Trump beim G20-Gipfel: Kommentare aus der Politik
Der G20-Gipfel findet dieses Jahr in Hamburg statt. Die Staatsoberhäupter der G20-Länder werden in der Hansestadt gastieren. Darunter auch öffentlich umstrittene Politiker wie Trump, Erdoğan oder Putin. Wir haben uns im Zuge der ersten Demonstrationen gegen die Politik Trumps vor dem US-Generalkonsulat bei der Polizei und in der Bezirkspolitik umgehört, wie diese mögliche Risiken für Eimsbüttel im Zuge des Wirtschafts-Gipfels einschätzen.
Von Karoline GebhardtHamburg ist Gastgeber des G20-Gipfel am 7. und 8. Juli dieses Jahres. Zu dem Treffen werden Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer erwartet. Seit 1999 besteht die G20 als Zusammenschluss und dient als Forum für die Kooperation in zentralen Fragen des Finanzsystems.
Bei dem Treffen werden öffentlich umstrittene Politiker, wie die Staatsoberhäupter der Türkei und Russland, Erdoğan und Putin, Hamburg besuchen. Nun wurde ein weiterer Gast bestätigt, der seit seinem Amtsantritt mit deutlicher Kritik an seinem politischen Handeln überzogen wird. US-Präsident Donald Trump bestätigte bei seinem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel seinen Besuch im Juli in der Hansestadt.
Erste „Anti Trump“ Bewegungen
Unter dem Slogan „Brücken bauen, Mauern einreißen“ versammelten sich bereits Dienstagabend rund 750 Demonstranten vor dem US-amerikanischen Generalkonsulat am Hamburger Alsterufer in Rotherbaum. Mit zahlreichen Bannern und Transparenten zeigten die Teilnehmer ihre Solidarität mit denjenigen, die von Trumps Einreiseverbot betroffen sind. Per Dekret ordnete der US-Präsident in den ersten Tagen seiner Amtszeit an, dass Bürger aus den mehrheitlich muslimischen Staaten Irak, Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen für 90 Tage nicht einreisen dürfen. Sämtlichen Flüchtlingen wurde zudem die Einreise für 120 Tage und Syrern auf unbestimmte Zeit untersagt.
Man wolle dem Rassismus und der menschenverachtenden Politik des neuen US-Präsidenten nicht einfach zusehen, heißt es im Facebook-Veranstaltungstext der Demonstration, für die rund 3.200 Menschen ihr Interesse bekundeten. Die von Grünen-Politiker Maximilian Bierbaum initiierte Demonstration endete gegen 20 Uhr und verlief nach Angaben der Polizei friedlich.
Auch das OSZE-Ministertreffen sorgte im vergangenen Jahr für Meinungsverschiedenheiten. Es gab nur wenige Ausschreitungen oder Demonstrationen, teilte die Polizei mit. Ob auch der G20-Gipfel friedlich ablaufen wird, wird von Politikern, dem Studierendenausschuss der Universität Hamburg, den Bezirksämtern und der Polizei unterschiedlich eingeschätzt. Welche Beeinträchtigungen werden bezüglich des diesjährigen Politikertreffens erwartet?
Großdemonstration mit bis zu 100.000 Teilnehmern
Die Polizei Hamburg konnte bezüglich möglicher Ausschreitungen keine konkrete Stellungnahme abgeben. Zum jetzigen Zeitpunkt lägen „keine Hinweise vor, die auf eine konkrete Gefährdung anlässlich des G20-Gipfels hindeuten“, teilte Pressesprecher Ulf Wundrack mit. Klare Stellung hinsichtlich Komplikationen bezieht der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität Hamburg (AStA). „Ja, es wird zahlreiche und große Protestaktionen geben“, so Armin Günther vom AStA. Nach dessen Angaben sei für den 7. Juli bereits eine Großdemonstration von einem bundesweiten Protestbündnis angemeldet worden.
