüttel stellen den Besuchern der Informationsveranstaltung zunächst die allgemeine Situation dar. Dabei wird – wie auch schon bei der Infoveranstaltung in Niendorf – deutlich, dass die Stadt momentan unter enormem Druck steht. Immer mehr Geflüchtete in Hamburg stellen die Behörden vor wachsende Herausforderungen.
Zum geplanten Aufbau einer Erstaufnahmestelle (ZEA) in der Vogt-Kölln-Straße konnten die beiden Behördenvertreter bisher wenig sagen. Es wird sich um eine Unterbringung in Zelten und Containern handeln. Momentan ist geplant, dass etwa 400-600 Menschen in die Unterkunft einziehen sollen. Die Arbeiten und der Einzug sollen in den nächsten Wochen beginnen. Der Betreiber der Anlage ist noch unbekannt.
Ausführliche Diskussion
Schnell entbrennt eine hitzige Diskussion. Viele der Besucher interessieren sich zum Beispiel für leerstehende Gebäude. „Wie kann es sein, dass in Hamburg Hundertausende Quadratmeter Büroraum leerstehen und Menschen in Containern und Zelten schlafen müssen?“ fragt ein Herr. „Wie soll man der Bevölkerung vermitteln, dass Flüchtlinge in Gewerbegebieten unterkommen dürfen, Menschen die schon lange in Hamburg leben aber nicht?“ will ein anderer wissen. Auch die Möglichkeit von Enteignungen wird ins Spiel gebracht. Die Antwort von Sevecke fällt sachlich aus. „Das Wohnen in Industriegebieten ist nur nach Polizeirecht möglich, es ist also keine Maßnahme, mit der normale Wohnungsnot bekämpft werden kann.“ Mit Eigentümern von leerstehenden Büroflächen sei man im Gespräch, Enteignungen seien aber rechtlich problematisch und politisch nicht gewollt. „Von Enteignungen sind wir ganz weit weg,“ erläutert der Chef des Bezirksamtes.
Kosten für die Steuerzahler
Ein anderes Thema ist die Frage nach den Kosten. „Ich zahle 30.000 Euro Steuern im Jahr. In Deutschland gibt es Altersarmut – überall wird gespart! Alles vergammelt! Aber dafür scheint Geld da zu sein“, schimpft etwa ein sichtlich aufgebrachter Mann, der über die gesamte Veranstaltung durch häufig beleidigende Zwischenrufe auffällt.
Sevecke erläutert, dass die Maßnahmen selbstverständlich viel Geld kosten und man sich auf Veränderungen im Stadtbild, zum Beispiel durch neue Wohnungen in Leichtbauweise, einstellen muss. Dies seien allerdings Einschränkungen, die nötig sind um das Grundrecht auf Asyl zu gewährleisten. „Unsere Verfassung ist ein hohes Gut,“ betont er.
Grundsatzfragen
Mehrfach betonen Besucher, dass die Fluchtursachen bekämpft werden müssen. Dabei wird auch grundsätzliche Kritik an der Stadt Hamburg geübt: „Auch Hamburg betreibt Standortkonkurrenz, vom Hamburger Hafen aus werden Waffen exportiert.“ erklärt ein Mann.
Solche „politischen Statements“ will vor allem Johanna Westphalen nicht gelten lassen: „Dass Hamburg, Deutschland oder Europa für Fluchtgründe verantwortlich sein soll, lehne ich ab. Die Ursachen für Flucht sind zum Beispiel brutale Herrscher in afrikanischen Ländern, nicht aber die Politik Hamburgs, Deutschlands oder Europas“.
Hilfe für Geflüchtete
Vertreter vom Fachbereich für Informatik, zu dem der Parkplatz gehört, auf dem die Unterkunft gebaut werden soll gehört, bieten konkrete Hilfe an. Sie signalisieren dabei ihre klare Unterstützung für Geflüchtete. So entwickeln sie beispielsweise Möglichkeiten, WLAN für die Menschen in der Unterkunft bereitzustellen. Die Arten der Hilfe will man mit dem Bezirksamt abstimmen. Das macht auch Sinn um zu gewährleisten, dass die richtige Hilfe bei den Menschen ankommt.
Auch unter den anderen Besuchern ist die Hilfsbereitschaft hoch. Eine junge Frau erkundigt sich nach Spendenmöglichkeiten, während andere dafür werben, gemeinsam am Runden Tisch über Unterstützung zu diskutieren.
Im Eingangsbereich lagen passende Broschüren aus, auf denen man sich über Hilfe informieren konnte.
An der Uni Hamburg fand zeitgleich ein Vernetzungstreffen statt, bei dem sich Studierende über Möglichkeiten der Unterstützung von Geflüchteten austauschen konnten.
Die Stadt hat eine Übersichtsseite erstellt, auf der sich Menschen über ehrenamtliche Tätigkeiten informieren können.
Triff deine neuen Nachbarn: Mehr Informationen über Flüchtlinge in Eimsbüttel in unserer audiovisuellen Pageflow-Reportage.
Flüchtlingsunterkünften in Eimsbüttel: Wir geben einen Überblick über die Standorte und zeigen euch, wo ihr wie helfen könnt.