Anzeige
Aktualisiere Standort ...
Standort konnte nicht ermittelt werden. Aktiviere deine Standortfreigabe.
Standort wurde erfolgreich ermittelt.
Seitdem sie 11 Jahre alt ist, macht Martyna Trajdos Judo. Zuerst in Harburg, 2010 ist sie zum ETV nach Eimsbüttel gewechselt.
Olympische Spiele

Judo-Kämpferin aus Eimsbüttel: „Nach vier Minuten war alles vorbei“

Die 27-jährige Martyna Trajdos ist Judoka und kommt aus Hamburg. Bei den Olympischen Spielen ist sie für den ETV gestartet. Im Interview erzählt sie von den Minuten nach der Niederlage gegen die Brasilianerin Mariana Silva, von prägenden Momenten in Rio und warum Judo Idole braucht.

Von Lea Z. Freist

Martyna, Rio waren deine ersten Olympischen Spiele. Was hat für dich die besondere Olympia-Atmosphäre ausgemacht?

Da die Judoka ganz zu Beginn der Spiele gekämpft haben, habe ich mich zuerst sehr auf den Wettkampf fokussiert und alles Drumherum ausgeblendet. Aber wenn ich durch das Olympische Dorf gegangen bin, die vielen internationalen Athleten gesehen habe, war es doch ein sehr besonderes Gefühl, lag etwas in der Luft. Man hat gemerkt, das ist kein gewöhnlicher Wettkampf.

Viele Sportler berichteten von chaotischen Zuständen in Rio, wie hast du das wahrgenommen?

Ich war nicht das erste Mal in Rio, ich kenne Brasilien von Wettkämpfen und von Trainingslagern. Und überhaupt haben wir Judoka viele Kämpfe an den verschiedensten Ort der Welt, ich bin oft in China, Usbekistan, Kasachstan und daher ein wenig Chaos gewöhnt. Klar, wenn Sportler Luxushotels erwarteten, dann wurden sie enttäuscht. Ich habe immer daran gedacht, dass Brasilien versucht hat, das Beste daraus zu machen und mich deswegen nicht beschwert.

Auch wenn man häufig leere Sportstadien in Erinnerung hat, so sind bei deinem Wettkampf vor allem die lautstarken brasilianischen Fans auf den gefüllten Rängen im Kopf geblieben.

Ja, die Sitzplätze bei meinem Wettkampf waren alles andere als leer. Die Brasilianer waren zwischendurch so laut, dass ich kein Wort mehr von meinem Trainer und meinem Team verstanden habe. Mein kleiner Fanblock ist da etwas untergegangen. Oft ist es bei uns im Judo genau das Gegenteil: In Deutschland sind die Ränge nur halbvoll, der Stellenwert von Judo in Brasilien ist viel größer. Allgemein denke ich, dass die hohen Ticketpreise abgeschreckt haben. Auch die Judotickets waren sehr teuer, so viel verdienen manche Brasilianer in einem Monat. Das kann sich einfach nicht jeder leisten.

Wie bereitest du dich kurz vorm Kampf vor?

Vorm Kampf gibt es ein intensives Aufwärmen. Ich höre Musik, Kanye West und Michael Jackson, um mich in die richtige Stimmung zu bringen. Zehn Minuten vor dem Kampf muss ich alle persönlichen Gegenstände ablegen. Dann geht es auf die Matte.

Was nimmt man vor so einem großen Wettkampf überhaupt wahr?

Ich habe schon, als ich in die Halle gekommen bin, bemerkt, dass ich ausgebuht wurde. So etwas kann man nicht ignorieren. Ich habe probiert den Fokus auf mich zu legen, mich zu konzentrieren, aber normalerweise ist die Stimmung neutraler bei Wettkämpfen. Erst hörte ich die Buhrufe und dann gar nichts mehr, weil es im Anfeuern der Brasilianer verschwand. Ab und zu habe ich mich bewusst zu meinem Trainer gedreht und versucht zu verstehen, was er sagt.

Du bist in deinem Auftaktkampf gegen die Brasilianerin Mariana Silva ausgeschieden. Was waren die Probleme?

