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Es ist eines der größten Kunstwerke Eimsbüttels: das Fenster mit den Grindelkatzen. Doch wer hat das Bild gemalt? Foto: Tim Eckhardt
Es ist das vielleicht bekannteste Fenster der Stadt. Aber der Ursprung des Gemäldes wirft Fragen auf. Foto: Tim Eckhardt
Magazin #30

Das Geheimnis der Grindelkatzen

Das Katzenbild am Grindelberg zählt zu den bekanntesten Gemälden der Stadt – doch wer es geschaffen hat, weiß niemand. Unsere Autorin hat sich auf Spurensuche begeben. Ein Katz-und-Maus-Spiel.

Von Vanessa Leitschuh

Einen Ausblick wie diesen wünschen sich viele Hamburger: die Alster mit ihren Segelbooten, der Fernsehturm, die Hauptkirchen. Aber Eimsbüttels berühmteste Katzen haben sich abgewandt. Die eine schläft, die andere schaut lieber auf die sechsspurige Straße. 

Alle kennen die Grindelkatzen. Seit 1982 zieren sie den Grindelberg und räkeln sich an einer Altbaufassade, vor einem Fenster, so groß wie das fünfstöckige Haus selbst. Doch den Künstler kennt niemand. Je nachdem, wen man fragt, wird ein anderer Name genannt. Ich habe mich auf die Suche nach dem Ursprung des Bildes gemacht.

Die erste Spur

Vor dem Gemälde rauschen Autos und Busse vorbei. Nebenan quietscht die Hochbahn, nächster Halt: Hoheluftbrücke. Hundert Meter weiter strömen Besucher über den Isemarkt. Die Autos, die U-Bahn, die Marktbesucher, das sind rund 57.000 Menschen am Tag. Dazu kommen die Busse auf einer der meistbefahrenen Linie Europas, die Anwohner, die Mitfahrer in den Autos… Nicht einmal die Mona Lisa mit ihren 15.000 Besuchern am Tag wird so oft gesehen, wie die beiden Katzen.

Am unteren Bildrand soll einmal eine Signatur gestanden haben, doch davon ist nichts mehr zu sehen. Als das Gebäude 1993 gedämmt wurde, wurde das Katzenbild erneuert und der Schriftzug übermalt.

In den Medien werden die Grindelkatzen Georges-Louis Puech zugeschrieben. Die erste Spur.

Georges-Louis Puech

Georges-Louis Puech, 1938 in Lothringen geboren und in Südfrankreich aufgewachsen, studierte Rechtswissenschaften in Straßburg. Dort arbeitete er kurze Zeit in einer Bank. Dann zog es ihn 1962 nach Hamburg, wo er zunächst bei einer Reederei und später als Wirtschaftsredakteur bei der „Zeit“ arbeitete. 1970 machte er sich selbstständig: Er gründete die „Gesellschaft für Europäische Kommunikation”, eine PR-Agentur in Hamburg. Für seine Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft wurde er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.

„Er war ein Liebhaber von Kunst und Architektur”, schrieb die FAZ in einem Nachruf 2002. Ansonsten taucht er in Sachen Kunst nur im Zusammenhang mit dem Wandbild am Grindelberg auf. Andere Werke, die von ihm stammen sollen, sind nicht auffindbar.

Die zweite Spur

Es war die Nachricht einer Leserin, die den Anstoß zur Recherche gab: Die Grindelkatzen, nicht Puech, sondern Wolfgang Brand habe sie entworfen, schrieb sie der Redaktion. „Vielleicht hat er das Bild nicht an die Wand gebracht, aber die Vorlage ist mit absoluter Sicherheit von Wolfgang Brand.”

Wolfgang Brand

Er lebte im Osten Hamburgs und war Art Buyer bei der Werbeagentur Masius. Eine Agentur, die für Marken wie Whiskas, Sheba oder Catsan warb – und zum Beispiel für den Slogan „Katzen würden Whiskas kaufen” verantwortlich war. Aber auch privat spielten Tiere eine Rolle im Leben von Wolfgang Brand. So malte und verkaufte er vor allem Katzenbilder. Außerdem illustrierte er ein Buch: „KatzenBilderGeschichten” – ein Bildband mit Kurzgeschichten über Katzen.

Bild von Wolfgang Brand aus dem Buch „KatzenBilderGeschichten“. Foto: Ackermanns Kunstverlag München

Eine weitere von Wolfgang Brand gemalte Katze aus dem Buch „KatzenBilderGeschichten“. Foto: Ackermanns Kunstverlag München

Der Künstler und Art Buyer Wolfgang Brand neben einem von ihm gemalten Katzenmotiv. Foto: Gisela Caspersen / Ackermanns Kunstverlag München

Leider starb Brand bereits in den Neunzigern im Alter von 46 Jahren. Seine früheren Bekannten vermuten jedoch, dass er der Künstler hinter den Grindelkatzen ist, da sie seinem Stil sehr ähneln. „Ich bin davon ausgegangen, dass das Bild von Wolfgang ist”, sagt etwa Anna Gundlach. Ihre Mutter war gut mit Brand befreundet und sie selbst hatte viele seiner Katzenbilder in ihrem Kinderzimmer hängen.

