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Es ist eines der größten Kunstwerke Eimsbüttels: das Fenster mit den Grindelkatzen. Doch wer hat das Bild gemalt? Foto: Tim Eckhardt
Es ist das vielleicht bekannteste Fenster der Stadt. Aber der Ursprung des Gemäldes wirft Fragen auf. Foto: Tim Eckhardt
Magazin #30

Das Geheimnis der Grindelkatzen

Es ist eines der größten Kunstwerke Eimsbüttels: das Fenster mit den Grindelkatzen. Doch wer hat das Bild gemalt? Warum lassen sich keine vergleichbaren Werke des Künstlers finden? Und weshalb verschwand in den Neunzigern plötzlich die Signatur? Ein Katz-und-Maus-Spiel.

Von Vanessa Leitschuh

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Die Wände der Oberstraße 2 haben Ohren. Vier Stück, spitz und pelzig. Sie gehören den grau-schwarz gestreiften Katzen, die überlebensgroß vor einem offenen Fenster über den Grindelberg blicken. Hinter ihnen das Alsterpanorama. Jeder Eimsbütteler, wenn nicht jede Hamburgerin kennt sie: die Grindel­katzen. Seit 1982 prangt das Gemälde an der Fassade des fünfgeschossigen Altbaus.

Die Vorgeschichte

„Wenn ich diese Katzen sehe, weiß ich, ich bin zu Hause”, schrieb uns eine Leserin auf einen Artikel von 2016. Eine andere erinnerte sich an ihre Eimsbütteler Grundschulzeit: „Das Bild war im Sachkundeunterricht beim Thema Katzen ein großer Bestandteil.”

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Damals, 2016, wollte die SPD Eimsbüttel das Wandbild unter Denkmalschutz stellen lassen. Die Behörde lehnte ab, noch sei das Gemälde zu jung dafür. Mit dem Antrag ging das Bild durch die Hamburger Medien. Ob in Berichten, im Antrag der Politik oder auf diversen Internetseiten: Überall werden die Grindelkatzen Georges-Louis Puech zugeschrieben. Puech war seinerzeit in der Hamburger Wirtschaft bekannt – doch entwarf er auch Fassadenkunst?

Fünf Jahre später erreicht eine Nachricht das Postfach der Eimsbüt­teler Nachrichten: „Zufällig bin ich auf Ihrer Website gelandet und möchte dazu eine Info senden.” Die Grindelkatzen, nicht Puech, sondern Wolfgang Brand habe sie entworfen, schreibt die Leserin. „Vielleicht hat er das Bild nicht an die Wand gebracht, aber die Vorlage ist mit absoluter Sicherheit von Wolfgang Brand.”

Als 1993 das Gebäude am Grindel­berg zusätzlich gedämmt wurde, erneuerte man das ursprüngliche Katzenbild. Dabei verschwand die Signatur des Künstlers. Von wem stammen die Grindelkatzen nun?

Die Suche

Wer Fragen zur Vergangenheit Eimsbüttels hat, dem ist die Geschichts­werkstatt ein dankbares Archiv. Jedes Thema hat hier einen Karton, in dem Bilder und Zeitungsartikel gesammelt werden. Einer dieser Kartons ist gefüllt mit Fotos und Berichten zu „Kunst im öffentlichen Raum” oder „Kunst am Bau”. Aber – oh Katzenjammer – das Gemälde an der Oberstraße taucht nicht auf. Anwohner äußern nur vage Vermutungen. Auch das Bezirksamt Eimsbüttel hat keine Antworten auf Fragen zum Ursprung der Grindelkatzen. Womöglich habe die Kulturbehörde das Fassadenbild in Auftrag gegeben?

Nein, hat sie nicht, schreibt ein Sprecher der Kulturbehörde. Zwar seien durch das Programm „Kunst im öffentlichen Raum” bisher 16 permanente Werke im Bezirk Eimsbüttel entstanden, die Grindelkatzen gehörten aber nicht dazu. Trotzdem wisse das Amt, dass die Katzen von dem Künstler Hans-Gustel Agné stammen.

Damit sind es drei Künstler, die infrage kommen. Wer waren sie?

Die Künstler

Georges-Louis Puech

Georges-Louis Puech, geboren 1938 in Lothringen, aufgewachsen in Südfrankreich, studierte Jura in Straßburg. Kurz arbeitete er dort bei einer Bank. Dann zog es ihn 1962 nach Hamburg, wo er erst in einer Reederei angestellt war und später als Wirtschaftsredakteur bei der Zeit. 1970 machte er sich selbständig: Er gründete die „Gesellschaft für Europäische Kommunikation”, eine Hamburger PR-Agentur. Für seine Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.

„Er war ein Liebhaber von Kunst und Architektur”, schrieb die FAZ in einem Nachruf 2002. Ansonsten taucht er, was Kunst betrifft, ausschließlich im Zusammenhang mit dem Wandbild am Grindelberg auf. Andere vermeintlich von ihm stammende Werke lassen sich nicht finden.

Wolfgang Brand

Wolfgang Brand lebte im Osten Hamburgs und war Art Buyer bei der Werbeagentur Masius. Eine Agentur, die für Marken wie Whiskas, Sheba oder Catsan Werbung machte – und etwa für den Slogan „Katzen würden Whiskas kaufen” verantwortlich war. Aber auch im Privaten spielten die Tiere eine Rolle in Wolfgang Brands Leben. So malte er vorzugsweise Katzenbilder, die man bei ihm bestellen konnte. Er bebilderte auch ein Buch: „KatzenBilderGeschichten” – ein Bildband mit Kurzgeschichten über Katzen, illustriert von Wolfgang Brand.

