Helau, Eimsbütteler Pappnasen!
Unser Kolumnist Harald H. Haase hat den Karneval nach Eimsbüttel importiert und den wahrscheinlich ersten Rosenmontagsumzug der Geschichte durchs Viertel angeführt.
Von Harald H. HaaseKuckuck Eimsbüttel!
Carnaval in Rio? Ein Augenschmaus! Karneval in Köln? Eine riesige Party! Karneval in Eimsbüttel? Läuft nicht! Kommt nicht in die Bonbon-Tüte. Es gibt Dinge, die passen nicht zusammen. Wie Salz und Honig, Feuer und Wasser, oder eben Eimsbüttel und programmierter Frohsinn hinter der Makeupmaske.
Der Karneval im Quartier hat keine Tradition. Und das ist Tradition. Mögliche Gründe: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. In Köln malen sie ihre Kinder schon kurz nach der Entbindung bunt an, setzen ihnen eine Pappnase auf und schleppen sie zum „Zoch“, wie sie die ganzen bunten Wagen mit den Pappfiguren nennen. Diese frühkindliche Prägung bleibt hängen. Dann wird der Nachwuchs mit eingängigem Wummtata-Rhythmus penetriert und beginnt ganz automatisch im Takt zu zucken. Und: In Köln wäre man als Heranwachsender sozial isoliert, verschlösse man sich dem karnevalistischen Treiben seiner Umwelt. All das gibt es an der Hamburger Waterkant nicht.
Rosenmontagsumzug durch Eimsbüttel
Helau, Eimsbüttel!
Gestern – am Rosenmontag – zog eine siebenköpfige Gruppe verkleidet als Sträfling, Kuh oder Einhorn durch die Straßen Eimsbüttels und tanzte zu eingängigen Schunkelrhythmen. Abgesandte der Eimsbütteler Nachrichten. Obwohl die Menschen im Stadtteil mit Karneval nichts am Hut haben, demonstrieren sie auch in diesem Fall ihre große Toleranz und Gelassenheit, die eigentlich ja den Rheinländern nachgesagt wird. Die Eimsbütteler nahmen es schweigend zur Kenntnis und kaum Notiz davon. Es gab kein abfälliges Wort. Selten zustimmendes Grinsen. Die Männer auf dem Müllwagen und die Tänzer in der Gymnastikhalle winkten freudig zurück. Niemand schaute so, als wäre gerade ein Ufo gelandet. Hätte bloß gefehlt, dass jemand den durchaus passenden kölschen Spruch: „Jeder Jeck ist anders“, platziert hätte.
Auch in den Gaststätten Behr und Olita´s Eck war die Frohsinns-Truppe herzlich willkommen und wurde respektvoll aufgenommen. Kostenlose Jukeboxnutzung und Freigetränk inklusive. Fein, fein. Die Bilanz: Die Truppe hatte richtig Spaß an dieser „team building“-Maßnahme. Doch hätte sie dies wahrscheinlich auch ohne Verkleidung an einem anderen Tag als dem Rosenmontag gehabt. Auch ohne kölschen Dialekt aus der Lautsprecherbox. Die großen Gewinner, die den – kein Witz – närrischen Oscar bekommen, sind die Eimsbütteler für ihre Toleranz, Gelassenheit und ihren Gleichmut.
Dreimal Eimsbüttel, Helau! Ich hab jetzt frei.
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