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Hartmut Graßl. Foto: Max-Planck-Institut für Meteorologie

Klimaschutz: „Tun Sie einmal gar nichts“

Wie verändert sich das Klima in Hamburg? Können wir den Klimawandel noch stoppen? Hartmut Graßl ist Physiker, Meteorologe und emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. Im Interview mit den Eimsbütteler Nachrichten erklärt er, wie jeder zum Klimaretter werden kann.

Von Tanja Schreiner

Eimsbütteler Nachrichten: Vor kurzem hat der IPCC den letzten Teil des Weltklimaberichts vorgelegt. Was sind die zentralen Ergebnisse?

Hartmut Graßl: Es gibt drei Arbeitsgruppen, die separate Berichte abgeliefert haben. Die letzte Arbeitsgruppe zum Klimaschutz hat ihren Bericht im April 2014 abgeliefert. Da geht es um die Frage, was man tun müsste, um die großen, massiven Klimaveränderungen – die beispielsweise zum Abschmelzen von Grönland führen würden – zu verhindern. Da gilt Deutschland als ein Pilotland, weil wir eine Energiewende ausgerufen haben und versuchen sie umzusetzen. Das ist die zentrale Meldung der Arbeitsgruppe drei: Ohne den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe ist das Zwei-Grad-Ziel* nicht zu realisieren.

Eimsbütteler Nachrichten: Welche neuen Erkenntnisse liefert der aktuelle Weltklimabericht?

Hartmut Graßl: Wenn ich alle drei Berichte betrachte, kann ich als Wissenschaftler sagen: Es ist nichts aufregend Neues enthalten. Aus der Sicht von Politik und Wissenschaft ist das gut. Es bestätigt, dass die Wissenschaft schon vor 20 Jahren richtig lag. Auf der Basis der Aussage, dass es nichts Neues gibt, heißt das auch, dass es keinen Anlass gibt, die Klimapolitik zu verlangsamen, sondern es ist alles noch viel dringender geworden, als es ursprünglich war, weil man global koordiniert ja fast nichts getan hat.

Eimsbütteler Nachrichten: Sie waren einer der ersten deutschen Wissenschaftler, der vor den Folgen des Klimawandels gewarnt hat. Können wir den Klimawandel denn noch stoppen?

Hartmut Graßl: Die vom Menschen verursachten Veränderungen des Klimas vollständig zu stoppen, schaffen wir in diesem Jahrhundert nicht. Wir können sie nur verlangsamen. Am Ende des 21. Jahrhunderts werden wir starke Klimaveränderungen vorfinden – unabhängig davon, welche Klimapolitik betrieben wurde. Wenn wir stringente Klimapolitik betreiben, werden wir etwa bei diesen zwei Grad Celsius mittlerer globaler Erwärmung gelandet sein. Ohne stringente Klimapolitik wird der starke Anstieg des Meeresspiegels an den meisten Küsten über Jahrhunderte zu Überschwemmungskatastrophen führen.

Eimsbütteler Nachrichten: Was bedeutet das für Hamburg?

Hartmut Graßl: Das hat natürlich für Hamburg langfristig wesentliche Konsequenzen, denn dann bleibt der Meeresspiegelanstieg nicht bei einigen Dezimetern, sondern er steigert sich dann im 22. und 23. Jahrhundert auf über einen Meter. Wer globale Klimapolitik jetzt verschiebt, muss damit rechnen, dass bestimmte Teile der deutschen Küstenregionen nicht mehr durch einfaches höheres Eindeichen zu retten sind.

Eimsbütteler Nachrichten: Was kann jeder einzelne tun, um das Klima zu retten?

Hartmut Graßl: Ich würde gerne vorschlagen auch sprachlich abzurüsten. Wir sollten Klimaänderungen durch uns selbst versuchen zu dämpfen. Klima lässt sich nicht retten, sondern wir sollten es aus Eigennutz nur weniger stören. Meine persönliche Empfehlung – schon in einem Buch 1990 – lautet: „Tun Sie einmal gar nichts. Das Nichtstun ist die ökologisch verträglichste Form des Daseins.“ Man muss ja am Wochenende nicht in den Harz fahren, sondern kann sich in Hamburg auf die Parkbank setzen, entspannen und nachdenken. Dann hat man genauso viel Erholung und man schützt das Klima. Diese Empfehlung wird übrigens noch heute in Schulbüchern verbreitet.

Eimsbütteler Nachrichten: Sind Sie zufrieden damit, wie die Medien über den Klimawandel berichten?

Hartmut Graßl: Man muss damit leben, dass zum Klimathema viel Unfug veröffentlicht wird, weil auch viele Interessen berührt sind und Medien auch politisch gefärbt sind. Schon der Begriff „Weltklimarat“ wird von den Medien falsch verwendet. Der offizielle Titel lautet „Intergovernmental Panel on Climate Change“, zu Deutsch: „Zwischenstaatlicher Ausschuss über Klimaänderungen“ der Vereinten Nationen. Aber die Medien suchen gerne kurze und knackige Berichte und haben daraus den Weltklimarat gemacht. Offiziell heißt er gar nicht so.

Eimsbütteler Nachrichten: Was tun Sie persönlich, um das Klima zu retten?

Hartmut Graßl: Wenn ich unterwegs bin, fahre ich – wann immer möglich – mit der Bahn. Ich mache fast keine großen Wochenendausflüge und ich esse nicht jeden Tag Fleisch. Außerdem habe ich eine besonders gut isolierte Wohnung und habe schon seit 1971 so gewohnt, dass ich zu Fuß zur Arbeit gehen konnte. Das sind alles Dinge, die fast jeder tun kann und durch die die Lebensqualität auch nicht sinkt, sondern meistens sogar steigt.

* Die UN hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Ende des 21. Jahrhunderts eine Erderwärmung unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu erreichen.

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