Die dritte Spur

Ich mache mich auf die Suche nach weiteren Hinweisen. Wer Fragen zur Vergangenheit Eimsbüttels hat, für den ist die Geschichts­werkstatt ein dankbares Archiv. Zu jedem Thema gibt es hier einen Karton, in dem Bilder und Zeitungsartikel gesammelt werden. Einer dieser Kartons ist gefüllt mit Fotos und Berichten über „Kunst im öffentlichen Raum” oder „Kunst am Bau”. Aber das Gemälde am Grindelberg taucht nicht auf. 

Gespräche mit Anwohnern ergeben nur vage Vermutungen. Die Eigentümerin des Hauses, die SAGA, müsse erst Archive durchforsten, das dauere, so der Pressesprecher. Auch das Bezirksamt Eimsbüttel hat keine Antwort auf Fragen nach der Herkunft des Bildes. Man verweist auf die Kulturbehörde, vielleicht habe die das Fassadenbild in Auftrag gegeben.

Nein, habe sie nicht, schreibt ein Sprecher der Kulturbehörde. Durch das Programm „Kunst im öffentlichen Raum” seien im Bezirk Eimsbüttel bisher 16 Werke entstanden, die Grindelkatzen gehörten nicht dazu. Doch die Behörde gibt einen neuen Hinweis: Der Schöpfer der Katzen sei Hans-Gustel Agné.

Hans-Gustl Agné

Der einzige der drei Männer, der heute noch lebt, ist Hans-Gustel Agné. Er ist 75 Jahre alt und Hamburger Architekt. Zusammen mit seinem Partner betrieb er ein Planungsbüro. Im Lauf seiner Karriere entwarf er vor allem Privatjachten und Kreuzfahrtschiffe – doch begonnen hat er als Stadtraumgestalter.

Die Auflösung – oder: die Katze aus dem Sack lassen

Über Facebook finde ich Hans-Gustl Agné, der mittlerweile außerhalb von Hamburg lebt. “Ich kann bestätigen, dass ich das Wandbild selbst entworfen und zusammen mit fünf Mitarbeitern gemalt habe”, antwortet er. Und: „Das Wandbild wurde 1986 von mir persönlich signiert. Leider wurde es zum Teil laienhaft übermalt. Dabei wurde mein Signet entfernt.”

Wegen eines Schlaganfalls möchte der Künstler nicht persönlich sprechen. Aber er erklärt mehr über die Hintergründe des Bildes: Die Idee war, den Hamburgern etwas zurückzugeben, was nach dem Krieg verloren gegangen war: „Ein Stück großbürgerliches Wohnen mit Ausblick auf die Alster.” Die Farben sollten einen Kontrast zum Einheitsgrau der Stadt bilden.

Der Erfolg des Gemäldes war so groß, dass Hans-Gustel Agné noch weitere Katzenbilder und etwa 40 Werke dieser Art in deutschen Städten umsetzte: So haben die Grindelkatzen Geschwister in Pöseldorf, Frankfurt und Düsseldorf.

Hans-Gustel Agné in seinem Atelier, als er die Vorlage für das Grindelkatzen-Schwesterbild malte. Statt wie üblich Entwürfe im Maßstab 1:50 vorzumalen, unternahm Agné zeichnerische Studien der Katzen im Maßstab 1:5. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Die Geschwister der Grindelkatzen: Fassadenbilder von Hans-Gustel Agné in Frankfurt und Düsseldorf (von links). Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Hauptberuflich designte Hans-Gustel Agné Schiffe – wie die MS Hamburg (auf dem Bild). Das Kreuzfahrtschiff entwarf der Architekt gemeinsam mit seiner Frau. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné

Die Grindelkatzen: links das Original vor der Erneuerung im Jahr 1993, rechts wie das Bild heute aussieht. Foto: Privatarchiv Hans-Gustel Agné / Tim Eckhardt

Die Grindelkatzen heute. Foto: Tim Eckhardt

Aber wie kommt es, dass Georges-Louis Puech so oft als Urheber auftaucht? Hans-Gustel Agné erklärt: Puech war als Chef der „Gesellschaft für Europäische Kommunikation” der Auftraggeber und Initiator des Wandbildes.

Und wie kommt es zu der Ähnlichkeit mit Werken von Wolfgang Brand? Zufall. Tatsächlich ist die Verwandtschaft zum Original geringer, wenn man es auf den alten Fotos von Agné betrachtet. Erst seit die Grindelkatzen 1993 übermalt wurden, ähneln sie mehr der „naiven Malerei” von Wolfgang Brand.

Die Zukunft

Es gibt Pläne, das Gebäude der Grindelkatzen zu sanieren. Ein Zeitplan stehe noch nicht fest, man befinde sich in einer frühen Planungsphase, erklärt ein Sprecher der SAGA. Aber: „Wir sind uns der Bedeutung des Wandbildes für den Stadtteil – und darüber hinaus – bewusst. Daher streben wir den Erhalt des Kunstwerks und eine behutsame Restaurierung gemeinsam mit dem ursprünglichen Künstler an.”

Hans-Gustel Agné werde die Arbeiten selbst überwachen, sagt er. Einen Auftrag gebe es noch nicht, doch er habe das neue Wandbild bereits entworfen. Natürlich werde sich das Motiv nicht wesentlich ändern – nur Details, nur Details.


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