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Daniel Beskos und Peter Reichenbach vom Mairisch Verlag. Foto: Andreas Hornoff
Daniel Beskos und Peter Reichenbach haben den Mairisch Verlag vor 20 Jahren zusammen mit Blanka Stolz gegründet. Foto: Andreas Hornoff
Magazin #14

Mairisch Verlag: Unkraut vergeht nicht

Kleine, unabhängige Verlage haben es in der deutschen Verlagsszene schwer. Der Eimsbütteler Mairisch Verlag schlängelt sich charmant durch alle Unwägbarkeiten. Heute feiert er 20. Jubiläum. Ein Gespräch über Learning by Doing und die vermeintlichen „Türsteher der Literaturszene”.

Von Nele Deutschmann

In der Schwenckestraße befindet sich ein Ladenbüro mit einem Schaufenster, das zum Verweilen einlädt. Viele Eimsbütteler wissen vermutlich nicht, dass sich dahinter ein erfolgreicher, unabhängiger Verlag verbirgt, der heute sein 20. Jubiläum feiert. „About Songs & Books“ heißt das Ladengeschäft, das sich der Mairisch Verlag mit dem Plattenlabel „DevilDuck Records“ teilt. Bücher und Platten können hier gekauft werden, außerdem finden regelmäßig Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und Vorträge statt.

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In Zeiten von Self-publishing und einer fast unüberschaubaren Verlagslandschaft kommen immer mehr Bücher auf den Markt. „Es ist natürlich so, dass es auch vorher schon sehr viele Bücher gab. Jetzt gibt es einfach noch mehr“, stellt Daniel Beskos fest. Er ist einer der Verleger des Mairisch Verlags. Quantität statt Qualität, so scheint es. Der Mairisch Verlag hat einen anderen Weg eingeschlagen. Maximal fünf bis acht Veröffentlichungen produziert der kleine Verlag pro Jahr. Es werden nur die Projekte umgesetzt, hinter denen das ganze Team steht, die wirklich begeistern. Entscheidungen frei treffen, unabhängig sein. Das macht Independent-Verlage wie den Mairisch Verlag aus.

Die Anfänge

Die Anekdoten um die Entstehung des Indie-Verlags treiben ein Schmunzeln ins Gesicht. Die Gründer Daniel Beskos, Peter Reichenbach und Blanka Stolz kommen alle aus demselben Dorf in Hessen. So überrascht es nicht, dass auch der Name aus dem Hessischen stammt – Mairisch ist ein Ausdruck für Vogelmiere, ein Unkraut. Daniel und Peter wollten eigentlich eine Band gründen, verfingen sich aber stets in den Diskussionen über die Songtexte. Aus der Musik wurde nichts, aus ihrer Liebe für Sprache umso mehr.

Noch in der Schulzeit begannen sie, Lesungen zu organisieren und junge Autoren zu entdecken – in einer Zeit vor Poetry Slams und anderen Plattformen für junge, alternative Literatur. „Wir haben uns immer ein bisschen über das Elitäre aufgeregt, das beispielsweise Lesungen in Literaturhäusern oft auszeichnet“, erzählt Daniel. Sie wollten einen anderen Weg gehen.

Die drei begannen, kleine Heftchen zu produzieren, die die vorgetragenen Texte der Lesungen enthielten. Gedruckt haben sie in Selbstregie im Copyshop oder bei Blankas Eltern. Erst 1999 meldeten die nun schon Studierenden ihren Verlag an. „Da ist man zum Gewerbeamt gelatscht, hat gesagt, man möchte gerne einen Verlag machen, jeder musste 20 Mark zahlen und dann war man eine GbR“, erzählt Daniel.

Literatur, Musik und Hörspiele 

So weit, so gut, so einfach. Aber danach fing die Arbeit natürlich erst an. In Hamburg fand der neu gegründete Verlag das richtige Klima für sein sprießendes Mairisch. Nach und nach bekamen sie Manuskripte in die Hand – unter anderem einen ersten Erzählband von Finn Ole Heinrich, der heute ein bekannter Autor ist und dessen Texte sogar zu den Pflichtthemen im Hamburger Abitur gehörten. Das war 2004. Seitdem ist viel passiert.

"Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes" wurde als eines der "Schönsten deutschen Bücher 2019" ausgezeichnet. Foto: Carolin Rauen
„Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes“ wurde als eines der „Schönsten deutschen Bücher 2019“ ausgezeichnet. Foto: Carolin Rauen

Nach dem Studium kam der Punkt, an dem das Mairisch-Team sich entscheiden musste, ob sie sich auf Stellen bewerben oder ihr eigenes Projekt weiter durchziehen sollen. Sie entschieden sich für ihren Verlag – was auch bedeutete, dass sie sich erstmal über Nebenjobs finanzieren mussten. Der Verlag wuchs langsam, aber stetig. Seit 2005 betreibt das Team den Verlag professionell, seit 2012 können sie davon leben.

Das Team wurde ausgeweitet und die Arbeit jedes Jahr ein Stück weit professionalisiert. Zunächst veröffentlichte der Verlag hauptsächlich Belletristik. Die Autoren hatten sie auf ihren Lesereisen – oft in Kneipen – kennengelernt. Nach und nach erweiterten sie ihr Programm. Hörspiel und Musik wurden veröffentlicht.

