Uni Hamburg: 675.000 Euro für Projekte der Geisteswissenschaften
Die Universität Hamburg erhält im Zuge einer Ausschreibung der VolkswagenStiftung insgesamt 675.000 Euro an Fördergeldern. Dabei wurden zwei Projekte ausgezeichnet. Ziel der Ausschreibung war es, Möglichkeiten zu erarbeiten, wie neue Verfahren der digitalen Geisteswissenschaften mit den bisherigen Ansätzen kombiniert werden können.
Von Louisa GreweIm Rahmen der Ausschreibung „Interaktion qualitativ-hermeneutischer Verfahren und Digital Humanities: ‚Mixed Methods‘ in den Geisteswissenschaften?“ von der VolkswagenStiftung, wurden zwei Projekte der Universität Hamburg mit insgesamt 675.000 Euro ausgezeichnet. Ein Projekt plant die digitale Textanalyse weiterzuentwickeln, während sich das andere Projekt der Analyse moderner und postmoderner Lyrik widmet. Insgesamt gingen bei der VolkswagenStiftung im Rahmen dieser Ausschreibung 101 Anträge an. Neun von ihnen wurden bewilligt.
Historische Texte besser auswerten
Das auf drei Jahre angelegte Projekt „Hermeneutic and Computer based Analysis of Reliability, Consistency and Vagueness in historical texts” erhält von der VolkswagenStiftung 450.000 Euro und startet im April. In Kooperation mit der Universität Bukarest erarbeiten zwei Hamburger Teams aus den Geisteswissenschaften und der Informatik neue Methoden der digitalen Textanalyse. Bisher wurden Texte auf bestimmte Merkmale hin untersucht und an entsprechenden Stellen markiert, um daraufhin gezielt Fragestellungen zu beantworten. Jedoch könnten bisher nur jene Merkmale erfasst werden, die sicher zugeordnet werden können, zum Beispiel Jahreszahlen, so Dr. Cristina Vertan, Leiterin des Projekts. Allerdings enthalten besonders historische Texte vielfach Äußerungen, die nicht eindeutig sind, wie beispielsweise „Ende des 17. Jahrhunderts“, erklärt Vertan weiter.
Das Projekt werde eine Anwendung erarbeiten, die es ermöglicht in Zukunft auch solche Formulierungen auswerten zu können. Das Ziel: „Die Anwendung soll diese Formulierungen ebenfalls als Zeitangabe erkennen und mehrere Interpretationsmöglichkeiten präsentieren, auf deren Basis die wissenschaftliche Bewertung vollzogen werden kann“, so Vertan. Exemplarisch werde das Projekt zwei Werke von Dimitrie Cantemir aus dem 18. Jahrhundert analysieren.
Analyse moderner Lyrik
Das mit 225.000 Euro geförderte Projekt, „Rhythm detector. A digital tool to identify free verse prosody” wird von der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Berlin erarbeitet. Mit dem Ziel die besondere Rhythmik und Phrasierung moderner Gedichte besser zu verstehen, werden in dem Projekt Muster moderner und postmoderner Lyrik untersucht, die nicht mehr auf klassische Muster der Metrik zurückgreifen, sondern alltagssprachliche und musikalische Rhythmen aus Beat, Jazz oder HipHop verwenden. Damit können beispielsweise Übersetzungen optimiert werden.
Erstmals werden auch Hörgedichte untersucht, die von den Originalautoren wie Jandl oder Enzensberger eingelesen wurden. Nachdem die FU Berlin diese Hörgedichte auf ihre spezifischen lautlichen Muster untersucht, werden diese Klassifikationen an der Universität Hamburg unter der Leitung des Informatikers Dr. Timo Baumann automatisiert verarbeitet und mit Methoden des maschinellen Lernens systematisiert und erweitert. Eine Software sucht abschließend nach wiederkehrenden Mustern in Tempo und Betonung.