
Trauer um Peggy Parnass
Mit Hamburg verband sie die grausame Geschichte ihrer Kindheit, dennoch kehrte sie nach Kriegsende zurück – um zu erinnern und zu mahnen. Jetzt ist Peggy Parnass im Alter von 97 Jahren gestorben.
Von Ella SchinkelPeggy Parnass ist heute im Alter von 97 Jahren gestorben.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher würdigt sie als eine „außergewöhnliche Bürgerin unserer Stadt“. Sie habe wesentlich zur gesellschaftlichen Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit beigetragen.
Peggy Parnass: Ihre Eltern starben im Konzentrationslager
Peggy Parnass ist in der Methfesselstraße in Eimsbüttel aufgewachsen. Als Kind jüdischer Eltern erlebte sie früh die Grauen des NS-Regimes. „Jedem jüdischen Kind war klar, dass wir ermordet werden würden”, sagte sie 2020 in einem Gespräch mit den Eimsbütteler Nachrichten.
Ihren Eltern gelang es, Peggy und ihren Bruder 1939 mit einem Kindertransport nach Schweden zu schicken. Hertha und Simon Parnass, ihre Eltern, wurden 1942 in einem Konzentrationslager ermordet.
Peggy Parnass kehrte nach Hamburg zurück
Nach Kriegsende kam Peggy Parnass als Waisenkind nach London. Später kehrte sie nach Deutschland zurück und studierte in Hamburg. Gemeinsam mit den Autoren Peter Rühmkorf und Klaus Rainer Röhl, der später Ulrike Meinhof heiratete, zog sie in eine kleine Wohnung in Lokstedt.
Die Wohnung ihrer Familie fand Peggy Parnass bei ihrer Rückkehr nicht mehr vor; Nachbarn hatten das Eigentum der Familie geplündert. Nur ein paar Fotos und eine Küchenleiter blieben ihr – und die Wut und Trauer über die Ermordung ihrer Eltern durch die Nationalsozialisten.
Hamburg ehrte sie für ihre Leistungen und Verdienste
Als Gerichtsreporterin begleitete Parnass die NS-Prozesse. Ihre Texte bewegten die Menschen. Sie sprach Unangenehmes aus und zeigte schonungslos die gesellschaftlichen Missstände auf. Ihr Einsatz war vielseitig: Als Schauspielerin und Aktivistin verschrieb sich Peggy Parnass dem Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit.
Für ihre publizistischen und kulturellen Leistungen um Hamburg zeichnete der Hamburger Senat Peggy Parnass 1998 mit der Senator-Biermann-Ratjen-Medaille aus. 2020 überreichte ihr Peter Tschentscher die Ehrendenkmünze in Gold für ihre Verdienste um die schulische Aufklärungsarbeit über den Holocaust und die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Wie Eimsbüttel an ihre Eltern erinnert
Seit 2002 erinnern zwei Stolpersteine vor der Methfesselstraße 13 an Hertha und Simon Parnass. Verbunden sind die beiden goldenen Steine durch einen Dritten. „Die Liebenden“ ist darauf eingraviert – das war Peggy Parnass‘ persönlicher Wunsch.
Seit kurzem trägt außerdem der Platz an der Kreuzung Methfesselstraße/Lappenbergsallee den Namen „Parnass-Platz“. Ein Denkmal zu Ehren des Ehepaares Hertha und Simon Parnass soll folgen.
Peggy Parnass selbst lebte zuletzt in einer Senioreneinrichtung in St. Georg.
Unsere Autorin traf Peggy Parnass 2020 zum Gespräch. Daraus entstanden ist ein Artikel über eine Frau, der viel Leben genommen wurde und die trotzdem überlebt hat.
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