Zu Beginn des Kampfes habe ich mich wirklich sicher, sogar ein Stück weit überlegen gefühlt, denn ich hatte zuvor fünf Mal gegen Silva gewonnen. Vielleicht habe ich währenddessen zu viel nachgedacht, vielleicht wollte ich kein großes Risiko eingehen. Dann kam die Strafe, mit der ich nicht gerechnet habe und sie auch nicht als gerecht empfand und das hat mich irritiert. Ich bin nicht an sie rangekommen. Und plötzlich war der Kampf wegen der Strafen auch schon vorbei.

„Alles fühlte sich wie ein riesiges Loch an“

Wie hast du dich danach gefühlt?

Ich stand da und alles fühlte sich wie ein riesiges Loch an, in das ich gefallen bin. Man weiß, was man dafür getan, man weiß, wie oft man gegen Silva schon gewonnen hat, man weiß, dass man alle, die auf dem Podium stehen, im Vorfeld schon besiegt hat. Ich wusste, dass ich eigentlich dazu gehören sollte. Aber ich habe es nicht geschafft. Es ist bitter, vor allem, weil ich mir so viel vorgenommen habe, mich die ganzen Jahre darauf vorbereitet habe. Es wäre eine Lüge, hätte ich mir gegenüber nicht zugegeben, dass ich gewinnen wollte. Die Qualifikation war nur ein Teilziel. Mein Hauptziel war eine Medaille.

Hast du dir danach noch die Kämpfe angeguckt?

Ehrlich gesagt konnte ich das alles in dem Moment nicht mehr ertragen, ich habe schnell die Halle verlassen. Es fiel mir auch an den nächsten Tagen schwer, wieder in das Judo-Stadion zurückzukehren. Seitdem ich 15 Jahre alt bin, habe ich mein Leben meiner Leidenschaft Judo untergeordnet. Es war weitaus mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung. Judo hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, ich habe so viel Energie ins Training gesteckt, ich hatte zwischendurch Verletzungen – es gab Höhen und Tiefen, immer wieder habe ich mich aufgerappelt und trainiert. Und ich wurde immer wieder mit Medaillen belohnt. Nach der Niederlage bei Olympia war da eine Leere: Das waren vier Minuten, auf die ich so lange hingearbeitet habe, und dann war alles vorbei. Sich das Scheitern einzugestehen, war schon extrem. Ich habe die ganze Zeit gedacht: Gibt es eine zweite Chance? Ich kann das doch besser.

Wer hat dich aufgebaut?

Mein Freund, der auch Judoka ist, hat mich aufgefangen. Eine Freundin, die gerade in Brasilien wohnt, hat mich getröstet. Und natürlich auch mein Physiotherapeut und mein Trainer. In den nächsten Stunden haben mich zahlreiche Nachrichten von meiner Familie, Freunden und Fans erreicht, die mich alle enorm aufgebaut hatten. Und ich habe mich daran erinnert, dass es meine ersten Olympischen Spiele sind, die ich einfach genießen muss.

„Ein Besuch in einer Favela hat mich stark geprägt“

Hattest du Zeit dir Rio anzugucken?

Ich habe mir noch ein Handballspiel angeguckt, war beim Schwimmen – beide Stadien waren übrigens auch nicht leer. Die Hauptsehenswürdigkeiten, wie die Christusstatue und den Zuckerhut, kannte ich schon. Was meinen Aufenthalt stark geprägt hat, war ein Besuch mit der Hilfsorganisation „Rio bewegt.Uns“ in einer Favela, vier Sportler aus der Olympia-Mannschaft waren dabei. Wir haben den Kindern Judo gezeigt, mit einem Ball gekickt, einfach die Kinder den Alltag vergessen lassen. Auf dem Weg dorthin, 15 Meter bevor wir gehalten haben, habe ich 14-jährige Jungen mit einer Waffe am Straßenrand gesehen. Das war schon eine krasse Erfahrung. Vor Ort haben wir dann mit den Kindern, geschützt in einer Art Käfig, gespielt. Abends – obwohl man bei Dämmerung die Favela verlassen sollte – waren wir noch bei einer Familie Zuhause eingeladen. Dieser Besuch hat bei mir noch einmal alles, das ganze Meckern, alles, was schiefgelaufen ist, relativiert.

