
Kupferstiche in der Stabi
Die Staatsbibliothek bewahrt neben Millionen von Büchern auch andere Formate in Spezialsammlungen auf, darunter Kupferstiche, Karten, Urkunden, Handschriften und Papyri. Eine bislang kaum beachtete Sammlung alter Drucke wurde jetzt durch ein Studierendenprojekt erschlossen.
Von GastAm Donnerstag um 18 Uhr wird in der Staats- und Universitätsbibliothek unter dem Titel “Manier, Mythos und Moral“ eine Ausstellung niederländischer Druckgraphik aus der Zeit um 1600 aus den Beständen des Hauses eröffnet.
Die niederländische Druckgraphik war verglichen mit denen anderer europäischer Länder von außerordentlicher Qualität. Wenn man durch die Ausstellung geht und die Blätter betrachtet, sollte man sich vor Augen halten, welch einen qualitativen Sprung nach vorn diese darstellen: Etwa 100 Jahre früher, sogar noch um 1550 herum, wurden Illustrationen überwiegend durch Holzschnitte hergestellt. Da ist die Linienführung wesentlich ungelenker als mit einem feinen Metallstichel auf einer Kupferplatte.
Kupferstiche aus dem Frühbarock
Manierismus – eine Stilrichtung nicht nur der Kunstgeschichte, sondern gleichermaßen auch der Literatur- und der Musikgeschichte – prägte die Kunstproduktion für Adel und das gehobene Bürgertum. Klar, Flugblätter und Pamphlete, die kostenlos verteilt wurden, gab es auch, Qualität im Sinne künstlerischen Ausdrucks war das aber nicht. Allegorische Darstellungen in der Kunst trafen um 1600 vermehrt den Geschmack des Publikums, in der Literatur machte sich Schäferlyrik breit – Arkadien war das gelobte Land, in der Musik kamen Opern auf, die auch nicht unbedingt spannender waren, als die heute nur noch schwer zu ertragenden Schauspiele aus dieser Zeit.
Die Zeit um 1600 – das war in England das ausklingende Elisabethanische Zeitalter mit Shakespeare und Marlowe, das waren die Niederlande, die eben das spanische Joch abgeschüttelt hatten, das waren die ewig zerstrittenen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – deutsche Kleinstaaterei und Uneinigkeit kurz vor dem Ausbruch des 30-jährigen Krieges. Und vor allem war es auch ein Zeitalter religiöser Auseinandersetzungen, die mit der Reformation Luthers begonnen hatten und zu Suprematsakte und Gegenreformation, Puritanismus und Auswanderungen in die Neue Welt führten.

Staatsbibliothek zeigt erstmals Sammlung niederländischer Druckgraphik
Die Ausstellung präsentiert jetzt erstmals einen noch nie gezeigten Schatz aus den Katakomben der Bibliothek. Einige der etwa 2.000 Blätter Druckgraphik vorwiegend niederländischer Herkunft aus Hamburger Privatsammlungen des 18.Jahrhunderts können bis zum 24.August betrachtet werden. Darunter sind Graphiken namhafter niederländischer Künstler wie Hendrick Goltzius, Cornelis van Haarlem und Abraham Bloemaert.
Die vorgestellten Zyklen sind von bestechender Schönheit und in ausgezeichnetem Zustand. Ausgewählt wurden neben Darstellungen der Musen und der Vanitas (Eitelkeit) Abbildungen der Sieben Tugenden und der Sieben Laster sowie Allegorien der Lebensalter, der Monate und der Jahreszeiten.
Ein Studierendenprojekt, das höchsten wissenschaftlichen Anforderungen genügt
Diese Ausstellung entstand als Studierendenprojekt des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Hamburg. Es arbeiteten daran etwa 30 Studenten mit – nach der gemeinsam getroffenen Auswahl der nun gezeigten Blätter wurde von ihnen auch ein ausführlicher, die Bilder bis ins Detail kommentierender Katalog erstellt.
Zur Eröffnung der Ausstellung werden die beiden Wissenschaftlerinnen, die das Projekt begleiteten, jeweils einen kurzen einführenden Vortrag halten: Prof. Dr. Iris Wenderholm vom Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg, die das Projekt leitete, und Antje Theise, die Kuratorin der Kupferstichsammlung der Staats- und Universitätsbibliothek, werden sowohl die Bedeutung der Sammlung im Rahmen der Kunstgeschichte als auch ihren Stellenwert als eine der bislang nicht gezeigten Sammlungen der Bibliothek würdigen. Es werden wohl auch nahezu alle beteiligten Studenten anwesend sein.
Jedes der Blätter ist von einzigartiger Schönheit. Keins verdient es, einem anderen vorgezogen zu werden
Das Besondere an dieser Ausstellung ist, “dass es ein Studierendenprojekt ist, das höchsten wissenschaftlichen Anforderungen genügt und das das Publikum für die Virtuosität der Linien und der Gedanken begeistert“, betont Prof. Wenderholm. Begeisterung für die ausgewählten Kupferstiche zeigten auch die beiden Donnerstag vormittag noch mit letzten Vorbereitungen beschäftigten Studentinnen Franca Dahm und Julia Kölle, die auf die Frage, welcher der Stiche ihnen denn am besten gefiele, antworteten: “Alle! Jedes der Blätter ist von einzigartiger Schönheit. Keins verdient es, einem anderen vorgezogen zu werden.“
Die Ausstellung “Manier, Mythos und Moral“ ist vom 3. Juli bis 24. August in der Staatsbibliothek Hamburg zu sehen. Der Eintritt ist frei. Mehr Infos gibt es hier.
Text von Gastautor Matthias Münchow