Jung und unabhängig

Die Arbeitsteilung hat sich bis heute kaum verändert. Jeder mache alles so ein bisschen, erzählen Daniel, Peter und ihre Verlagsassistentin Nefeli Kavouras. Sie alle betätigten sich im Lektorat, organisierten Bürokram, Veranstaltungen, die Presse und die Websitebetreuung. Auch die Entscheidung, welche Titel gemacht werden, läuft demokratisch. Das liegt aber weniger an der Begeisterung für basisdemokratische Vorgänge als an dem Wunsch, dass sich alle aus dem Team mit dem Angebot des Verlags identifizieren können. Alle sollen mit gutem Gewissen hinter ihrer Arbeit stehen. Jedes Buch, das in Frage kommt, wird somit auch von allen gelesen.

„Wir hier draußen. Eine Familie zieht in den Wald“ erzählt die wahre Geschichte einer Familie, die in den skandinavischen Wald zieht und dort ohne Strom und fließendes Wasser lebt. In Zeiten der beständigen Suche nach alternativen Formen der Lebensführung haben die Verleger damit ins Schwarze getroffen. Mittlerweile verkauft der Verlag die Rechte international. Foto: Carolin Rauen
„Wir hier draußen. Eine Familie zieht in den Wald“ erzählt die wahre Geschichte einer Familie, die in den skandinavischen Wald zieht und dort ohne Strom und fließendes Wasser lebt. In Zeiten der beständigen Suche nach alternativen Formen der Lebensführung haben die Verleger damit ins Schwarze getroffen. Mittlerweile verkauft der Verlag die Rechte international. Foto: Carolin Rauen

„Wenn man fünf bis acht Veröffentlichungen pro Jahr macht, muss man die auch gut finden und erklären können, warum man sich für diese Titel entschieden hat“, sagt Daniel. Das Konzept erweist sich als erfolgreich. Am Mainstream und am Programm der großen Verlage vorbei verlegt der Mairisch Verlag seine Herzensprojekte. Junge Autoren und Autorinnen werden eng betreut und gefördert. In allen Projekten, die auch zusammen mit Autoren entwickelt werden, steckt Leidenschaft.

Vielfältiges Programm

So hat der Verlag ein vielfältiges Programm vorzuweisen. Die Schwerpunkte liegen auf Sachbüchern, Kinderbüchern, Belletristik und Illustrationen. Mit „Die Philosophie des Radfahrens“ veröffentlichten sie 2013 ihr erstes Sachbuch mitten hinein in den aufkommenden Fahrradhype. Bis heute ist es das mit Abstand bestverkaufte Buch des Verlags. Aus dem einen Sachbuch wurde eine Reihe, die mittlerweile als Taschenbuch an den Suhrkamp Verlag lizenziert ist.

Um die nötige Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit zu schaffen, initiiert der Indie-Verlag immer wieder neue Projekte. So auch den Indiebookday. An einem Tag im Jahr empfehlen sich Verleger, Buchhändler und die Leserschaft gegenseitig Bücher aus unabhängigen Verlagen, kaufen sie und posten davon Bilder in den sozialen Medien. Mit enormer Resonanz: Zehntausende haben in den letzten Jahren teilgenommen. Vom Mairisch Verlag konzipiert, wird der Tag mittlerweile weltweit gefeiert. Selbst bis nach Brasilien sei die Kampagne schon gedrungen, erzählt Daniel.

Auch an anderen großen Events der Literaturszene wirkt der Verlag mit. So ist Daniel Mitveranstalter und Moderator bei der Langen Nacht junger Literatur und Musik – der „Ham.lit“. Diverse andere Termine ließen sich nennen. Der Veranstaltungskalender des Verlags führt jährlich bis zu 200 Events.

Die Literaturszene

Trotz aller Erfolge hat es ein kleiner, unabhängiger Verlag in vielen Belangen schwer. Da machen sich selbst Entwicklungen wie die Erhöhung des Portos um 20 Prozent bemerkbar. Ein Verlag, der seine Bücher im Onlineshop selbst vertreibt, bekommt das natürlich zu spüren. Nicht alle Verlage halten durch und können sich in der Szene behaupten. Für den Blog des Mairisch Verlags hat Daniel in den letzten Jahren zehn neugegründete Verlage interviewt – von ihnen existieren nur noch drei. Wie können kleine Verlage, die so wichtig für die Diversität der deutschen Literaturszene sind, unterstützt werden? Immer wieder wird diskutiert, ob unabhängige Verlage vom Staat gefördert werden sollten (wie beispielsweise beim Theater üblich). Auch die Frage, ob das Verlegen ein künstlerisches Projekt ist, steht im Raum.

„Viele sehen nicht, dass die Verlage ganz viel leisten, dass es ohne Verlage keine Bücher in dieser Form gäbe“, sagt Peter. Verlage seien ein wichtiger Baustein des ganzen Konstrukts von Kultur und Literatur und der Verbreitung von Literatur. „Ohne die Verlage gäbe es die meisten Buchhandlungen nicht mehr“, so Peter weiter.

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