Auch SPD-Politiker Matthias Marx rechnet mit größeren Protestaktionen. Die SPD Eimsbüttel stehe „für das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht friedlich zu demonstrieren“, so Marx. Damit stimmt sie mit dem Hamburger Senat überein: „Es soll ausreichend Gelegenheit bestehen, kritische Punkte zu benennen. Hamburg ist das Tor zur Welt und eine offene Stadt, auch für Widerspruch. Wir wollen nicht zur Festung werden. Deshalb werden wir darauf dringen, dass in der Stadt auch die Kritik an G20 ihren festen Platz findet“, heißt es aus der Senatskanzlei. Auch die GRÜNE Eimsbüttel teilt diese Ansichten. „Wir setzen darauf, dass Hamburgs Bürgerinnen und Bürger Erdogan, Putin und Trump zeigen, wie eine weltoffene Stadt kreativ, bunt und demokratisch gegen ungerechte Politik protestieren kann.“ Sie verweist auf den „Gipfel der globalen Solidarität“, der am 5. und 6. Juli im Schauspielhaus, auf dem Kampnagel und an anderen Orten stattfinden wird.
Die CDU-Fraktion Eimsbüttel teilte mit, dass von Seiten der Partei bisher keine Proteste geplant seien. „Überraschenderweise“, so CDU-Fraktionsvorsitzender Rüdiger Kuhn. Lediglich Aufrufe in sozialen Medien oder durch Plakate im Straßenbild würden auf organisierte Aktionen hinweisen.
Die GRÜNE Eimsbüttel beteiligt sich an der Planung von Aktivitäten rund um den Gipfel, an denen nach Angaben der Fraktion neben links stehenden Gruppierungen auch große Stiftungen und kirchliche Entwicklungsorganisationen teilnehmen würden. „Es ist also mit einem sehr breiten Spektrum an Kritik zu rechnen“, resümiert Falk Schmidt-Tobler, GRÜNE-Kreisgeschäftsführer.
„Randale-Tourismus“ zu erwarten
Kuhn vermutet, dass gerade linksorientierte Kritiker den „Event“-Charakter des Gipfeltreffens schätzen würden. Man könne mit europaweitem „Randale-Tourismus“ rechnen. Nach Einschätzung von Kuhn müsse man aber auch mit Gewalt aus entgegengesetzten Lagern rechnen, da auch rechte Gruppen „zunehmend gegen Macht- und Kapitalismusstrukturen“ vorgingen. Er rechnet damit, dass gerade „symbolische Ziele wie Banken, Firmen oder Luxusautos“ nicht sicher sein werden. „Ein friedlicher Protest gehört für die durch uns erwarteten Gruppen schon zum Mainstream“, befürchtet Kuhn. Protestaktionen seien nach seinen Angaben auch in Hinsicht auf die Besuche von Erdogan und Putin zu erwarten. Die CDU erwarte hier allerdings höchstens von „betroffenen Gruppen“ wie etwa Kurden und Ukrainern Kritik. Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir befürchtet jedoch, dass sich der Staat durch die Anschaffung von Panzerfahrzeugen für die Hamburger Polizei und die Ausrüstung von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten mit Sturmgewehren bereits auf gewalttätige Vorgehensweisen einstellt.
Kritik am G20-Gipfel
Kritische Stimmen werden bereits im Vorfeld des Gipfels laut. „DIE LINKE. Eimsbüttel freut sich, dass die VeranstalterInnen des Methfesselfestes 2017 Ende Juni in Eimsbüttel ebenfalls die Proteste gegen den G20-Gipfel als Thema gewählt haben“, erklärt die Fraktion. Schwerpunkt der Partei sei nach eigenen Angaben deren Aufruf zur Großdemonstration gegen den G20-Gipfel am 8. Juli 2017. Grund für die Kritik sei die Konstellation von G20. Man wolle auf dem Treffen einen „Plan für Afrika“ beschließen, obwohl mit der Republik Südafrika nur ein afrikanisches Land am Tisch sitze, so Gerald Kemski-Lilleicke, Sprecher des Bezirksverbandes Eimsbüttel. Die LINKE findet: „Das ist nicht akzeptabel.“ Mit dem G20-Gipfel habe Bürgermeister Olaf Scholz eine „undemokratische Veranstaltung“ nach Hamburg geholt.
