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Hamburg Eimsbuettel Gesundheits Apps
FOTO: ANNA KORF
Magazin #17

Gesund durch eine App? Risiken und Nebenwirkungen

Stellen Sie sich vor, Sie würden einem Marketing Unternehmen Ihre Patientenakte reichen. Das Unternehmen dürfte sich an den Informationen zu Ihrer Gesundheit bedienen und sie für Werbezwecke nutzen: Wie viel Sie wiegen, wie hoch Ihr Blutdruck ist, wann Sie Ihre Menstruation haben oder wie hoch Ihre Cholesterinwerte sind. Würden Sie diese Daten mit einer Werbefirma teilen wollen?

Von Catharina Rudschies

Tatsächlich händigen Millionen von Bürgern freiwillig intimste Informationen über ihren Gesundheitszustand an genau solche Firmen aus. Den meisten ist dieser Umstand vermutlich nicht bewusst. Denn was sie machen, ist nur eines: Sie nutzen Gesundheits-Apps, die Aufschluss über ihren Körper, ihre gesundheitliche Verfassung und die Möglichkeiten zur Optimierung liefern sollen.

Ein flacherer Bauch, eine gesündere Ernährung, regelmäßiger Schlaf oder die Kontrolle der Herzfrequenz sind nur einige Ziele, die Gesundheits-Apps versprechen. Und Untersuchungen haben ergeben: Apps können helfen, derlei Ziele zu erreichen – vorausgesetzt, die Software ist gut und der Nutzer hält sich an die Anwendungsregeln. Nicht umsonst nutzen zwei von drei Smartphone-Besitzern in Deutschland mindestens eine Gesundheits-App (Quelle: „Digital Health”-Studie, Bitkom, 2019).

Doch die Nutzung dieser digitalen medizinischen Helfer birgt auch ihre Risiken. Datenschutz wird bei vielen Apps nicht unbedingt groß geschrieben. Denn es sind Daten, mit denen die Betreiber ihr Geld verdienen: Sie leiten die gesammelten Informationen an Firmen weiter, die die daraus gewonnenen Erkenntnisse für Werbezwecke nutzen können. Gesundheitsdaten sind dabei heiß begehrte Ware, sagen sie doch viel über Interessen und Kaufbereitschaft eines Menschen aus.

Das Geschäft mit den Gesundheitsdaten

Frauen, die gerade ihre Menstruation haben, fühlen sich zum Beispiel oft verletzlicher, sodass sie für gezielte Werbung empfänglicher sind als in anderen Zyklusphasen. Menschen mit Diabetes sind die perfekte Zielgruppe für zuckerfreie Produkte. Und jemand, der eine Fitness-App zum Tracking seiner sportlichen Aktivitäten nutzt, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit Sportkleidung kaufen als Menschen mit Übergewicht.

So ist das Handeln mit Daten zu einem Geschäft geworden. Natürlich nehmen nicht alle Apps an diesem Handel teil. Je mehr das Sammeln und Nutzen von Daten in den letzten Jahren zugenommen hat, desto mehr rückt die Problematik in die Öffentlichkeit. Zudem versuchen gesetzliche Neuerungen wie die europäische Datenschutzgrundverordnung, Verbraucher zu schützen.

Einige Apps folgen diesem Drängen auf mehr Datenschutz, nutzen die nötigen Verschlüsselungstechniken und lehnen jede Weitergabe von personenbezogenen Daten ab. Andere hingegen versuchen die Regeln einfach zu umgehen, indem sie schwammige Formulierungen in die Datenschutzbestimmungen schreiben.

Der „whatever-button“

Das Problem ist, dass Nutzer oft nicht wissen, wozu sie eigentlich zustimmen. Forscher sprechen bei der Einwilligung von einem „whatever-button”. Das heißt, Verbraucher stimmen „was auch immer” zu, um das Produkt nutzen zu können. Dass sie der Samsung Health App beispielsweise sogar Zugriff auf Bilder, Anrufinformationen und Kontakte gewähren und somit selbst anonymisierte Daten zu einem höchstpersönlichen Daten-Set machen, wird wohl den wenigsten bewusst sein.

Die gemeinnützige Organisation Privacy International fand zudem kürzlich heraus, dass eine Vielzahl an Apps, darunter auch Menstruations-Apps, sensible Daten an Facebook weiterleiten, selbst wenn die Nutzer keinen Account bei dem sozialen Netzwerk haben.

Apps mögen also unter Umständen dabei helfen, mehr auf die Gesundheit zu achten. Die Frage ist, zu welchem Preis. Bei der Auswahl der genutzten Produkte lohnt ein kritischer Blick in die Datenschutzbestimmungen. Meine persönliche Regel ist dabei immer: Je unklarer die Sprache, desto weniger Vertrauen schenke ich ihnen. Und wo Vertrauen fehlt, suche ich eine Alternative. Im Notfall gilt: Gesund sein kann ich auch analog.

Hamburg Eimsbuettel Catharina Rudschies
Catharina Rudschies


Als Edward Snowden 2013 die NSA-Affäre auslöste, fing unsere Autorin Catharina Rudschies an, sich intensiv mit den Auswirkungen der Digitalisierung zu beschäftigen. Seither lebt sie nach dem Prinzip: Konsumiere, was dein Recht auf Privatsphäre wahrt.

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