Bild von Wolfgang Brand aus dem Buch „KatzenBilderGeschichten“. Foto: Ackermanns Kunstverlag München

Eine weitere von Wolfgang Brand gemalte Katze aus dem Buch „KatzenBilderGeschichten“. Foto: Ackermanns Kunstverlag München

Der Künstler und Art Buyer Wolfgang Brand neben einem von ihm gemalten Katzenmotiv. Foto: Gisela Caspersen / Ackermanns Kunstverlag München

Leider starb Brand schon in den Neunzigern im Alter von 46 Jahren. Doch frühere Bekannte von ihm vermuten, dass er der Künstler hinter den Grindelkatzen ist, da sie dem Stil des Künstlers stark ähneln. „Ich bin davon ausgegangen, dass das Bild von Wolfgang ist”, sagt etwa Anna Gundlach. Ihre Mutter war eine gute Freundin von Brand und sie selbst hatte in ihrem Kinderzimmer viele Katzenbilder von ihm hängen.

Hans-Gustl Agné

Der einzige der drei Männer, der heute noch lebt, ist Hans-Gustel Agné. Er ist 75 Jahre alt und Hamburger Architekt. Er betrieb ein Planungsbüro mit seinem Partner Jebens-Friccius. Im Lauf seiner Karriere designte er vor allem Privatjachten und Kreuzfahrtschiffe – doch begonnen hat er neben seinem Studium als Stadtraumgestalter.

Die Auflösung – oder: die Katze aus dem Sack lassen

Es ist das vielleicht bekannteste Fenster der Stadt, doch kaum jemand scheint den Namen des Künstlers zu kennen, der es entworfen hat. Als Eigentümerin des Katzenhauses kann die SAGA das Rätsel schließlich auflösen. Eine Archivrecherche des Unternehmens zeigt:

„Der ursprüngliche Künstler des dort angebrachten Wandbildes war Hans-Gustel Agné. Im Mai 1982 begann er mit den ersten Entwürfen und erstellte in der Zeit vom 18.08.1982 – 05.10.1982 das Bild an der Fassade.”

Auch Hans-Gustel Agné selbst bestätigt, die Grindelkatzen entworfen und mit Helfern an die Wand gebracht zu haben. Und: „Das Wandbild wurde von mir persönlich 1986 signiert. Leider wurde es zum Teil laienhaft übermalt. Dabei wurde mein Signet entfernt.”

Hinter dem Bild stand die Idee, den Hamburgern etwas zurückzugeben, was nach dem Krieg verloren geglaubt war: „Ein Stück großbürgerliches Wohnen mit Ausblick auf die Alster.” Die Farben sollten dabei einen Kontrast zum Einheitsgrau der Stadt bilden. So beschreibt Agnés Sohn Moritz das Werk in einem noch unveröffentlichten Buch zu den Wandmalereien des Vaters.

Der Erfolg des Bildes war so groß, dass Hans-Gustel Agné noch weitere Katzenbilder und etwa 40 Werke dieser Art in deutschen Städten umsetzte: die Grindelkatzen haben daher Geschwister in Pöseldorf, Frankfurt und Düsseldorf.

Hans-Gustel Agné in seinem Atelier, als er die Vorlage für das Grindelkatzen-Schwesterbild malte. Statt wie üblich Entwürfe im Maßstab 1:50 vorzumalen, unternahm Agné zeichnerische Studien der Katzen im Maßstab 1:5. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Die Geschwister der Grindelkatzen: Fassadenbilder von Hans-Gustel Agné in Frankfurt und Düsseldorf (von links). Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Hauptberuflich designte Hans-Gustel Agné Schiffe – wie die MS Hamburg (auf dem Bild). Das Kreuzfahrtschiff entwarf der Architekt gemeinsam mit seiner Frau. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Die Grindelkatzen: links das Original vor der Erneuerung im Jahr 1993, rechts wie das Bild heute aussieht. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné / Tim Eckhardt

Die Grindelkatzen heute. Foto: Tim Eckhardt

Aber wie kommt es, dass Georges-Louis Puech so oft als Urheber auftaucht? Hans-Gustel Agné erklärt: Puech war als Chef der „Gesellschaft für Europäische Kommunikation” der Auftraggeber und Initiator des Wandbildes.

Und wie kommt es zur Ähnlichkeit mit Werken von Wolfgang Brand? Das scheint Zufall. Doch tatsächlich ist die Verwandtschaft zum ursprünglichen Bild gar nicht so groß. Erst seit die Grindelkatzen 1993 übermalt wurden, ähneln sie der „naiven Malerei” von Wolfgang Brand mehr.

Die Zukunft

Inzwischen gibt es Pläne, das Gebäude der Grindelkatzen zu sanieren. Einen genauen Zeitplan gebe es noch nicht, sie befänden sich in einer frühen Planungsphase, erklärt ein Sprecher der SAGA. Doch: „Die Bedeutung des Wandbildes für den Stadtteil – und darüber hinaus – ist uns bewusst. Daher streben wir den Erhalt des Kunstwerks und eine behutsame Restaurierung gemeinsam mit dem ursprünglichen Künstler an.”

Hans-Gustel Agné erklärt, er werde die Arbeiten selbst überwachen. Ein Auftrag sei zwar noch nicht vergeben, doch er habe das neue Wandbild bereits entworfen. Natürlich werde sich das Motiv nicht wesentlich verändern – er habe nur Details überarbeitet.


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