Özdemir kritisierte zusätzlich die Wahl des Veranstaltungsortes aufgrund seines alternativen Charakters. „Die Anwohner der vom Gipfel besonders betroffenen Viertel haben bereits einmal ein Gefahrengebiet zu Fall gebracht, und sie werden auch diesmal die Einschränkung ihrer Rechte nicht hinnehmen“, so Özdemir.
Trump als Zunder
Inwieweit der bestätigte Besuch des US-Präsidenten Trump die Kritik an G20 noch vervielfacht, ist fraglich. Der AStA vermutet in den aktuellen Dekreten einen Anlass, sich im Rahmen der Kritik vor allem auf Trump „einzuschießen“. Auch LINKE-Sprecher Kemski-Lilleike nach bestehe „die Möglichkeit, dass das Erscheinen von Donald Trump die Zahl der DemonstrantInnen noch erhöht“. Gleichwohl sei die Veranstaltung auch mit einer Teilnahme zum Beispiel von Hillary Clinton als „Vertreterin der Wall Street“ keinesfalls akzeptabler, so Kemski-Lilleike.
Wie die CDU mitteilte, würden Protestaktionen gegen den russischen und türkischen Staatschef „im Schatten von Trump oder der G20-Kritik bleiben.“ Das Erscheinen des US-Präsidenten stärke allerdings die Fokussierung auf den G20-Gipfel. „Bleibt er seiner Linie treu, müsste er einer der größten Kritiker der Gemeinschaft selbst sein“, so Kuhn. Themen wie Demokratie, Pressefreiheit und Menschenrechte könnten die Proteste gegen die Globalisierung überschatten. Dadurch könne die ursprüngliche Botschaft der Protestler verwässert werden, so Kuhn. Schmidt-Tobler geht hingegen davon aus, dass die Themen des Gipfels die Menschen auch unabhängig vom US-Präsidenten beschäftigen würden. Dennoch ziehe seine Präsenz Aufmerksamkeit auf den Gipfel. Özdemir erwartet von dem Besuch Trumps eine „stark mobilisierende Wirkung auf die Gipfelproteste.“
Beeinträchtigungen in Eimsbüttel
Bezüglich zu erwartender Beeinträchtigungen in Eimsbüttel herrscht weitestgehend Einigkeit. Die SPD Eimsbüttel und die GRÜNE gehen von starken Beeinträchtigungen im Bezirk aus. „Staatsgäste wie der russische und der amerikanische Präsident haben die höchste Sicherheitsstufe“, betont Marx von der SPD. Auch die LINKE rechne mit einem Ausnahmezustand: „Schon beim OSZE-Gipfel waren die Eimsbüttlerinnen und Eimsbüttler mit einer massiven Polizeipräsenz konfrontiert und es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass diese beim G20-Gipfel noch gesteigert wird“, teilte Kemski-Lilleike mit. Özdemir spricht sogar von „massiven Einschränkungen der Bürgerrechte.“ Nach Angaben des AStA sei besonders im Univiertel permanente Lärmbelästigung durch Hubschrauber und ein starkes Polizei-Aufgebot am Boden zu erwarten. Auch Straßensperrungen sowie Polizeikontrollen und damit eine erhöhte Verkehrsbelastung seien wahrscheinlich, so der AStA.
Die CDU fürchtet, dass „prophylaktische Einschränkungen durch Polizei und Verwaltung“ aufgrund zu erwartender Ausschreitungen berechtigt seien. Man müsse gerade im Kerngebiet mit Zugangsbeschränkungen und Verkehrsbeeinträchtigungen rechnen, so Kuhn. Dem schließt sich Schmidt-Tobler an. Zusätzlich betont er die Überbelastung der Hamburger Hotels, die vor allem auf die Anreise von Menschen zurückzuführen sei, die für den Alternativgipfel und die Großdemonstration nach Hamburg kommen würden.
Das Bezirksamt Altona nimmt hingegen eine andere Position ein. Nach Angaben von Pressesprecher Martin Roehl seien keine Anlässe bekannt, um besondere Vorkehrungen für den Zeitraum des Gipfels zu treffen. Auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) macht zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben hinsichtlich zu erwartender Beeinträchtigungen.