„ETV hat Public Viewings für mich veranstaltet“

Was steht jetzt für dich an? Wirst du in vier Jahren bei den Olympischen Spielen in Tokio dabei sein?

Ich bin 27 Jahre alt, ich habe noch andere Ziele neben dem Sport in meinem Leben. Mit Judo kann ich nicht immer und stetig meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich bin zwar in der Sportfördergruppe, die mich zurzeit absichert, aber das war nicht immer so: Mein Verband und mein Team Hamburg haben mich immer unterstützt, trotzdem musste ich in der Qualifikationsphase jobben, um überhaupt meine Wohnung bezahlen zu können. Mein Ziel ist die nächste WM, dann werde ich in mich reinhören, ob ich das weitermachen will. Erst einmal will ich mein Studium in Köln in Sport und Leistung beenden, ich sitze gerade an meiner Bachelorarbeit. Ich bin auch in Köln, weil unser Frauen-Bundesleistungsstützpunkt hier ist. Nach wie vor will ich meinem Verein, dem ETV, treu bleiben, der meinen Weg mit viel Herz begleitet hat – zu meinen Wettkämpfen wurden sogar Public Viewings veranstaltet.

Fußball bekommt die meiste Förderung und ist am sichtbarsten im deutschen Sport. Was wünschst du dir für Judo?

Das Problem ist einfach, dass Judo in Deutschland nicht so bekannt ist wie in anderen Ländern. Sogar in unserem Nachbarland Frankreich ist es eine sehr populäre Sportart. Nicht nur in Asien und Brasilien verdienen die Judoka richtig gut Geld. Die Mitgliederzahlen in Deutschland schrumpfen von Jahr zu Jahr, das ist traurig. Dabei finde ich, ist Judo für Kinder eine sehr schöne Sportart, die ihnen viel mitgibt. Jeder hat irgendwie Judo schon mal ausprobiert, aber nur wenige bleiben hängen. Die meisten wechseln dann doch zu Fußball. Wir haben auch nicht die Idole, wie Fußballer sie haben, vermarkten uns nicht gut. Wenn Kinder sagen, so wie die in der Werbung, so wie die im Fernsehen spielen, will ich auch mal werden, dann hilft das. Aber Judo ist einfach nicht präsent genug in den Medien, wir bekommen auch nicht die Sendezeiten, den Platz. Dann erhalten wir wiederum nicht die Förderung. Das ist ein Teufelskreis.

Vielen Dank!

Mehr Sport.

Martynas Fototagebuch aus Rio

Anzeige

Entdecken Sie LOKL Produkte

Sichern Sie sich Ihre Lieblingsprodukte direkt hier und unterstützen Sie lokale Anbieter.

Eimsbüttel+

Weiterlesen

Am Freitagmorgen ist auf der A7 zwischen Volkspark und Bahrenfeld nach einer Kollision in großen Mengen Diesel auf die Fahrbahn gelaufen. Die Autobahn war mehrere Stunden gesperrt.

Immer mehr Menschen bewegen sich zu wenig. Die Ökotrophologin Lydia Wilkens erklärt, wie die Ernährung am besten daran angepasst werden kann.

Für frischgebackene Eltern ist es oft eine Herausforderung, Zeit für Sport zu finden. Doch in Eimsbüttel gibt es zahlreiche Angebote, bei denen Eltern gemeinsam mit ihren Babys aktiv sein können. Ob Yoga, Fitness oder Gymnastik – hier ist für jeden Geschmack etwas dabei.

„Der Geheime Garten“ hat eine zweite Filiale eröffnet. Mit einer Neuerung: Ein Café ergänzt den Blumenladen.

-

Hallerplatz 10
20146 Hamburg

Eimsbüttel+

Stromtarif-Banner

Gratis für 1 Jahr

Lese ein Jahr gratis Eimsbüttel+ beim Wechsel zu Eimsbüttel Strom.*

*Nur für Neukunden Wechseln und Prämie sichern